OWiG § 29a
Leitsatz
1. Mit keinem Wort regelt der Gesetzgeber, dass er die gesamte Vergütung oder die auf den Fahranteil in Deutschland entfallenden Teil der Vergütung entziehen will, auch wenn der Transport nach der Kontrolle in gesetzlich korrekter Art und Weise durchgeführt wurde. Wie auch im Strafgesetzbuch kann nur das tatsächlich durch eine rechtswidrige Tat Erlangte abgeschöpft werden.
2. Die Abschöpfung der gesamten vertraglichen Vergütung bei einer ausländischen Halterin würde eine Vorschrift erfordern, die dem deutschen Gesetzgeber das Recht gibt, gegen eine ausländische Firma den Verfall für Transporte in anderen Hoheitsgebieten vornehmen zu dürfen.
AG Kassel, Urt. v. 23.10.2014 – 390 OWi – 7614 Js-OWi 12335/14
Sachverhalt
Die Betr. ist Halterin des französischen Fahrzeugs bestehend aus Zugfahrzeug und Anhänger. Am 29.11.2012 wurde der genannte Fahrzeugzug auf der BAB 5 kontrolliert, weil der Verdacht einer Überschreitung der zulässigen Höhe der Fahrzeugkombination bestand. Der Transport ging von Wolfsburg nach La Llagosta bei Barcelona/Spanien. Dies sind 1674 km. Laut Rechnung der Betr. vom 7.12.2012 betrug das Entgelt für den gesamten Transport der 9 Pkws bis Barcelona 2.312,52 EUR. Zum Zeitpunkt der Kontrolle hatte der Fahrer von Wolfsburg aus eine Strecke von 357 km zurückgelegt. Auf der Rast- und Tankanlage wurde die Fahrzeugkombination mittels eines geeichten Längenmessstabs der Marke Telefix 5m Seriennummer 255 gemessen. Dies ergab eine Höhe der Ladung von 4,18 m. Damit war die zulässige Höhe von 4,0 m um 0,18 m überschritten. Nach Abladen eines Fahrzeugs und Hinterlegung einer Sicherheit durfte der Fahrer den Lkw samt Ladung weiter in Richtung Spanien steuern. Gegen den Fahrer wurde kein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet. Das AG Kassel hat gegen die Betr. den Verfall i.H.v. 492,66 EUR angeordnet.
2 Aus den Gründen:
"Vorstehende Feststellungen ergeben sich zur vollen Überzeugung des Gerichts zum einen aus dem Akteninhalt und zum anderen aus den im Rahmen der Hauptverhandlung getroffenen Feststellungen und den ausgeschöpften Beweismitteln."
[ … zu den einzelnen Feststellungen … ]
Damit liegen die Voraussetzungen eines selbstständigen Verfallverfahrens gem. § 29a Abs. 4 OWiG vor. Indem der Lkw-Zug von dem Fahrzeugführer in Betrieb genommen wurde, obwohl die zulässige Höhe überschritten war, lag bei dem Fahrer eine mit Geldbuße bedrohte Handlung gem. §§ 32 Abs. 2, 31d Abs. 1, 69a Abs. 3 Nr. 2 StVZO, § 24StVG, § 192 BKat vor. Bei dem Transport hat der Fahrer für einen Dritten gehandelt, nämlich für die Betr. Diese hatte dadurch etwas verlangt, nämlich den Transporterlös. Ein Bußgeldverfahren wurde gegen den Fahrer nicht eingeleitet. Auf ein Verschulden des Halters und damit der Betr. kommt es nicht an. Damit kann der Verfall bis zu der Höhe angeordnet werden, die dem Wert des Erlangten entspricht.
Das Gericht hält vorliegend in Ausübung des ihm zustehenden eigenen Ermessens eine Gewinnabschöpfung für geboten. Dabei lässt sich das Gericht insb. von der Erwägung leiten, dass gerichtsbekanntermaßen im gewerblichen Güterverkehr Verstöße gegen Vorschriften zur Fahrzeugabmessung und des Verstoßes gegen die Ladungssicherheit und Überschreitung des zulässigen Höchstgewichtes weit verbreitet sind, dass dem Mehr-Erlös kein adäquater Mehr-Aufwand gegenübersteht, dass dadurch die Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung besteht und dass ein Bußgeldverfahren gegen den Fahrzeughalter oftmals wegen Beweisschwierigkeiten bei innerbetrieblichen Vorgängen mit verhältnismäßigen Aufwand nicht durchführbar ist.
Da die Betr. durch die Vorlage der Rechnung … eine konkrete Rechnung für den gesamten Transport vorgelegt hat und damit der vertraglich für die Fahrt vom Auftraggeber gezahlte Betrag feststeht, wurden diese Angaben für die Berechnung des Verfallbetrages berücksichtigt anstatt eine Schätzung auf der Grundlage der KGS (Kostensätze im Gütertransport und Straßenverkehr) vorzunehmen. Ferner wurde lediglich eine Strecke vom Beladeort bis zum Kontrollpunkt der Berechnung zugrunde gelegt. Am Kontrollpunkt musste ein Pkw von dem Lkw-Zug abgeladen werden um die Fahrt fortführen zu können. Danach konnte der Fahrer die Fahrt fortsetzen. Die Fahrt war somit nur bis zur Tank- und Rastanlage Taunusblick rechtswidrig. Danach war die Fahrt bis La Llagosta rechtmäßig und nicht zu beanstanden. Der abgeladene Pkw musste im Anschluss gesondert transportiert werden. Einen wirtschaftlichen Vorteil hat die Betr. somit nur durch die Fahrt von Wolfsburg zum Kontrollpunkt erzielt, da sie sich bis zum Kontrollpunkt die Aufwendungen für ein zweites Transportfahrzeug erspart hat.
Es kann nicht angehen, dass man, obwohl die Betr. die Kosten für ein zweites Fahrzeug aufwenden musste, ihr die Vergütung für den gesamten Transport entzieht, sie mithin finanziell bestraft. Dies kann ferner auch aus dem Grund nicht richtig sein, weil die Fahrt nach der Kontrolle völlig korrekt und im Übrigen zum großen Teil in Staaten erfolgte, in denen die StVZO, das StVG und das OWiG nicht gelten. Es hand...