Die Möglichkeit, einen Kostenfestsetzungsbeschluss gem. § 107 Abs. 1 ZPO nachträglich trotz zwischenzeitlich eingetretener Rechtskraft ändern zu lassen, und die hierfür vorgesehene Antragsfrist des § 107 Abs. 2 ZPO ist vielen Rechtsanwälten unbekannt. Dies zeigt gerade der hier vorliegende Fall, in dem der durch die geänderte Streitwertfestsetzung begünstigte Kl. keinen Änderungsantrag nach § 107 Abs. 1 ZPO gestellt hat, während die Bekl. zu 3 und 4 diesen zur Herabsetzung des Erstattungsbetrages zu ihrem Nachteil führenden Änderungsantrag erst nach Ablauf der Monatsfrist des § 107 Abs. 2 ZPO eingereicht haben.

I. Gegenstand der Abänderung

Das OLG Hamburg weist zutreffend darauf hin, dass eine Abänderung gem. § 107 Abs. 1 ZPO nur hinsichtlich der streitwertabhängigen Kostenpositionen erfolgen kann. Dies kann somit betreffen:

die nach einem zu hohen Streitwert berechneten mitfestgesetzten Gerichtskosten,
die Gebühren des Prozessbevollmächtigten der erstattungsberechtigten Partei,
bei geringen Gegenstandswerten auch die Postentgeltpauschale nach Nr. 7002 VV RVG sowie
die auf die Gebühren und Auslagen entfallende Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG.

Demgegenüber können wegen der zwischenzeitlich eingetretenen Rechtskraft des Kostenfestsetzungsbeschlusses bei einer Streitwertänderung Einwendungen gegen die übrigen festgesetzten Kostenpositionen nicht berücksichtigt werden, etwa

gegen die Gebühren dem Grunde nach (so das OLG Hamburg hier),
gegen die von der Abänderung des Streitwertes nicht betroffenen Auslagen,
der – selbst unstreitige – Zahlungseinwand des Erstattungspflichtigen (LG Berlin JurBüro 1997, 646),
gegen die Erstattungsfähigkeit von Verkehrsanwaltskosten (OLG München Rpfleger 1973, 258).

II. Folgen der Versäumung der Antragsfrist

Eine Abänderung gem. § 107 Abs. 1 ZPO kann nach wohl herrschender Auffassung in der Rspr. dann nicht erfolgen, wenn die Antragsfrist des § 107 Abs. 2 ZPO versäumt worden ist (OLG München JurBüro 1991, 972; OLG Hamburg JurBüro 1990, 492; KG Rpfleger 1975, 324; Zöller/Herget, a.a.O., § 107 ZPO Rn 3).

Versäumt der Erstattungspflichtige die Antragsfrist des § 107 Abs. 2 ZPO, kann er gleichwohl gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss Vollstreckungsgegenklage einreichen (OLG München MDR 1983, 137). Dabei gilt die Präklusionswirkung des § 767 Abs. 2 ZPO nicht (BGH BGHZ 3, 381; s. auch BGH Rpfleger 1995, 375). Hat der Erstattungsberechtigte bereits die Zwangsvollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss betrieben oder hat der Erstattungspflichtige die festgesetzten Kosten ohne eine solche Vollstreckung gezahlt, so kommt eine Bereicherungsklage gem. § 812 BGB in Betracht (OLG München, a.a.O.; Zöller/Herget, a.a.O.).

Der Rechtspfleger des LG Hamburg hat sich bei Erlass seines Änderungsbeschlusses v. 13.11.2015 nicht so sehr mit den formellen Kleinigkeiten aufgehalten. Zwar hat er gesehen, dass die Bekl. zu 3 und 4 die Antragsfrist des § 107 Abs. 2 ZPO versäumt haben, er hat jedoch die Abänderung aus "rein pragmatischen Gründen" dennoch vorgenommen. Außerdem hat sich der Rechtspfleger nicht die Frage gestellt, ob die Bekl. zu 3 und 4 überhaupt für den bestellten Abänderungsantrag ein Rechtsschutzbedürfnis haben, da ihr Antrag zu einer Herabsetzung des Erstattungsbetrages führt. Ein solches Rechtsschutzbedürfnis kann allenfalls dann bestehen, wenn aufgrund der Abänderung des Streitwertes Ungewissheit darüber besteht, welcher Erstattungsbetrag an die Stelle des bisher festgesetzten Betrags tritt.

III. Verhaltensweise des Prozessbevollmächtigten

Wird ein die ursprüngliche Streitwertfestsetzung abändernder Beschl. zugestellt oder verkündet, so sollte stets im Fristenkalender die – nicht verlängerbare – Monatsfrist des § 107 Abs. 2 ZPO notiert werden. Innerhalb dieser Frist ist dann zu prüfen, ob die Streitwertänderung zu einer dem Mandanten günstigeren Kostenfestsetzung führt. In diesem Fall sollte dann der Abänderungsantrag innerhalb der Monatsfrist gestellt werden. Ein solcher Antrag kommt dann in Betracht, wenn eine Streitwertherabsetzung zu einem niedrigeren Erstattungsbetrag führt, den der Mandant zu erstatten hat. Umgekehrt kann eine Streitwerterhöhung auch zu einem höheren Kostenerstattungsanspruch des Mandanten führen, wenn dieser erstattungsberechtigt ist.

Versäumt es der Prozessbevollmächtigte, für den Mandanten einen gebotenen Abänderungsantrag innerhalb der Monatsfrist zu stellen, kann er sich schadensersatzpflichtig machen, wenn der erstattungsberechtigte Gegner trotz der Herabsetzung des Streitwertes den unverminderten festgesetzten Betrag vollstreckt. Der Schaden besteht dann in den Kosten einer Vollstreckungsgegenklage, die sich dann gegen die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus dem im Kostenfestsetzungsbeschluss titulierten Mehrbetrag richtet. Dieser Schadensersatzpflicht entgeht der Anwalt, wenn der Gegner in die Kosten des durch die Vollstreckungsgegenklage eingeleiteten Rechtsstreits verurteilt wird und dieser Kostenerstattungsanspruch auch durchgesetzt wer...

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