BGB § 306 Abs. 2 § 307 Abs. 1 S. 1
Leitsatz
Zur Beurteilung einer Klausel in einem gewerblichen Kraftfahrzeugmietvertrag, die bei grds. vereinbarter Haftungsbegrenzung nach Art der Vollkaskoversicherung sowohl (unwirksame) Regelungen zur Herbeiführung des Versicherungsfalls als auch (für sich genommen wirksame) Regelungen über die versicherungsähnlich erfassten Schadenereignisse enthält.
BGH, Urt. v. 14.1.2015 – XII ZR 176/13
Sachverhalt
Der Bekl. mietete von der gewerblich tätigen Kl. einen Fahrzeuganhänger zum Preis von 38 EUR brutto für vier Stunden, um auf diesem einen ausgebrannten Pkw zu überführen. Auf einer Brücke geriet der Anhänger in eine Pendelbewegung, so dass das Gespann verunfallte und der Anhänger einen wirtschaftlichen Totalschaden erlitt. Der Hergang des Schadensereignisses ist zwischen den Parteien streitig. Die Parteien hatten in dem Mietvertrag eine Haftungsbegrenzung zugunsten des Bekl. mit einer Selbstbeteiligung von 350 EUR vereinbart, wobei ein besonderes Entgelt im Vertrag nicht vereinbart war. Der Formularvertrag enthielt dazu folgende Bestimmungen:
"Der Mieter haftet auch bei Vereinbarung der Haftungsreduzierung in voller Höhe für:"
– Schäden, die unter Einfluss von Rauschmitteln (Drogen, Alkohol etc.) oder vorsätzlich bzw. grob fahrlässig,
– Schäden, die durch unsachgemäßes Verstauen, ungesicherte Ladung, unsachgemäßen Verschluss des Koffers oder der Plane bzw. der Bordwände,
– Schäden am Fahrzeug einschließlich Aufbauten (Plane, Koffer, Spiegel etc.), durch Nichtbeachtung der Durchfahrtshöhe oder Einfahrtshöhe
verursacht werden.“
Das AG hat unter Abweisung der Klage im Übrigen die vereinbarten Selbstbeteiligungskosten zuzüglich Mahnkosten zugesprochen. Auf die Berufung hat das LG der Klage in Höhe des an dem Anhänger entstandenen Schadens mit Ausnahme des darin enthaltenen Umsatzsteuerbetrages, den die vorsteuerabzugsberechtigte Kl. verlangt hatte, stattgegeben. Das LG hat den Ausschluss der Haftungsbegrenzung für Schäden, die durch unsachgemäße Beladung oder durch grob fahrlässiges Verhalten entstehen, für unwirksam gehalten, so dass an deren Stelle die gesetzliche Regelung des § 81 Abs. 2 VV sowie im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung die Regelung der Ziffer A.2.3.2 AKB über den nicht versicherten Betriebsschaden trete. Da das Schadensereignis durch eine falsche Beladung des Anhängers herbeigeführt worden sei, sei ein nicht versichertes Ereignis die Ursache des Schadensereignisses gewesen.
Der BGH billigte im Ergebnis die Entscheidung des LG mit der vom LG zugelassenen Revision.
2 Aus den Gründen:
[11] "… 1. Unzutreffend geht das LG allerdings davon aus, dass die in den Vertragsbedingungen enthaltene Regelung, soweit sie hier von Bedeutung ist, unwirksam sei."
[12] a) Nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine Klausel ist unangemessen i.S.v. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB, wenn der Verwender die Vertragsgestaltung einseitig für sich in Anspruch nimmt und eigene Interessen missbräuchlich auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein die Interessen seines Partners hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (Senatsurt. v. 24.10.2012 – XII ZR 40/11, NZM 2013, 165 Rn 14 m.w.N.). Im Zweifel ist eine unangemessene Benachteiligung anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen werden soll, nicht zu vereinbaren ist (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB).
[13] b) Der vorliegende Mietvertrag enthält in Bezug auf die Haftungsbegrenzung keine von gesetzlichen Regelungen abweichenden Bestimmungen, die den Mieter unangemessen benachteiligen.
[14] Denn gem. § 280 Abs. 1 BGB schuldet der Mieter dem Vermieter den Ersatz von Schäden, die durch die Verletzung einer Pflicht aus dem Schuldverhältnis entstehen, es sei denn, der Schuldner hat die Pflichtverletzung nicht zu vertreten. Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache, die durch den vertragsgemäßen Gebrauch herbeigeführt werden, hat der Mieter nicht zu vertreten (§ 538 BGB).
[15] Die in das Vertragsformular aufgenommene Haftungsbegrenzung stellt gegenüber der gesetzlichen Regelung keine Schlechterstellung, sondern eine Besserstellung des Mieters dar. Denn er haftet danach nur bis zu einem Höchstbetrag von 350 EUR mit Ausnahme bestimmter Sonderfälle, für die die Haftungsbegrenzung nicht gilt. Für die von den Ausnahmen erfassten Fälle bleibt es bei der gesetzlichen Verschuldenshaftung des Mieters. Darin liegt keine Abweichung zu seinen Lasten von der gesetzlichen Regelung.
[16] c) Etwas anderes folgt auch nicht aus der Rspr. des BGH – auch des Senats –, wonach in Fällen, in denen die Parteien eines gewerblichen Kraftfahrzeugmietvertrags gegen zusätzliches Entgelt eine Haftungsbegrenzung für den Mieter nach Art der Vollkaskoversicherung mit Selbstbeteiligung vereinbaren, dieser gleichsam als Quasi-VN darauf vertraue...