1. Das verkehrsbehindernde Parken vor Grundstücksausfahrten oder Baustellenzufahrten sowie im Schienenbereich – auf schmalen Fahrbahnen auch ihnen gegenüber – kann zu Vermögensschäden durch den notwendigen Einsatz von Ersatzfahrzeugen zur Wahrnehmung von Terminen führen, wobei neben der darin liegenden Verletzung des Eigentums auch § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO als verletztes Schutzgesetz in Betracht kommt (vgl. Dörner, DAR 1979, 11; OLG Nürnberg NJW 1974, 1145; OLG Karlsruhe NJW 1977, 1926; König, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl., § 12 StVO Rn 29 und 37; Grüneberg, NJW 1992, 945, 946).
2. Das verbotene Abstellen eines Kfz im Halte- oder Parkverbot kann vorwiegend bei Streifkollisionen mit abbiegenden Fahrzeugen – aber auch bei Sichtbehinderung auf die bevorrechtigte Straße, in die eingebogen werden soll, oder bei Verdeckung von Verkehrsschildern, die etwa Wartepflichten anordnen und deren Nichtbeachtung unfallursächlich ist – haftungsbegründend sein. Dabei sind folgende Fallgruppen zu unterscheiden:
(1) Steht das abgestellte Fahrzeug verbotswidrig im Halte- und Parkverbot, geht von ihm keine Behinderung aus und ist es bei Tageslicht gut sichtbar, scheidet eine Mithaftung des Halters des verbotswidrig abgestellten Fahrzeugs aus (vgl. BGH VersR 1969, 713; OLG Hamm zfs 1997, 325; Heß, in: Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 23. Aufl., § 12 StVO Rn 98).
(2) Verdeckte das verbotswidrig abgestellte Fahrzeug ein Vorfahrtszeichen, dessen Gebot der Fahrer des abbiegenden Fahrzeugs unfallträchtig deshalb nicht beachtete, kommt eine Mithaftung des Halters des verbotswidrig abgestellten Fahrzeugs in Betracht (vgl. OLG Köln VersR 1990, 100).
(3) Recht unterschiedliche, sich an dem Ausmaß der Behinderung orientierende Haftungsquoten, werden für den Fall der Behinderung des Abstellenden im Kreuzungs- und Einmündungsbereich angenommen (vgl. LG Mainz zfs 1995, 168: ein Drittel; ebenso OLG Hamm NZV 1999, 291). Neben der Unaufmerksamkeit des Abbiegenden, der dabei das abgestellte Fahrzeug streift, wird berücksichtigt, dass der Abstellende durch sein verbotenes Parken oder Halten die erste Ursache für den Unfall gesetzt hat und ihm ein vorsätzlicher Verkehrsverstoß zur Last zu legen ist. Gerade das Parkverbot des § 12 Abs. 3 Nr. 1 StVO, wonach das Parken vor oder hinter Kreuzungen und Einmündungen bis je 5 Meter von den Schnittpunkten der Fahrbahnkanten verboten ist, weist dem verbotswidrig Parkenden einen Anteil an deshalb eingetretenen Unfällen zu. Abweichend von der oben wiedergegebenen Haftungsquote von 1/3, der den Regelfall darstellen dürfte, können sich aufgrund der Besonderheiten des Sachverhalts auch Haftungsquoten von einem Viertel (OLG Frankfurt VersR 1974, 440; LG Gießen zfs 1989, 254), von 50 % (vgl. OLG Celle NJW-RR 1986, 1476) und von 60 % (LG Hamburg VersR 1975, 745) ergeben. Hilfreich für die Bestimmung der Haftungsquote ist die Aufstellung von Grüneberg, Haftungsquoten bei Verkehrsunfällen, 14. Aufl., Rn 288 ff.).
3. Unfallträchtig ist auch die in § 12 Abs. 3 Nr. 3 angesprochene Konstellation, dass auf schmalen Fahrbahnen das Parken und Halten gegenüber Einmündungen verboten ist. Das Parken und Halten kann je nach Geschick und Geduld des hiervon Betroffenen zu einem Zuparken führen. Bei der Ausfahrt gelingt es ihm oft auch wegen des Verkehrs auf der schmalen Fahrbahn nicht, in den Verkehr zu gelangen. Im Gesetz ist der Begriff der schmalen Straße nicht definiert. Entsprechend dem Zweck des § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO, durch Anordnung eines Parkverbots gegenüber der Zufahrt dem Betroffenen die Einordnung in den Verkehr zu ermöglichen, ist eine Straße dann schmal, wenn einem auch wenig geübten Kraftfahrer das Ein- oder Ausfahren aus seinem Grundstück nur aufgrund mehrmaligen Rangierens möglich ist; zumutbar ist ihm nur ein einmaliges Rangieren (vgl. OVG Koblenz DAR 1999, 421; OLG Saarbrücken NZV 1994, 328). Abgestellt wird auf einen wenig geübten Kraftfahrer (vgl. auch KG VRS 48, 464; OLG Frankfurt VRS 58, 368).
RiOLG a.D. Heinz Diehl
zfs 7/2016, S. 377 - 379