I. Verfahrensfragen
Das OLG Jena entschied zu § 47 OWiG, dass die Einstellung des Verfahrens in jeder Lage des Verfahrens und damit auch in der Rechtsbeschwerdeinstanz möglich sei; eine Zulassung der Rechtsbeschwerde sei nicht erforderlich. Gleiches soll nach dem OLG Düsseldorf auch für die Feststellung, dass die Verfahrensdauer unangemessen war (§ 46 OWiG i.V.m. § 199 Abs. 3 S. 1 GVG), gelten.
Das KG Berlin entschied zur Frage der Schuldform im Bußgeldbescheid, dass – sofern aus dem Bußgeldbescheid fahrlässiges Handeln hinreichend deutlich wird und die Erhöhung des Regelbußgeldes ausschließlich auf eine Vorbelastung des Betroffenen zurückzuführen ist – es unschädlich ist, dass die Schuldform im Bescheid nicht ausdrücklich benannt ist. Das KG Berlin entschied des Weiteren, dass die Wirksamkeit eines Bußgeldbescheides nicht beeinträchtigt wird, wenn es trotz einer Fehlbezeichnung für den Betroffenen unzweifelhaft ist, welcher Sachverhalt ihm zur Last gelegt wird.
Mit Zwangsmaßnahmen beschäftigten sich gleich zwei Gerichte und betonten die nach wie vor geltende restriktive Anwendung im Verkehrsordnungswidrigkeitenrecht.
II. Verjährung
Eine erst nach Zustellung zur Akte gereichte Vollmacht ist nicht ausreichend, eine vorherige unwirksame Zustellung wirksam erscheinen zu lassen oder nachträglich zu heilen. Diese Erkenntnis liegt voll auf der Linie des OLG Köln, das die Einhaltung der Vorgaben des § 51 Abs. 3 OWiG strikt fordert und der Umgehung mittels einer angeblichen rechtsgeschäftlichen Zustellungsvollmacht eine klare Absage erteilt. Mit Vorsicht sollte deshalb die Entscheidung des KG Berlin gelesen werden, die eben diese Variante wieder aufgreift.
Bestellt sich der Verteidiger für die Betroffene bei der Ausgangsbehörde und reicht eine Vollmacht zur Akte, die nur auf ihn ausgestellt war, ist die Zustellung von Anhörungsbogen und Bußgeldbescheid an die Sozietät unzulässig. In die gleiche Richtung ging eine Entscheidung des AG Diez: Es ist nicht von der Wirksamkeit der Zustellung eines Bußgeldbescheides an den Verteidiger und der daraus folgenden Unterbrechung der Verfolgungsverjährung für eine Verkehrsordnungswidrigkeit auszugehen, wenn der Rechtsanwalt lediglich eine sog. "Blankovollmacht" vorgelegt hat, die einer Zustellungsvollmacht i.S.d. § 145a StPO, § 51 Abs. 3 OWiG nicht gleichzusetzen ist.
Das OLG Hamm konstatierte, dass die Verfügung über eine vorläufige Einstellung jedenfalls dann nach § 33 Abs. 1 Nr. 5 OWiG nicht zur Unterbrechung der Verjährung geeignet ist, wenn sie nicht unterzeichnet ist und auch sonst ihren Aussteller nicht erkennen lässt. Kennen muss man diesbezüglich auch die Rechtsprechung, die bei fehlender Unterzeichnung auch ein Handzeichen für ausreichend erachtet, bzw. die selbst das Fehlen eines Handzeichens unschädlich sein lässt, wenn sich der behördliche Wille auf andere Weise mit Gewissheit feststellen lässt.
Das OLG Köln warnte davor, bei übersehener Verjährung auf den Erfolg des Zulassungsantrags zu bauen: die Rechtsbeschwerde kann nur ausnahmsweise zugelassen werden, Sinn der Regelung ist nicht die Herstellung der rechtlich richtigen Entscheidung im Einzelfall.
III. Akteneinsicht
Das AG Stuttgart entschied, dass sich das Akteneinsichtsrecht des Betroffenen auf alle Bild-, Video- und Tonaufnahmen, die für den Betroffenen als belastend oder entlastend von Bedeutung sein können, erstreckt und dem Verteidiger die Messbildreihe in Kopie auf einem Datenträger zu übersenden ist. Das AG Fritzlar bestätigte diese Rechtsansicht.
Das AG Bergisch Gladbach wies zu Recht darauf hin, dass, wenn die Bußgeldbehörde eine "Lebensakte" des betreffenden Messgerätes nicht führt und deshalb nicht die beantragte Akteneinsicht gewähren kann, der Betroffene hilfsweise den Antrag auf Auskunft darüber stellen kann, ob denn seit der letzten Eichung Wartungs- und/oder Reparaturarbeiten an dem Gerät erfolgt sind. Die Verwaltungsbehörde hat dementsprechend einen zuständigen Mitarbeiter als Zeugen zu benennen.