Steuerrechtliche Konsequenzen sind Kalkulationsgröße dafür, ob und inwieweit Schadensersatz zu leisten ist. Das Steuerrecht macht dazu aber keine materiell-rechtlichen Vorgaben, es ist nur Annexrecht.
Entscheidend ist, wofür bei Personenschäden Ersatz geleistet wird und wie dieser Ersatz steuerrechtlich zu behandeln ist. In diesem Zusammenhang sind alle steuerrechtlichen Konsequenzen zu berücksichtigen – z.B. auch der Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG und die Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 1 EStG. Ohne Belang sind demgegenüber Umstände, für die eben kein Ersatz zu leisten ist – etwa Effekte aus anderen Einkunftsarten oder Vorteile aus einer Zusammenveranlagung.
Steuerrechtliche Konsequenzen können sich auch daraus ergeben, wie Schadensersatz geleistet wird – etwa in einem oder in mehreren Beträgen. Der in diesem Zusammenhang bedeutsame § 34 Abs. 1 EStG ist in der Handhabung fehlerträchtig. Will man über diese Norm eine Abmilderung der Progression erreichen, kommt es ganz wesentlich auf eine Zusammenballung von Einkünften in einem Veranlagungszeitraum an. Hier mag es nach der Rechtsprechung des BFH Gestaltungsspielräume geben. Allerdings sind diese Gestaltungsspielräume begrenzt: Der ergänzende Zusatz zur Hauptleistung darf nur gering sein oder es muss konkret um selbstständig zu beurteilende Entschädigungen gehen. Misslingt eine Gestaltung, können die betragsmäßigen Konsequenzen erheblich sein, wie die Berechnungsbeispiele zur "Steuerschraube" gezeigt haben.
Trifft man über die Höhe des Erwerbsschadens eine Verständigung, bietet sich aus Gründen der Vorsicht Folgendes an:
Angesichts der möglichen Unterschiede bei der einkommensteuerrechtlichen Beurteilung einzelner Schadenspositionen sollten diese in einer Vereinbarung oder einem Vergleich jeweils konkret beziffert werden. Das vereinfacht die Aufklärung des Sachverhalts – soweit erforderlich – ganz erheblich. Die Unfallbeteiligten und der Versicherer des Schädigers sind dem Sachverhalt am nächsten.
Stehen einzelne Schadenspositionen noch nicht fest, können also beispielsweise die steuerlichen Konsequenzen für die Zukunft nicht hinreichend sicher abgeschätzt werden, erscheint ein entsprechender Vorbehalt als selbstverständlich.
Sinnvoll ist es auch, über die Kosten eines zur Schadensabwicklung etwa hinzugezogenen Steuerfachkundigen eine Regelung zu treffen. Die Einschaltung eines Steuerfachkundigen liegt auf den ersten Blick im Interesse beider Parteien, letztlich aber allein im Interesse des Schädigers und des hinter diesem stehenden Versicherers: Je geringer die steuerliche Belastung des Geschädigten ist, umso weniger braucht Ersatz geleistet zu werden.
Autor: Axel Dabitz, Vorsitzender Richter am Finanzgericht, Düsseldorf
zfs 7/2016, S. 364 - 375