AHB 2008 Ziff. 7.7.1; BB Private Haftpflichtversicherung Ziff. 1.2.1.
Leitsatz
Startet ein gefälligkeitshalber eine technische Überprüfung eines Kfz vornehmender Dritter den Motor von außen, und setzt sich das Kfz daraufhin in Bewegung und wird beschädigt, so besteht Deckung in der privaten Haftpflichtversicherung des Dritten.
OLG Saarbrücken, Urt. v. 8.2.2012 – 5 U 370/11
Sachverhalt
Der Kl., der wegen der Beschädigung eines Fahrzeugs von dem Eigentümer auf Schadensersatz in Anspruch genommen wird, begehrt von der Bekl. Versicherungsschutz aus einem Privathaftpflichtversicherungsvertrag.
Der Kl., pensionierter Kfz-Meister, hat behauptet, er habe auf Bitten des Eigentümers des beschädigten Fahrzeugs gefälligkeitshalber den hohen Spritverbrauch dessen Fahrzeugs überprüfen wollen. Zu diesem Zweck sei das Fahrzeug in die Doppelgarage der Lebensgefährtin des Kl. verbracht worden, in welcher dieser – allerdings ohne Werkstatteinrichtung – an seinen eigenen Fahrzeugen und hin und wieder auch unentgeltlich an Fahrzeugen Verwandter und enger Bekannter Reparaturarbeiten durchführe. Da das exakte Einsteilen der Einspritzanlage des Motors ohne Messgerät nur bei laufendem Motor möglich sei, habe der Kl. die Motorhaube geöffnet, den Motor von außen durch das Seitenfenster gestartet und mit dem im Motorraum befindlichen Regler mehrere Gasstöße gegeben. Als er bei laufendem Motor neben dem Fahrzeug gestanden habe, habe dieses sich aus unerfindlichen Gründen plötzlich in Bewegung gesetzt und sei durch die Kollision mit einem vor dem Fahrzeug abgestellten Motorblock erheblich beschädigt worden.
2 Aus den Gründen:
“ … 1. Das LG hat zu Recht angenommen, dass der nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme festgestellte Sachverhalt nicht den Ausschlussklauseln in Ziff. 7.7.1 AHB 2008 und Ziff. 1.2.1 der Besonderen Bedingungen unterfällt, weil die Bekl. nicht den ihr obliegenden Nachweis erbracht hat, dass der Schaden durch eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit des Kl. entstanden ist. Dies greift die Berufung der Bekl. nicht an.
2. Das LG hat zu Recht auch die so genannte Benzinklausel in Ziff. 6.1. der Besonderen Bedingungen nicht für einschlägig erachtet. Nach ihr ist nicht versichert die Haftpflicht des VN als Eigentümer, Besitzer, Halter oder Führer eines Kfz wegen Schäden, die durch den Gebrauch des Fahrzeuges verursacht werden. Das LG hat die Ansicht vertreten, die Klausel nehme nur dasjenige vom Versicherungsschutz in der Privathaftpflichtversicherung aus, was als typisches Kraftfahrzeuggebrauchsrisiko in der Kfz-Haftpflichtversicherung versicherbar ist. Der Ausschluss greife deshalb nur dann ein, wenn nicht nur der entstandene Schaden dem Kraftfahrzeugrisiko sachlich näher stehe als dem in der Privathaftpflichtversicherung versicherten Risiko, sondern auch der VN dem in der Kfz-Haftpflichtversicherung versicherbaren Personenkreis angehöre. Hieran fehle es, weil der Kl. entgegen der Ansicht der Bekl. nicht als Fahrzeugführer angesehen werden könne und dem Begriff des Besitzers neben der Personengruppe der Eigentümer, Halter und Führer keine eigenständige Bedeutung zukomme. Das ist richtig.
a) AVB sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher VN sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss; dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines VN ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit – auch – auf seine Interessen an (BGH VersR 1993, 957). Wie alle Ausschlussklauseln ist Ziff. 6.1 der Besonderen Bedingungen grds. eng und nicht weiter auszulegen, als es ihr Sinn unter Beachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise erfordert. Der VN braucht nicht damit zu rechnen, dass er Lücken im Versicherungsschutz hat, ohne dass ihm diese hinreichend verdeutlicht werden (vgl. BGH VersR 2003, 1389).
Die Private Haftpflichtversicherung verspricht umfassenden Versicherungsschutz: Versichertes Risiko ist die “gesetzliche Haftpflicht als Privatperson aus den Gefahren des täglichen Lebens’, vgl. Ziff. 1.1 der Besonderen Bedingungen. Hiervon ist nach dem Wortlaut der Klausel in Ziff. 6.1 der Besonderen Bedingungen – nicht versichert ist die Haftpflicht des Eigentümers, Besitzers, Halters oder Führers eines Kfz wegen “Schäden, die durch den Gebrauch des Fahrzeuges verursacht werden’ – das typische Risiko des Gebrauchs eines Kfz ausgeschlossen. Der Ausschluss setzt deshalb nach st. Rspr. des BGH voraus, dass sich eine Gefahr verwirklicht hat, die gerade dem Fahrzeuggebrauch eigen, diesem selbst und unmittelbar zuzurechnen ist (vgl. zuletzt BGH SP 2008, 338; VersR 2007, 388).
Dies verdeutlicht dem verständigen VN, dass – lediglich – dasjenige aus dem weiten Anwendungsbereich der Privaten Haftpflichtversicherung ausgenommen wird, was typischerweise dem Versicherungsschutz der Kfz-Haftpflichtversicherung unterfällt, nämlich die Haftpflicht der dort versicherbaren Personen für durch den Gebrauch eines Kfz verursachte Schäden. Die Ausschlussklausel dient mithin der Abgrenzung ...