[6] “ … Das BG hat die Widerklage zu Recht für unzulässig gehalten, weil die Kl. die beanstandeten Äußerungen in einem rechtsstaatlich geregelten Verfahren zur Rechtsverteidigung bzw. gegenüber den Strafverfolgungsbehörden gemacht hat.
[7] 1. Nach der gefestigten Rspr. des erkennenden Senats besteht für Ehrschutzklagen gegen Äußerungen, die der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung in einem Gerichtsverfahren oder dessen Vorbereitung dienen, in aller Regel kein Rechtsschutzbedürfnis (Senat VersR 2008, 357 Rn 12 m.w.N.; vgl. auch BVerfG NJW-RR 2007, 840 f. m.w.N. … ). Das sogenannte Ausgangsverfahren soll nicht durch eine Beschneidung der Äußerungsfreiheit der daran Beteiligten beeinträchtigt werden. … Vielmehr müssen die Parteien in einem Gerichtsverfahren grds. alles vortragen dürfen, was sie zur Wahrung ihrer Rechte für erforderlich halten, auch wenn hierdurch die Ehre eines anderen berührt wird. Ob das Vorbringen wahr und erheblich ist, soll allein in dem seiner eigenen Ordnung unterliegenden Ausgangsverfahren geprüft werden. Der von der ehrkränkenden Äußerung Betroffene kann weder Unterlassungs- noch Widerrufsansprüche geltend machen (vgl. Senat NJW 1986, 2502, 2503 m.w.N.; VersR 2005, 277 … ). Dies trägt dem Recht der Parteien auf wirkungsvollen gerichtlichen Rechtsschutz aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip sowie dem Recht auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG Rechnung (vgl. BVerfG NJW 1991, 29; NJW-RR 2007, 840, 841; BVerfG, Beschl. v. 15.12.2008 – 1 BvR 1404/04, juris Rn 17, jeweils m.w.N.). Die Rechte des Betroffenen werden hinreichend dadurch gewahrt, dass ihm bereits im Ausgangsverfahren prozessual wie materiell-rechtlich ausreichende Rechtsgarantien zum Schutz seiner Interessen bereitstehen; er kann schon in diesem Verfahren die Behauptung des Prozessgegners zur Nachprüfung durch das Gericht stellen. …
[8] Diese Grundsätze gelten entsprechend für Äußerungen gegenüber Strafverfolgungsbehörden (Senat NJW 1962, 243, 245; NJW 1986, 2502, 2503; vgl. auch BVerfGE 74, 257, 258, 262 f.; BVerfG, NJW 1991, 29, 30 … ). Wer der Staatsanwaltschaft oder der Polizei seinen Verdacht mitteilt, dass ein anderer eine strafbare Handlung begangen habe, berührt zwangsläufig die Ehre des anderen. Das kann ihm nicht verwehrt werden; denn mit der Erstattung der Anzeige übt er ein jedem Staatsbürger zustehendes Recht aus. Die Strafanzeige eines Bürgers liegt darüber hinaus grds. im allgemeinen Interesse an der Erhaltung des Rechtsfriedens und an der Aufklärung von Straftaten; der Rechtsstaat kann darauf bei der Strafverfolgung nicht verzichten … Aus diesen Gründen muss der Anzeigende im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren grds. das vorbringen dürfen, was er nach seinem Ermessen zur Aufklärung der Sache für erforderlich hält. Den berechtigten Belangen des in seiner Ehre Betroffenen ist durch die Bestimmung des § 164 StGB (falsche Verdächtigung), die Kostenregelung in § 469 StPO für den Fall einer vorsätzlich oder leichtfertig erstatteten unwahren Anzeige sowie die rechtsstaatliche Ausgestaltung des Ermittlungsverfahrens hinreichend Rechnung getragen. Für zivilrechtliche Abwehransprüche ist dagegen in aller Regel kein Raum. …
[9] 2. Zutreffend hat das BG diese Grundsätze auf Klagen auf Zahlung einer Geldentschädigung übertragen, die auf ehrkränkende Äußerungen in einem anderen Gerichtsverfahren bzw. gegenüber den Strafverfolgungsbehörden gestützt werden. Auch für solche Klagen besteht in aller Regel kein Rechtsschutzbedürfnis, wenn die Äußerungen der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung dienten oder in Wahrnehmung staatsbürgerlicher Rechte oder Pflichten gemacht wurden (vgl. Senat MDR 1964, 136; NJW 1986, 2502; Staudinger/Hager, BGB, 13. Bearbeitung 1999, § 823 Rn C 138; MüKo-BGB/Rixecker, 6. Aufl., Anh. § 12 Rn 191 f.; Helle, GRUR 1982, 207, 215 f.). Dies gilt auch dann, wenn das andere Verfahren bereits abgeschlossen ist. Denn mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) und dem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) ist es nicht vereinbar, wenn redliche Äußerungen in einem Zivilprozess oder die redliche Wahrnehmung staatsbürgerlicher Rechte und Pflichten im Straf(ermittlungs)verfahren aus Gründen des Ehrenschutzes zu rechtlichen Nachteilen führen, weil die Behauptung sich später im Prozess oder nach behördlicher Prüfung als unrichtig oder unaufklärbar erweist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.12.2008 – 1 BvR 1404/04, juris Rn 17 m.w.N.). Ein wirkungsvoller gerichtlicher Rechtsschutz in bürgerlich-rechtlichen Streitigkeiten setzt voraus, dass der Rechtsuchende, ohne Rechtsnachteile befürchten zu müssen, gegenüber den Organen der Rechtspflege alle Handlungen vornehmen kann, die nach seiner von gutem Glauben bestimmten Sicht geeignet sind, sich im Prozess zu behaupten (vgl. Senat VersR 2008, 357 Rn 16; BVerfG NJW-RR 2007, 840, 841 m.w.N.). In entsprechender Weise führte es zu einer mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht zu vereinbarenden, unzumutbaren Beschränkung des Einzeln...