Rechtsanwälte haben eine Schlüsselrolle auf dem Weg in die Mediation: Sie werden diesen Weg mit ihren Mandanten nur dann gehen, wenn sie die Frage, ob Mediation eine Alternative zu den klassischen Verfahrensweisen ist, verantwortungsvoll mit "Ja" beantworten können. Deshalb wurden über die bislang zusammenfassend wiedergegebene Evaluation mit Fragebögen hinaus noch vertiefende Telefoninterviews mit den beteiligten Rechtsanwälten geführt.
1. Setting
Insgesamt hatten in den 30 Mediationsfällen 29 Anwälte verhandelt; eine Rechtsanwältin war gleich bei zwei Verfahren dabei. Davon haben sich 18 zu einem Interview bereit erklärt. Effektiv durchgeführt werden konnten 17 Interviews. Drei weitere Rechtsanwälte, die keine Herausgabe ihrer Kontaktdaten gewünscht hatten, hatten sich in der schriftlichen Befragung ausgesprochen positiv geäußert. Somit liegen schriftliche und vertiefte mündliche Einschätzungen von einer Mehrheit der beteiligten Rechtsanwälte vor. Die Interviewten stammen aus neun verschiedenen Bundesländern, fünf waren Frauen, zwölf Männer.
2. Einschätzungen, Bewertungen und Meinungen
Die Mediationserfahrung wird von den interviewten Rechtsanwälten einhellig als positiv bis sehr positiv reflektiert. Insbesondere berichten sie, dass es weder bei ihnen selbst, noch bei ihren Mandanten "Abschlussreue" gegeben habe. Es habe keine Abwicklungsprobleme gegeben und auch keine Störungen im Mandatsverhältnis. Gut war danach vor allem:
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Die Beschleunigung oder Erledigung von äusserst langwierigen, schleppenden Verfahren (z.B.: Bereits 5–6 Gerichtsverfahren durchgeführt, Fälle aus den 90er Jahren, 10-jährige Verfahrensdauer, x-Anwälte involviert). |
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Die Möglichkeit, auch psychologischen, persönlichen Aspekten (Schmerz, Schuld) aus Sicht der Mandanten ausreichend Raum und Zeit zu geben. |
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Die Fach- und Gesprächsführungskompetenz der Mediatoren, die dadurch auch bei verhärteten, sturen Positionen die Sache voranbringen können. |
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Die abschliessende Entscheidungskompetenz der Versicherungsvertreter. |
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"Dass auch die Sachbearbeiter vor Ort waren, ihnen der ganze Groll aus dem bisherigen Verfahren dargelegt werden konnte und von diesen mit einer Entschuldigung bereinigt wurde". |
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Die Durchführung der Mediation an einem neutralen Ort. |
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Dass sich alle Beteiligten ins Gesicht schauen, man sich nicht mehr hinter Papier verstecken kann. |
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Dass die Mandanten nicht nur ausreichend Zeit hatten, um darzulegen, was ihnen wichtig sei, sondern auch, um sich zurückzuziehen, z.B. um zu weinen. |
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Kostenvermeidung bei nicht rechtsschutzversicherten Mandanten. |
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Die Komediation durch erfahrene Richter und Rechtsanwälte. |
Dass der Mediationsvorschlag seitens der Versicherung gemacht worden war, war für die Rechtsanwälte kein Problem; sie meinten:
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Damit zeigt die Versicherung, dass sie an einer Lösung interessiert sei. Es bleibe immer der Gerichtsweg, man vergibt sich mit der Mediation nichts. Es ist Aufgabe des Anwaltes, die Interessen und Position der Versicherung einzuschätzen und einzuordnen. |
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Auch die Geschädigten und ihre Interessenvertreter sollten aber künftig die Initiative zur Mediation ergreifen können. |
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Die Rechtsschutzversicherungen sollten die Bezahlung der Mediationsverfahren in ihren Leistungskatalog aufnehmen. |
Wörtlich können folgende Äußerungen von Rechtsanwälten berichtet werden:
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"Trotz einiger Bedenken, ist die Mediation zu begrüssen, denn dadurch können viele unnötige und belastende Arbeitsschritte im Schadenregulierungsprozess vermieden werden." (anonym) |
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"Mediation war etwas Neues für mich, man sollte sich nicht vor Neuem verstecken." (anonym) |
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"In der Mediation kann sich der Mandant angenommen fühlen." (anonym) |
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"Ich sehe die Mediation als Chance." (Gerd Müssig, Fall 1404) |
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"Mit der Mediation wird dem Gegenüber ein Gesicht gegeben." (Daniel Imbach, Fall 1405) |
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"Ich habe die Mediation von Reintra als sehr professionelles, unabhängiges Angebot erlebt." (Jan Schürmann, Fall 1507) |
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"Die Mediation war eine grosse Chance für alle." (Thomas Gfrörer, Fall 1520) |
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"Ich würde jederzeit wieder eine Mediation machen." (Marianne Becker, Fall 1527) |