ARB 2007/2010 § 3 Abs. 4 lit. b
Leitsatz
1. Die Ausschlussklausel § 3 Abs. 4 lit. b ARB-RU-2007 setzt einen ursächlichen Zusammenhang des zwischen nichtehelichen Lebenspartnern geführten Rechtsstreits, für den Deckungsschutz begehrt wird, mit der nichtehelichen Lebensgemeinschaft voraus. Der Versicherungsschutz darf nicht weiter verkürzt werden, als der erkennbare Zweck der Klausel dies gebietet. Als Risikoausschlussklausel ist die Klausel grds. eng auszulegen.
2. Ein bloßer zeitlicher Zusammenhang genügt jedenfalls nicht. Der Konflikt, der zu dem Rechtsstreit zwischen den nichtehelichen Lebenspartnern führt, muss seine Ursache in der nichtehelichen Lebensgemeinschaft haben. Dies ist nicht der Fall bei Rechtsgeschäften zwischen Lebenspartnern bzw. ehemaligen Lebenspartnern, wie sie typischerweise auch mit Dritten abgeschlossen werden.
OLG München, Beschl. v. 3.6.2016 – 25 U 1054/15
1 Aus den Gründen:
" … Das Erstgericht hat zu Recht angenommen, dass die Voraussetzungen des Risikoausschlusses gem. § 3 Abs. 4 lit. b ARB-RU-2007 nicht erfüllt sind. Die Ausschlussklausel setzt einen ursächlichen Zusammenhang eines zwischen nichtehelichen Lebenspartner geführten Rechtsstreits, für den Deckungsschutz begehrt wird, mit der nichtehelichen Lebensgemeinschaft voraus."
Allgemeine Versicherungsbedingungen sind grds. so auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher VN bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. …
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die vom Erstgericht im Rahmen der Hilfsbegründung (Ziff. 2 der Entscheidungsgründe) vorgenommene Auslegung der vorgenannten Klausel nicht zu beanstanden. Zutreffend hat es erkannt, dass die Formulierung “ … in ursächlichem Zusammenhang mit der nichtehelichen Lebensgemeinschaft … ’ eine Begrenzung des Risikoausschlusses bezweckt, weshalb ein zeitlicher Zusammenhang jedenfalls nicht genügt. Der Rechtskonflikt der zu einem Rechtsstreit zwischen den nichtehelichen Lebenspartnern führt, muss seine Ursache in der nichtehelichen Lebensgemeinschaft haben. Zu Recht hat die Bekl. darauf hingewiesen, dass Angelegenheiten zwischen nichtehelichen Lebenspartnern bzw. zwischen ehemaligen nichtehelichen Lebenspartnern besonders streitanfällige Rechtsverhältnisse darstellen, woraus die vorgenannte Klausel auch ihre Berechtigung ableitet. Würden indessen auch Rechtsgeschäfte zwischen Lebenspartnern bzw. ehemaligen Lebenspartnern, wie sie typischerweise auch mit Dritten abgeschlossen werden – wie die im Ausgangsrechtsstreit streitgegenständlichen Darlehen – vollständig aus dem Deckungsschutz herausgenommen, würde der Versicherungsschutz weiter verkürzt, als es der erkennbare Zweck der Klausel gebietet. Ausgehend hiervon vermag der Senat nicht zu erkennen, dass der Ausgangsrechtsstreit im ursächlichen Zusammenhang mit der beendeten nichtehelichen Lebensgemeinschaft steht.
Ob die vom VN einer Rechtsschutzversicherung beabsichtigte Interessenwahrnehmung dem Leistungsversprechen des Rechtsschutzversicherers unterfällt und ob sie von einem Leistungsausschluss für die Wahrnehmung bestimmter rechtlicher Interessen erfasst wird, ist vom Versicherungsfall her zu bestimmen. Deshalb ist es für die Bestimmung des Versicherungsfalls unerheblich, was der Anspruchsgegner des VN gegen dessen Begehren einwendet. Andernfalls hätte dieser es – als mit Blick auf den Rechtsschutzversicherungsvertrag Außenstehender – selbst bei Verfolgung grds. versicherter vertragliche Ansprüche in der Hand, allein schon durch die Wahl sei der Verteidigung dem VN den Rechtsschutz zu entziehen (vgl. BGH r+s 2015,193).
Daher ist allein auf dem Klagevortrag der Kl. im Ausgangsrechtsstreit abzustellen. Danach waren die beiden Darlehen für den Gewerbebetrieb des in Liquiditätsschwierigkeiten befindlichen ehemaligen Lebenspartners der Kl. bestimmt. Mit dem Gewerbebetrieb bestand – naturgemäß – keine nichteheliche Lebensgemeinschaft. Darauf, dass der Bekl. im Rahmen seiner Hilfsaufrechnung mit Werklohn Forderungen hilfsweise argumentiert, es lägen jedenfalls auszugleichende gemeinschaftsbezogene Zuwendungen vor, kommt es nach den vorgenannten Grundsätzen der BGH-Rspr. gerade nicht an. Auch der Umstand, dass die Kl. im Ausgangsrechtsstreit lediglich eine Verurteilung Zug-um-Zug gegen Herausgabe der … bezeichneten persönlichen Gegenstände des dortigen Bekl. beantragt und erreicht hat, rechtfertigt nicht die Annahme, der Rechtsstreit habe seine Ursache in der nichtehelichen Lebensgemeinschaft, auch wenn diese Gegenstände offensichtlich in der Zeit, dass die Lebensgemeinschaft noch bestand, in den Haushalt und in den (Mit)besitz der Kl. gelangt sind. Die Kl. hat nicht in Frage gestellt, dass diese Gegenstände grds. an dem dortigen Bekl. herauszugeben sind, Sie macht lediglich ein Zurückbehaltungsrecht geltend. Auslöser des Rechtsstreits war allein die Weigerung des Bekl., die gewährten Darlehen zurückzuerstatten. … “
zfs 8/2016, S. 459