BGB § 249 Abs. 2 S. 1 § 315 Abs. 3; ZPO § 287
Leitsatz
1. Es ist im Hinblick auf das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB unbedenklich, wenn die für den Geschädigten handelnde Fachbehörde den Auftrag zur Reinigung ölverunreinigter Verkehrsflächen auf der Grundlage einer Ausschreibung erteilt. In diesem Fall ist für die Bestimmung des zur Herstellung erforderlichen Geldbetrages i.S.v. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB im konkreten Schadensfall maßgeblich, ob die Fachbehörde im Zeitpunkt der Zuschlagserteilung in ihrer damaligen speziellen Situation, d.h. angesichts ihrer damaligen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie unter Berücksichtigung etwaiger ge rade für sie bestehender Schwierigkeiten, die ausgeschriebenen Maßnahmen zur Schadensbehebung für wirtschaftlich und den Angebotspreis des jeweiligen Bieters für angemessen halten durfte.
2. Die Entscheidung der Fachbehörde, welche Leistungen sie im Zusammenhang mit der Beseitigung von Ölverunreinigungen auf Verkehrsflächen ausschreibt, ist angesichts ihres erheblichen Entscheidungsspielraums hinsichtlich der zu treffenden Maßnahmen nur beschränkt überprüfbar. Bei der Vergabe eines Auftrags auf der Grundlage einer Ausschreibung ist die Bandbreite künftiger Schadensfälle und deren zuverlässige, rasche und vollständige Beseitigung in den Blick zu nehmen.
3. Bezugspunkt für die Beurteilung der Erforderlichkeit i.S.v. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB im Zeitpunkt der Zuschlagserteilung ist der jeweilige Angebotsendpreis für das Gesamtpaket der ausgeschriebenen Leistungen. Damit wird der speziellen Situation des Auftraggebers und seinen Einflussmöglichkeiten im Vergabeverfahren Rechnung getragen.
BGH, Urt. v. 20.12.2016 – VI ZR 612/15
Sachverhalt
Die Kl. macht die Verurteilung der Bekl. zur Erstattung der restlichen Kosten für die Beseitigung von Dieselöl auf der Bundesstraße 81 geltend.
Der Bekl. zu 1) führte die Verunreinigung dadurch herbei, dass er am Steuer eines bei der Bekl. zu 2) haftpflichtversicherten Lkw während eines Überholvorgangs mit dem Lkw nach links von der Fahrbahn abkam und im Straßengraben liegen blieb. Dabei trat Öl aus und ein Teil des geladenen Rapses ging verloren. Unstreitig sind die Bekl. in vollem Umfang einstandspflichtig. Der für die Kl. handelnde Landesbetrieb führte eine beschränkte Ausschreibung nach der VOL/A durch und erteilte der Firma F den Zuschlag für die Reinigung der ölverunreinigten Verkehrsfläche. Da im Zuschlagsverfahren die Angebotsendsumme der Firma F unter der zweier weiterer Bieter gelegen hatte, war das Angebot der Firma B nach Ansicht des Landesbetriebes das wirtschaftlichste, so dass ihr der Zuschlag zu erteilen war. Nach Durchführung der vergebenen Arbeiten erstellte die Firma B ihre Schlussrechnung. Unter Übernahme der im Vergabeverfahren angegebenen Einheitspreise für die gewählte Fallvariante der Arbeiten, forderte die Firma B 68.758,34 EUR, die der Landesbetrieb bezahlte. Diesen Betrag forderte die Kl. von den Bekl., die 3.512,83 EUR anerkannten. Über diesen Betrag erging ein Teilanerkenntnisurteil und die Bekl. wurden zur Zahlung eines weiteren Betrags von 133,50 EUR unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt. Das LG stützte die Abweisung der Klage auf eine von ihm vorgenommene Verletzung des Wirtschaftlichkeitsgebots bei der Vergabe der Reinigungsarbeiten. Auf die Berufung der Kl. änderte das BG die Entscheidung des LG ab und verurteilte die Bekl. zur Zahlung des rechnerisch noch offen stehenden geforderten Restbetrages. Es verneinte einen Verstoß des für die Kl. handelnden Landesbetriebes gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot bei der Prüfung des Angebots der Firma B im Zuschlagsverfahren, da auf den Angebotsendpreis abzustellen sei.
Die Revision der Bekl. hatte keinen Erfolg.
2 Aus den Gründen:
[5] "… II. Das angegriffene Urteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand."
[6] 1. Der Kl. steht wegen der Verunreinigung der Bundesstraße dem Grunde nach – unabhängig von der Möglichkeit eines öffentlich-rechtlichen Kostenersatzes – ein Schadensersatzanspruch gegen den Bekl. zu 1) aus § 7 Abs. 1 StVG, § 249 Abs. 2 S. 1 BGB, gegen die Bekl. zu 2) i.V.m. § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG, zu (vgl. Senatsurt. v. 9.12.2014 – VI ZR 138/14, VersR 2015, 503 Rn 6 ff.; v. 15.10.2013 – VI ZR 528/12, VersR 2013, 1590 Rn 13 ff., jeweils m.w.N.).
[7] 2. Die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruchs ist in erster Linie Sache des dabei nach § 287 ZPO besonders freigestellten Tatrichters und revisionsrechtlich lediglich daraufhin überprüfbar, ob der Tatrichter Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Acht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat (st. Rspr., vgl. etwa Senatsurt. v. 15.9.2015 – VI ZR 475/14, VersR 2015, 1522 Rn 7). Einer solchen Überprüfung hält das Urteil stand; insb. wurden die vom Senat zur Bestimmung der Erforderlichkeit i.S.v. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB entwickelten Rechtsgrundsätze beachtet.
[8] a) Ist wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Geschädigte gem. § ...