Rehabilitationsdienste für schwer geschädigte Unfallopfer blicken auf eine rund 20-jährige Geschichte zurück. Bedauerlicherweise sind sie für zu viele mit der Personenschadenregulierung befasste Rechtsanwälte noch unbekannt oder die Möglichkeiten werden nicht vollständig ausgeschöpft. Natürlich ist die vorderste Aufgabe des Rechtsanwalts die Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs, und eine Regulierung der Ansprüche ist häufig existenziell für den Geschädigten.
Das Rehabilitationsmanagement ist jedoch ein ganz wichtiger Baustein und kann neben dem Schadensausgleich "die gesundheitliche Situation von Unfallopfern optimieren und zur sozialen und beruflichen Reintegration beitragen" (Empfehlung des AK I des 46. VGT 2008).
Wie läuft ein Rehabilitationsmanagement ab?
Am Anfang steht die Vereinbarung eines Rehabilitationsziels mit dem Geschädigten und dessen anwaltlichem Vertreter auf der einen und dem Haftpflichtversicherer auf der anderen Seite: Soll der private Reha-Dienst medizinische Hilfe anbieten oder soll er bei der beruflichen Wiedereingliederung, Umorientierung, Fortbildung oder Bewerbung helfen? Oder wird im pflegerischen Bereich oder der Haushaltsführung Unterstützung benötigt?
Bereits die Vereinbarung des Rehabilitationsziels zeigt, dass es sich bei dem Reha-Management um ein konsensuales Verfahren handelt, das für den Geschädigten immer freiwillig ist und das er jederzeit beenden kann, ohne dass dies Nachteile für ihn hat.
Wie hilft ein Reha-Management?
Indem der Schwerverletzte in Spezialkliniken behandelt werden kann, deren Türen sonst für ihn verschlossen sind. Indem medizinische Behandlungen und Therapien durchgeführt werden, die der behandelnde Arzt wegen Kostendruck nicht verschreiben kann oder auf die der Patient sonst monatelang warten müsste. Oder: Ein durch die Unfallfolgen dauerhaft beeinträchtigter Geschädigter ist auf dem Arbeitsmarkt nur schwer vermittelbar. Die Bemühungen der Arbeitsagentur sinken, je schwerer die Verletzung ist, und sie möchte ihn lieber auf die Rente verweisen. Aber auch: Der bisherige Arbeitgeber möchte den durch den Unfall Behinderten ungern weiterbeschäftigten. Die Motivation, dem Unfallopfer zu helfen, ist bei den Drittbeteiligten häufig gering. Die Unterstützung bei Gesprächen mit Sozialversicherungsträgern oder dem Arbeitgeber durch einen Reha-Berater, der die persönliche Situation des Geschädigten kennt, stellt eine nicht zu unterschätzende Hilfe dar. Empfiehlt der Reha-Berater einen Hilfeansatz, eröffnet dies z.B. die Möglichkeit, dem Arbeitgeber einen vom Haftpflichtversicherer zu zahlenden Zuschuss zur Wiedereingliederung anzubieten. Die Chancen auf Weiterbeschäftigung steigen dadurch enorm. Rät der Reha-Berater dagegen eine Umschulung an, kann sie mit vollständiger oder teilweiser Zahlung durch den Versicherer des Schädigers erfolgen.
Der Reha-Dienst ist Verbindungsglied zwischen Schädiger und Geschädigtem, personell und organisatorisch aber vom Versicherer getrennt. Er arbeitet weisungsfrei und neutral. Um das sicherzustellen, hat die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht einen Code of Conduct des Reha-Managements aufgestellt und weiterentwickelt (www.verkehrsanwaelte.de/rehabilitationsdienste). Die anerkannten Reha-Dienste, die sich gemäß dem Code of Conduct verhalten, sind ebenfalls auf der Homepage zu finden.
Wichtig ist: Die Kosten des Reha-Managements hat der Versicherer zu tragen und zwar auch dann, wenn er nur quotal haftet.
Ein Rehabilitationsmanagement sollte so früh wie möglich eingeleitet werden. Der VGT 2008 hat an die anwaltliche Vertretung appelliert, dies frühzeitig und aus eigener Initiative zu tun. Schließlich ist es der Anwalt, der den Kontakt zu dem Geschädigten hat und als erster absehen kann, wenn die von Dritten geleistete medizinische, pflegerische oder berufliche Hilfe möglicherweise nicht ausreichend ist.
Es mag noch kein eine eigene Haftung begründender Fehler der anwaltlichen Beratung sein, wenn aus Unkenntnis oder Misstrauen – weil vom Versicherer vorgeschlagen – ein Reha-Management unterbleibt. Dem Geschädigten, der dieses Instrument nicht kennen kann, nicht die Möglichkeit eröffnet zu haben, davon zu profitieren, ist gleichwohl unverzeihlich.
Autor: Christian Funk
RA Christian Funk, FA für Verkehrsrecht, für Versicherungsrecht und für Strafrecht, Saarbrücken
zfs 7/2017, S. 361