" … Die Klage ist zulässig und begründet."

I. Die Klage ist hinsichtlich des Antrags zu 1) zulässig. Insbesondere ist die Kl. prozessführungsbefugt. Das gilt auch insoweit, als sie die Verurteilung der Bekl. begehrt, einen Betrag von 5.448,31 EUR an den Kaskoversicherer der Kl., die V-AG, zu zahlen. Die Kl. kann hier ein fremdes Recht im eigenen Namen und auf eigene Rechnung verfolgen. Zwar liegt kein Fall der gesetzlichen Prozessstandschaft nach § 265 Abs. 2 S. 1 ZPO vor. Denn dies würde eine Abtretung nach Rechtshängigkeit voraussetzen. Der Kaskoversicherer zahlte vorliegend jedoch bereits im November 2013 an die Kl., was zum Forderungsübergang nach § 86 VVG führte. Zu diesem Zeitpunkt war die Klage noch nicht rechtshängig. Die Kl. kann jedoch im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft vorgehen. Voraussetzung sind eine wirksame Ermächtigung nach Art des § 185 BGB, ein eigenes schutzwürdiges Interesse sowohl des Prozessstandschafters als auch des Rechtsinhabers sowie das Fehlen schutzwürdiger Belange des Bekl. … . Die Schadensersatzansprüche sind im Zuge der Regulierung gem. § 86 VVG auf den Kaskoversicherer übergegangen. Dieser hat die Kl. zur klageweisen Geltendmachung seiner Ansprüche jedenfalls konkludent ermächtigt. Denn die AKB des Kaskoversicherers sehen unter Ziffer I.4.1.2c vor, dass der Vollkaskovertrag des Versicherten auch bei Erstattung der zur Regulierung bezahlten Beträge von dritter Seite schadensfrei gestellt und damit eine Rückstufung vermieden wird. Durch diese Regelung zeigt sich der Kaskoversicherer damit einverstanden, dass der Versicherte die nach § 86 VVG auf den VR übergegangenen Schadensersatzforderungen klageweise geltend macht und somit für die Erstattung durch den Dritten an den VR sorgen kann. Die Kl. hat ein eigenes schutzwürdiges Interesse, die Rückstufung durch Zahlung von dritter Seite zu vermeiden. Und sie kann dieses Ziel durch die klageweise Geltendmachung der Schadensersatzansprüche zugunsten des VR maßgeblich beeinflussen (OLG Celle BeckRS 2006, 106096). Der Kaskoversicherer wiederum hat ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Prozessführung durch die Kl., die ihm die Durchführung eines Klageverfahrens erspart. Entgegenstehende Belange der Bekl. sind nicht ersichtlich. Insbesondere besteht durch die Prozessstandschaft vorliegend kein höheres Kostenrisiko.

I.H.v. 5.448,31 EUR hat die Kl. ihren Antrag zulässigerweise auf Zahlung an den neuen Rechtsinhaber, die V-AG, umgestellt. Dies folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 264 Nr. 3 ZPO (MüKo/Becker-Eberhard, ZPO, 4. Aufl. 2013, § 265 Rn 87). Die Umstellung trägt den geänderten materiellen Verhältnissen Rechnung. Ohne sie wäre die Klage wegen fehlender Aktivlegitimation unbegründet, wenn der Anspruch gem. § 86 VVG auf den Kaskoversicherung übergegangen ist.

Die subjektive passive Klagehäufung ist gem. § 260 analog zulässig. Die Bekl. sind einfache Streitgenossen gem. §§ 59, 60 ZPO.

Der Antrag zu 1) ist auch begründet. Die Kl. hat gegen die Bekl. als Gesamtschuldner gem. §§ 7 Abs. 1, 17 StVG, § 115 VVG einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz i.H.v. 424,59 EUR an sie und i.H.v. 5.448,31 EUR an die V-AG. Die Kl. ist i.H.v. 424,59 EUR als Eigentümerin des beschädigten Fahrzeugs Anspruchsinhaberin, im Übrigen ist die V-AG aufgrund der Regulierung der Versicherungsansprüche gem. § 86 VVG Anspruchsinhaberin geworden.

Das Fahrzeug der Kl. ist unstreitig beim Betrieb eines Kfz durch den Bekl. zu 1) beschädigt worden. Die Kl. sowie der Bekl. zu 1) sind Fahrzeughalter. Es ist weder vorgetragen noch aus den Umständen ersichtlich, dass der Unfall für einen der beiden Beteiligten auf höhere Gewalt i.S.d. § 7 Abs. 2 StVG zurückzuführen gewesen wäre.

Die grds. bestehende Haftung der Kl. nach §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 2 StVG ist vorliegend ausgeschlossen. Der Kl. ist der ihr obliegende Nachweis gelungen, dass der Unfall für sie als Fahrerin unabwendbar i.S.d. § 17 Abs. 3 StVG war. Ein unabwendbares Ereignis liegt vor, wenn der Unfall auch durch den gedanklichen Idealfahrer bei äußerst möglicher Sorgfalt nicht hätte vermieden werden können (BGH NZV 2005, 305). Es steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Bekl. zu 1) vor dem Zusammenstoß bereits vollständig in die Sackgasse eingefahren und nicht etwa noch dabei war, in diese einzubiegen. Als er seinen Irrtum erkannte, setzte er zügig zurück und stieß dabei mit der Kl. zusammen, als diese die Kreuzung fast vollständig passiert hatte. Die Kl. hätte den Unfall auch bei Idealfahrweise nicht vermeiden können. Für sie war nicht zu erkennen, dass der Bekl. zu 1) zurücksetzen würde, und ein Zusammenstoß unvermeidbar.

Das Gericht folgt insoweit den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen R. (wird ausgeführt)“

Mitgeteilt von RA Robert Kersting, FA für Verkehrsrecht und FA für Versicherungsrecht, Solingen

zfs 7/2015, S. 397 - 398

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