Mit dieser grundlegenden Entscheidung hat der BGH festgestellt, dass sich die Vergütung des Verfahrenspflegers, der nach den Feststellungen des ihn bestellenden Gerichts anwaltsspezifische Tätigkeiten auszuüben hat, nach dem RVG richtet. Damit ist diese Entscheidung für jeden Rechtsanwalt von Interesse, der auftragsgemäß für seinen Mandanten Verträge überprüft.
I. Vergütung
Der BGH ist mit den Vorinstanzen zutreffend vom Anfall einer Geschäftsgebühr ausgegangen. Die frühere Regelung in § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO sah den Anfall der Geschäftsgebühr für das Betreiben des Geschäfts einschließlich des Entwerfens von Urkunden vor. Nach Vorbem. 2.3 Abs. 3 VV RVG entsteht die Geschäftsgebühr nunmehr für die Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrags. Der RVG-Gesetzgeber hat somit gegenüber der bisherigen Regelung Änderungen in zweifacher Hinsicht vorgenommen:
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Hinsichtlich des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit hat das RVG eine Einschränkung vorgenommen, da der in der BRAGO verwandte Begriff der Urkunde weitergeht als der Begriff des Vertrags. Aus dem Anwendungsbereich der Geschäftsgebühr fallen deshalb diejenigen Schriftstücke, die keinen Vertrag darstellen, insb. ein Testament (siehe AG Hamburg-Altona AGS 2008, 166), somit auch ein gemeinschaftliches Testament (OLG Düsseldorf AGS 2012, 454 = JurBüro 2012, 583 mit Anm. Enders). Ob diese Einschränkung vom Gesetzgeber überhaupt beabsichtigt war, erscheint allerdings zweifelhaft (siehe auch N. Schneider, AGS 2006, 60; AnwKomm-RVG/Wahlen/Onderka/N. Schneider, 7. Aufl., Vorbem. 2.3 VV RVG Rn 52, 53). Denn die Mitwirkung bei der Gestaltung eines Erbvertrags würde auch nach dem RVG unter den Anwendungsbereich der Geschäftsgebühr fallen. |
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Demgegenüber ist der Gebührentatbestand im RVG hinsichtlich der anwaltlichen Tätigkeit weiter gefasst als zuvor in der BRAGO. Der Gebührentatbestand der Geschäftsgebühr erfordert nicht mehr den Entwurf, sondern lässt die Mitwirkung an der Gestaltung genügen. |
Zum Teil wird die Auffassung vertreten, die Mitwirkung an der Gestaltung eines Vertrags erfordere, dass der Rechtsanwalt auf die Gestaltung selbst Einfluss nehmen kann oder zumindest Einfluss nehmen könnte. Demgegenüber soll die bloße beratende Tätigkeit, ob der Mandant den Vertrag abschließen soll, noch zur Beratung zählen (siehe hierzu AnwKomm-RVG, a.a.O, Vorbem. 2.3. VV RVG Rn 51; AG Kompakt 2015, 50, 51, ohne Autorenangabe). Demgegenüber umfasst nach Auffassung des BGH – für Mietverträge – und des LG Nürnberg-Fürth RVGreport 2015, 306 (Hansens) – für einen notariellen Entwurf eines Vermächtnis-Erfüllungsvertrags – die Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrags auch die Überprüfung eines Vertrags (so auch Mayer/Kroiß/Teubel, RVG, 6. Aufl., Vorbem. 2.3 VV RVG Rn 6).
II. Gegenstandswert
Der Gegenstandswert – der BGH verwendet den unrichtigen Begriff "Geschäftswert" – bestimmt sich nach § 23 RVG, wobei hier nach dessen Abs. 3 S. 1 die dort aufgeführten Bestimmungen der KostO und ab 1.8.2013 die des GNotKG entsprechend anzuwenden sind. Dies beschränkt sich nicht auf den anwaltlichen Verfahrenspfleger, sondern gilt allgemein für die Tätigkeit eines Rechtsanwalts im Zusammenhang mit der Prüfung von Verträgen.
Nach dem hier somit entsprechend heranzuziehenden § 25 KostO bemisst sich der Gegenstandswert für die Geschäftsgebühr des Verfahrenspflegers nach den Mieteinnahmen aus den Mietverträgen während der Vertragslaufzeit. Das LG Frankenthal hatte nur die Prüfung der drei Hauptmietverträge berücksichtigt. Die Untermietverträge waren seiner Auffassung nach nicht heranzuziehen, weil sie nicht von der Betr. persönlich abgeschlossen worden seien und deshalb nicht zu prüfen waren.
Von dem Wert der drei Hauptmietverträge hat das LG lediglich die Hälfte der geschuldeten Miete als Gegenstandswert angesetzt, da die Betr., auf deren berechtigte Interessen es allein ankomme, als hälftige Miteigentümerin nur die Hälfte der Mieteinnahmen ihrem Einkommen bzw. Vermögen zurechnen könne. Dies führte nach Auffassung des LG Frankenthal zu einem Gegenstandswert von 6.783.000 EUR. Diese Bewertung war nicht Gegenstand der Entscheidung des BGH, da der Verfahrenspfleger gegen die teilweise Zurückweisung seines Vergütungsantrags keine Rechtsbeschwerde eingelegt hatte.
VRiLG a.D. Heinz Hansens
zfs 8/2015, S. 463 - 465