" … Der Kl. steht der geltend gemachte Anspruch aufgrund der Beschädigung ihres Fahrzeuges bei einem Entwendungsversuch dem Grunde nach aus dem Teilkasko-Versicherungsvertrag i.V.m. § 1 VVG sowie Gliederungspunkt A.2.2.2 der AKB 2008 zu."
1. Der Anspruch der Kl. besteht, auch wenn die Zielrichtung des Einbrechers nicht festgestellt werden kann. Dabei ist zwischen den Parteien aufgrund der in zweiter Instanz erfolgten Klarstellung der Bekl. unstreitig, dass das Fahrzeug der Kl. vor der Schadensfeststellung am 30.10.2013 durch einen Einbruch beschädigt worden ist. Streitig ist hinsichtlich des Anspruchsgrundes hingegen die Person des Einbrechers und dessen Absicht. Diese Absicht ist nach dem Wortlaut der AKB 2008 maßgeblich für das Vorliegen des Versicherungsfalles. Auch bei der Beschädigung eines Fahrzeuges beim Versuch seiner Entwendung oder der Entwendung eines mitversicherten Teiles, wie eines fest eingebauten Radios, liegt nach Gliederungspunkten A.2.2 sowie A.2.2.2 ein Versicherungsfall vor (vgl. Knappmann, in: Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl. 2015, AKB 2008, A.2.2.2 Rn 8). Die Beschädigung des Fahrzeuges aufgrund von Vandalismus oder bei der Entwendung eines nicht versicherten Gegenstandes aus dem Innenraum des Fahrzeuges wird hingegen nach dem Wortlaut der AKB 2008 nicht von der Teilkaskoversicherung, sondern nach Gliederungspunkt A.2.3 nur von der Vollkaskoversicherung erfasst. Vorliegend lassen sich, wie vom AG insoweit zutreffend angenommen, die Person des Einbrechers und dessen Absicht nicht feststellen. Zwar spricht nach dem Inhalt der von der Kammer beigezogenen Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft F einiges dafür, dass auch der Einbruch in das Fahrzeug der Kl. durch den dort verfolgten A verübt worden ist, da ihm die Entwendung eines Autoradios mit Navigationsgerät aus einem VW Golf in der Nacht zum 29.10.2013 am benachbarten L.-Platz nachgewiesen worden ist. Für eine Feststellung einer vergleichbaren Absicht zur Entwendung des Radios der Kl. ist dies jedoch nicht ausreichend, zumal auch die Staatsanwaltschaft die zu Lasten der Kl. verübte Tat nicht zur Anklage gebracht hat. Weitere erfolgversprechende Aufklärungsmöglichkeiten stehen im vorliegenden Verfahren nicht zur Verfügung.
Ob in einem solchen Fall einer Beschädigung eines Fahrzeuges aufgrund eines Einbruches mit nicht aufklärbarer Stehlrichtung des Täters ein Anspruch aus einer Teilkaskoversicherung besteht, ist in Rspr. und Literatur umstritten. Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass kein Versicherungsfall in der Teilkaskoversicherung anzunehmen sei, wenn bei einem als solchen feststehenden Einbruch offen bleibe, ob die Entwendung versicherter oder nicht versicherter Objekte bezweckt war (OLG Köln VersR 1995, 1350, allerdings für einen Fall, in dem alles dafür sprach, dass eine nicht versicherte Geldkassette aus einem Imbisswagen entwendet werden sollte … ). Demgegenüber wird vertreten, dass der Bedingungswortlaut der AKB 2008 nicht hinreichend deutlich mache, dass Diebstahls- und Schutzobjekt identisch sein müssten. Die danach gebotene kundenfreundliche Auslegung der AKB gebiete es daher, auch Schäden am Fahrzeug beim Diebstahl von nicht versichertem Gepäck abzudecken (Blumberg, NZV 1997, 105, 108; Knappmann, in: Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl. 2015, AKB 2008, A.2.2 Rn 9; AG München NJW-RR 2010, 332 … ). Eine vermittelnde Ansicht nimmt an, dass zumindest wenn von außen kein auffallendes Gepäckstück sichtbar sei, die Absicht, alles “Stehlenswerte’ mitzunehmen und damit auch versicherte Teile, unterstellt werden könne (LG Aurich VersR 2010, 1178; ähnlich Stadler, in: Stiefel/Maier, Kraftfahrtversicherungsrecht, 18. Aufl. 2010, AKB A N. 2.2 Rn 75).
Die Kammer schließt sich der zuletzt genannten Auffassung an, sodass es einer Entscheidung zu einer den Wortlaut erweiternden Auslegung der AKB 2008 nicht bedarf. Nur bei einem äußeren Schadensbild, das auf die ausschließliche Absicht der Mitnahme eines nicht versicherten Gegenstandes (z.B. von außen wahrnehmbare Gepäck- oder Kleidungsstücke) hindeutet, kann das Vorliegen eines Versicherungsfalles nicht angenommen werden. Bleibt nach dem äußeren Schadensbild aber offen, ob der Einbruch der Mitnahme von versicherten oder nicht versicherten Gegenständen gegolten hat, wäre es unangemessen dem VN die Beweislast dafür aufzubürden, dass die Entwendung versicherter Gegenstände beabsichtigt war. Zur Aufklärung der inneren Willensrichtung des Einbrechers bedürfte es der – im Regelfall und so auch vorliegend nicht erreichbaren – Aussage des Täters. Eine solche Beweislastverteilung zu Lasten des VN würde – wie im Falle des kaum zu führenden Nachweises des Diebstahles eines Fahrzeuges … – zu einer Entwertung des Versicherungsschutzes führen. Auch insoweit ist der Versicherungsvertrag so auszulegen, dass er eine von den Vertragsparteien nach der Interessenlage gewollte Beweiserleichterung für den VN beinhaltet. … “
zfs 8/2016, S. 451 - 452