Umstritten und noch nicht höchstrichterlich geklärt ist die Frage, wie in den Fällen vorgegangen wird, bei denen der Geschädigte die Rechnung des Unternehmers noch nicht ausgeglichen hat und mithin lediglich eine Freistellung von der erhobenen Verbindlichkeit verlangen kann.

Eine Ansicht in der Rechtsprechung[22] löst diese Fälle wie eingangs dargestellt, indem eine vollständige Zahlung auf die Klage des Geschädigten erfolgen soll. Dies führt aber zu einem wenig befriedigenden Ergebnis: Denn bei genauer Betrachtung kann der Geschädigte nur eine Zahlung an den Abschleppunternehmer verlangen, um von dessen Zahlungsbegehren freigestellt zu werden. Diesem würde sich dann ein zweiter Prozess anschließen, bei dem die Schädigerseite den Abschleppunternehmer in Regress nimmt, der doch gerade erst die Zahlung erhalten hat.

Es dürfte sich mithin anbieten, diese Streitfrage in einem einzigen Prozess zu klären. Hier werden derzeit in der Rechtsprechung zwei Lösungen bevorzugt. Nach einer Auffassung bedeutet die Freistellung, dass der Geschädigte lediglich eine Zahlung der Kosten verlangen kann, die als Vergütung vereinbart worden sind und daher eine Verbindlichkeit zu seinen Lasten begründen. Fehlt – wie hier und im Übrigen bei einem unerwarteten Unfall auch üblich – eine konkrete Vergütungsabrede im Zusammenhang mit der Beauftragung, ist gem. § 632 BGB auch bei einer Klage des Geschädigten lediglich die übliche Vergütung als Freistellung an den Werkunternehmer zu leisten.[23] Nach anderer Ansicht wird die Freistellungsverpflichtung des Haftpflichtversicherers des Unfallgegners so verstanden, dass dieser die berechtigte Forderung an den Unternehmer – sei es ein Sachverständiger oder Abschleppunternehmer – zahlt und zugleich erklärt, auf eigene Kosten und Risiko den weitergehenden Zahlungsanspruch des Sachverständigen gegenüber dem Geschädigten abzuwehren.[24] Diese Vorgehensweise hat jedenfalls den Charme, dass der Geschädigte umfassend geschützt wird, aber der Unternehmer keine ungerechtfertigte Zahlung erhält, die oberhalb der zu ersetzenden Vergütung liegt.

[22] Beispielhaft: AG Stade, Urt. v. 12.10.2012 – 61 C 946/11 = Verkehrsrecht aktuell 2012, 78; AG Aschaffenburg, Urt. v. 28.6.2013 – 116 C 861/12 = DV 2013, 122.
[23] Vgl. zu den SV-Fällen LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 29.2.2012 – 8 S 2791/11 – juris und LG Frankfurt am Main, Hinweisbeschl. v. 12.7.2011 – 2 15 S 90/11 = VRR 2011, 348; bei den Abschleppkosten vgl. AG Ratingen, Urt. v. 29.11.2013 – 9 C 292/13 – juris; AG Neuss, Urt. v. 12.9.2012 – 85 C 3163/12 – juris.
[24] OLG Hamm, Urt. v. 13.4.1999 – 27 U 278/98 = NZV 1999, 377.

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