Die Entscheidung macht die wenig befriedigende Behandlung der Konstellation deutlich, dass ein Anwalt möglicherweise nicht nachdrücklich genug auf einen rechtlichen und auch entscheidungserheblichen Gesichtspunkt hinweist und das angerufene Gericht deshalb zu einer Fehlentscheidung kommt. In einer Passage des Urteils macht der BGH voller Empathie Irrtumsmöglichkeiten des Richters deutlich und verständlich, denen der Anwalt entgegenwirken müsse, ohne dem Anwalt vergleichbares Verständnis entgegenzubringen. Bei der Prüfung der Ursächlichkeit der etwaigen Pflichtverletzung des Anwalts weicht die Rspr. nach wie vor ohne Not von der gesetzlichen Vorgabe des § 249 Abs. 1 BGB ab und stellt nicht darauf ab, ob der Vorprozess bei ausreichendem Vortrag des Anwalts von dem Ausgangsgericht richtig entschieden worden wäre. Mit nicht überzeugender Begründung wird das Bestehen eines gestörten Gesamtschuldnerausgleichs verneint und einseitig dem anders als das Gericht gem. § 839 Abs. 2 BGB nicht haftungsprivilegierten Anwalt die Haftung für Fehler des Gerichts auferlegt, wobei der Verantwortung des Gerichts für zutreffende Entscheidungen durch Zuweisung von Prüfungs- und Hinweispflichten im Prozessrecht nicht ausreichend Rechnung getragen wird.
1) Der Entscheidung liegt eine verfahrene Verfahrenssituation im Rechtsstreit zugrunde. Der eine Partei vertretende Anwalt geht mit Recht davon aus, dass sich das Gericht – wie die Erörterungen im Termin zeigen – "auf dem Holzweg" befindet (vgl. zu dieser Konstellation LG Darmstadt NJW 2006, 515). Das Verfahren läuft aus dem Ruder, das Ziel des Anwalts, eine seinem Mandanten günstige und darüber hinaus auch richtige Entscheidung zu erreichen, wird aufgrund eines gerichtlichen Fehlers verfehlt.
Welchen Pflichtenumfang der Anwalt bei Vorliegen dieser Konstellation hat, bestimmt sich zum einen nach § 675 BGB, zum anderen nach § 1 Abs. 3 BORA. Mit dem ihn beauftragenden Mandanten ist der Rechtsanwalt in einem Geschäftsbesorgungsvertrag mit dienstvertraglichem Charakter verbunden (vgl. Staudinger/Musielak, BGB, 2006, § 675 Rn B 165; Mäsch, JuS 2016, 457). Zum Pflichtenkreis des Anwalts gehörte danach nicht nur der vollständige Vortrag der dem Mandanten bei der Beurteilung des Klagebegehrens günstigen Tatsachen, sondern auch der deutliche Hinweis auf die von dem Gericht möglicherweise nicht beachteten rechtlichen Folgerungen hieraus. Da den Anwalt die Pflicht traf, den Mandanten vor Fehlentscheidungen der Gerichte zu bewahren (§ 1 Abs. 3 BORA; vgl. auch BGH NJW 2008, 1309, 1310), musste er auch durch geeignete Rechtsausführungen im "Kampf um das Recht" die Position seines Mandanten durchzusetzen versuchen (vgl. BGH NJW 1988, 3013; BGH NJW-RR 2003, 850; BGH NJW 2010, 73, 75; G. Fischer, in: G. Fischer u.a., Handbuch der Anwaltshaftung, 4. Aufl., § 5 Rn 54; Fahrendorf, in: Rinsche/Fahrendorf/Terbille, Die Haftung des Rechtsanwalts, 7. Aufl., Rn 795). Der BGH tritt mit Recht der Verneinung der Pflicht des Anwalts zu "kämpferischen" Rechtsausführungen zur Unterstützung der Position des Mandanten entgegen, die aus der verfehlten wörtlichen Übernahme des Satzes "iura novit curia" abgeleitet werden könnten (Rn 8 der Entscheidung). Dieser Ansatzpunkt, der aus der Aufgabe des Anwalts abgeleitet wird, das "Rechtsdickicht" zu lichten (BGH ebd.), ist nicht zweifelhaft.
2) Problematisch sind allerdings die Ausführungen des BGH zum "Substantiierungsgrad" der Rechtsausführungen des Anwalts zur Durchsetzung seiner dem Mandanten günstigen Weichenstellung im Rechtsstreit. Im Vorprozess hatte der beklagte Anwalt in der Klageschrift und nach Abweisung der Klage in der ersten Instanz in der mündlichen Verhandlung auf den vertragswidrig fehlenden Abschluss einer Allgefahrenversicherung hingewiesen. Dagegen fehlte ein Hinweis hierauf in der Berufungsbegründung und den folgenden Schriftsätzen. Der BGH ging von einem Verfehlen der "gebotenen Deutlichkeit" des Hinweises vor dem Hintergrund einer fehlenden Erwähnung der Eindeckungspflicht in dem erstinstanzlichen Urteil aus (Rn 9 der Entscheidung). Grundlage dieser Verpflichtung ist die die Schwierigkeiten des Richterberufs umschreibende Feststellung des auch hier zu beobachtenden unvollkommenen Erkenntnisvermögens und der Möglichkeit von Irrtümern. Dem sei seitens des Anwalts nach Kräften entgegenzuwirken (Rn 7 der Entscheidung; vgl. auch BGH NJW 2009, 987). Diese nach Mitteilung von Borgmann sprachlich gehobene Umschreibung von Murphys Gesetz des Scheiterns, deren Zitat trotz der daraus abgeleiteten Haftungsgefahr von Anwälten bei diesen in Vortragsveranstaltungen zur Anwaltshaftung für Heiterkeit sorge (Borgmann, NJW 2016, 959), musste nach der Prozessgeschichte den Anwalt zum "Nachfassen" veranlassen (vgl. Mäsch, JuS 2016, 457, 458).
Ob das Vorbringen des beklagten Anwalts in dem Vorprozess prozessual korrekt war, ist deshalb nicht entscheidungserheblich, weil damit – wie die Prozessgeschichte zeigt – der Fehler des Gerichts gerade nicht verhindert wurde. Die Pflic...