"… I. Das BG hat – soweit für die Revision von Bedeutung – ausgeführt, der Kl. habe für die Dauer von drei Tagen nach der erstmals am 1.12.2008 durchgeführten sog. Belastungserprobung keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen aus dem Versicherungsvertrag. Er sei insoweit seiner beruflichen Tätigkeit als Psychotherapeut nachgegangen und habe Patienten behandelt. Die Ausübung dieser entgeltlichen Tätigkeit genüge, um die seit dem 11.11.2008 bestehende bedingungsgemäße Arbeitsunfähigkeit zu unterbrechen. Hierfür sei nicht erforderlich, dass auch der Versicherungsfall geendet habe."
Die Unterbrechung der Arbeitsunfähigkeit habe ihrerseits zur Folge, dass die vertraglich vereinbarte Karenzzeit nach der neuerlich zum 2.12.2008 attestierten Arbeitsunfähigkeit wieder zu laufen begonnen habe. Mit Nr. 8 Abs. 3 TB bestehe für Fälle wiederholter Arbeitsunfähigkeit aufgrund derselben Erkrankung eine spezielle Regelung, aus der im Umkehrschluss folge, bei Verträgen – wie dem des Kl. – mit Tarifen unter 21 Karenztagen finde keine Anrechnung der Karenzzeiten statt. (…)
II. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
1. Zutreffend ist das BG allerdings davon ausgegangen, dass das Vorliegen eines Versicherungsfalls Grundlage für die Zahlung des Krankentagegeldes gem. § 1 Abs. 1 S. 2 MB/KT 2008 ist, wobei sich Dauer und Umfang der Leistungspflicht nach Nr. 3 Abs. 1 und Nr. 8 Abs. 1 TB i.V.m. Tarif TH 3 richten, sowie ferner davon, dass eine Leistungspflicht der Bekl. während der “Belastungserprobungen‘ des Kl. nur bei Vorliegen bedingungsgemäßer Arbeitsunfähigkeit besteht.
2. Keinen Bedenken begegnet ferner die weitere Annahme des BG, dass es sich bei diesen “Belastungserprobungen‘ um eine Ausübung beruflicher Tätigkeit gehandelt hat, die jeweils zu einer Unterbrechung der Arbeitsunfähigkeit des Kl. i.S.d. § 1 Abs. 3 MB/TK 2008 i.V.m. Nr. 3 Abs. 1 TB geführt hat.
a) AVB sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher VN sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines VN ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an. In erster Linie ist vom Wortlaut der jeweiligen Klausel auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den VN erkennbar sind. (…)
Ein solcher VN kann dem Wortlaut der Regelung in § 1 Abs. 3 MB/KT 2008 entnehmen, dass es für die Frage seiner Arbeitsunfähigkeit allein darauf ankommt, ob er zur Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit auch nur teilweise in der Lage ist oder diese jedenfalls in Teilbereichen ausübt. Dafür genügt es, wenn die versicherte Person an ihrem Arbeitsplatz in zeitlich begrenztem Umfang inhaltlich derselben Tätigkeit nachgeht, die sie dort bereits vor ihrer Erkrankung ausgeübt hat (Senat VersR 2015, 570 Rn 13 ff.). Die Annahme einer tatsächlichen Berufsausübung ist dabei auch dann gerechtfertigt, wenn der Versicherte nur geringfügig beruflich tätig geworden ist; von der Regelung des § 1 Abs. 3 MB/KT 2008 wird jede berufliche Tätigkeit erfasst (Senat VersR 2009, 1063 Rn 18).
b) Ob hiervon eine Ausnahme zu machen ist, wenn ein bloßer Arbeitsversuch vorliegt, der sich in einer Erprobung der Belastbarkeit des Versicherten erschöpft (vgl. dazu Senat VersR 1985, 54 unter II. 3), bedarf im Streitfall keiner Entscheidung.
Hierzu hat das BG festgestellt, dass der Kl. an den im ärztlichen Attest vom 20.6.2011 genannten Tagen seiner Tätigkeit als Psychotherapeut nachgegangen ist und diese Tätigkeit gegenüber seinen Patienten auch abrechnete. Dabei handelte es sich nach dem Inhalt des Attestes um 18 einzelne Tage, zwei Zeiträume von je zwei Tagen und jeweils einen Zeitraum von acht bzw. neun Tagen.
Auf dieser Grundlage ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das BG im Streitfall im Rahmen der ihm obliegenden tatrichterlichen Beurteilung eine Ausübung beruflicher Tätigkeit bejaht hat. Dem steht es nicht entgegen, dass die “Belastungserprobungen‘ im Rahmen einer therapeutischen Behandlung erfolgt sein sollen, und es ist auch unerheblich, ob der Kl. tatsächlich an diesen Tagen arbeitsunfähig erkrankt war, weil das Tatbestandsmerkmal “sie auch nicht ausübt‘ in § 1 Abs. 3 MB/KT 2008 an die tatsächliche Ausübung der Berufstätigkeit in Teilbereichen trotz insgesamt weiter vorliegender Arbeitsunfähigkeit anknüpft und eine solche Tätigkeit mit dem Verlust des Tagegeldanspruchs sanktioniert (vgl. Senat, VersR 2013, 615, Rn 15).
3. Zu Unrecht ist das BG dagegen der Auffassung, dass die Unterbrechung der bedingungsgemäßen Arbeitsunfähigkeit des Kl. die Leistungspflicht der Bekl. nicht nur für die fraglichen Tage der Belastungserprobungen ausschließt, sondern darüber hinaus auch jeweils den neuerlichen Ansatz von Karenzzeiten nach Wiedereintritt bedingungsgemäßer Arbeitsunfähigkeit zu rechtfertigen verm...