Kaufrecht
Fehlende Herstellergarantie als Mangel eines Gebrauchtwagens (BGH, Urt. v. 15.6.2016 – VIII ZR 134/15)
Der u.a. für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des BGH hat entschieden, dass das Fehlen einer beworbenen Herstellergarantie einen Mangel eines verkauften Gebrauchtwagens darstellen und den Käufer zum Rücktritt berechtigen kann. Seit der im Jahr 2001 erfolgten Modernisierung des Schuldrechts gelte ein wesentlich weiterer Beschaffenheitsbegriff, so dass auch das Bestehen einer Herstellergarantie für ein Kfz ein Beschaffenheitsmerkmal der Kaufsache nach allen Tatbestandsvarianten des § 434 Abs. 1 BGB darstelle. Als Beschaffenheitsmerkmale einer Kaufsache seien nicht nur die Faktoren anzusehen, die ihr selbst unmittelbar anhaften, sondern vielmehr auch all jene Beziehungen der Sache zur Umwelt, die nach der Verkehrsauffassung Einfluss auf die Wertschätzung der Sache haben. Das Bestehen einer Herstellergarantie für ein Kfz erfülle diese Voraussetzungen. Ihr komme beim Autokauf regelmäßig sogar ein erhebliches wirtschaftliches Gewicht zu. Bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 434 Abs. 1 BGB könne die fehlende Garantie einen Mangel des verkauften Gebrauchtwagens begründen und den Kläger zum Rücktritt berechtigen. Im entschiedenen Fall hatte der Kläger von einem Kfz-Händler einen Gebrauchtwagen gekauft, den dieser zuvor im Internet mit einer noch mehr als ein Jahr laufenden Herstellergarantie beworben hatte. Der Hersteller verweigerte Garantieleistungen, weil im Rahmen einer Motoranalyse Anzeichen für eine Manipulation des Kilometerstandes – vor Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger – festgestellt wurden. Der Kläger trat unter Verweis auf die fehlende Herstellergarantie vom Kaufvertrag zurück und verlangte die Rückzahlung des Kaufpreises sowie den Ersatz ihm entstandener Aufwendungen. Der Senat hat das Berufungsurteil aufgehoben und zurückverwiesen.
Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 105/2016 v. 15.6.2016
Verkehrsverwaltungsrecht
10. Verordnung zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften
Am 1.6.2016 ist die 10. Verordnung zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften v. 12.5.2016 in Kraft getreten (BGBl I S. 1255). Mit der Verordnung sollen die rechtlichen Grundlagen dafür geschaffen werden, dass unter bestimmten Voraussetzungen – ohne Herabsetzung des Sicherheitsniveaus – eine gesteigerte Verantwortung des privaten Eisenbahnsektors ermöglicht wird. Dieser kann die Auswirkungen der Umrüstung oder Erneuerung mittels Risikomanagementverfahren bewerten und somit die Einhaltung der Sicherheit abweichend zum aktuellen technischen Regelwerk bestätigen. Ferner werden die Kriterien für die Abgrenzung zwischen genehmigungsbedürftigen und -freien Umrüstungsvorhaben dahingehend angepasst, dass in Zukunft ein größerer Teil der Erneuerungen und Umrüstungen im Verantwortungsbereich des Betreibers oder Halters durchgeführt werden kann.
Quelle: BR-Drucks 104/16
Kommunalrecht
Bürgerbegehren zum Ausstieg aus dem Projekt "Stuttgart 21" ist unzulässig (BVerwG, Urt. v. 14.6.2016 – 10 C 7/15)
Das BVerwG hat entschieden, dass das Bürgerbegehren, mit dem ein Bürgerentscheid über den Ausstieg der Landeshauptstadt Stuttgart aus ihren vertraglichen Finanzierungsverpflichtungen für "Stuttgart 21" erreicht werden sollte, unzulässig ist. Mit dem Bürgerbegehren zur Durchführung eines Bürgerentscheids "Ausstieg der Stadt aus dem Projekt Stuttgart 21" sollte erreicht werden, dass die Stadt sich gegenüber ihren Projektpartnern auf die Verfassungswidrigkeit der Mitfinanzierung beruft und weitere Zahlungen zum Projekt unterlässt. Nach dem Urteil des BVerwG sei die Mitfinanzierung des von Tochterunternehmen der DB AG getragenen Projekts "Stuttgart 21" durch die Stadt Stuttgart nicht an dem Gebot der Konnexität von öffentlichen Aufgaben und Ausgaben aus Art. 104a Abs. 1 GG zu messen. Der Bau von Schienenwegen und damit zusammenhängend von Bahnhöfen sei seit der Privatisierung der Eisenbahnen des Bundes nicht mehr Verwaltungsaufgabe des Bundes, sondern obliege nach Art. 87e Abs. 3 GG den privatisierten Eisenbahninfrastrukturunternehmen ausdrücklich als Wirtschaftsunternehmen. Der Bund nehme die ihm nach Art. 87e Abs. 4 GG verbleibende Gewährleistungsverantwortung für den Schienenbau durch Maßnahmen der Finanzierung, der Steuerung und Beaufsichtigung dieser Unternehmen wahr. Die Beteiligung des Landes und der beklagten Stadt an der Finanzierung des Projekts stelle deshalb keine unzulässige Mitfinanzierung fremder öffentlicher Aufgaben nach Art. 104a Abs. 1 GG dar. Damit entfalle ein auf diese Verfassungsnorm gestützter Nichtigkeitsgrund für den Finanzierungsvertrag zu "Stuttgart 21".
Quelle: Pressemitteilung des BVerwG Nr. 52/2016 v. 14.6.2016
Autor: Karsten Funke
Karsten Funke, Richter am Landgericht München I
zfs 7/2016, S. 362