ZPO § 397 § 331
Leitsatz
1. Bezahlt die Bekl. die eingeklagte Forderung und teilt sie dem Gericht lediglich die Zahlung mit, liegt in dieser Mitteilung kein prozessuales Anerkenntnis.
2. Nimmt der Kl. die Klage nicht zurück und erklärt er die Sache nicht für erledigt, entscheidet das Gericht aufgrund der Erfüllung durch unechtes Versäumnisurteil auf Klageabweisung.
(Leitsätze der Schriftleitung)
LG Wiesbaden, Urt. v. 2.1.2016 – 9 S 33/16
Sachverhalt
Die klagende Aktiengesellschaft machte nach einem Verkehrsunfall eines ihrer Kfz die Verurteilung der beklagten Haftpflichtversicherung des Schädigers zum Ersatz ihrer Schäden geltend. Die Bekl. erstattete der Kl. die entstandenen Schäden bis auf die geltend gemachten außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Deren Ersatz lehnte die Bekl. mit der Begründung ab, die Kl. sei geschäftlich hinreichend gewandt, die Schadensunterlagen gegenüber der Bekl. einzureichen und die Zahlung entgegenzunehmen. Deshalb sei die Beauftragung eines Anwalts nicht erforderlich gewesen.
Die Kl. reichte daraufhin beim AG eine Klage ein, in der sie die Verurteilung der Bekl. zur Freistellung von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten verfolgte.
Auf die am 15.5.2015 der Bekl. zugestellte Klage teilte diese mit Schreiben vom 19.6.2015 dem Gericht mit, die Klageforderung inklusive Zinsen ausgeglichen zu haben.
Die Kl. und das AG forderten die Bekl. zur Angabe des Datums der Zahlung auf und vertraten die Ansicht, dass in der Erklärung der Bekl. ein Anerkenntnis liege. Die Bekl. gab in ihrer Stellungnahme an, den Betrag auf ein Konto der Kl. überwiesen zu haben, ohne das Datum bekanntzugeben. Weiterhin führte die Bekl. in ihrer Stellungnahme aus: "Durch die Bezahlung der Klageforderung wurde die Klage anerkannt. Wir gehen davon aus, dass die Klägervertreter nunmehr die Klagerücknahme veranlassen können." Die Kl. regte daraufhin den Erlass eines Anerkenntnisurteils an. Dem trat das AG mit dem Hinweis entgegen, dass nach der Erfüllung der Klageforderung für den Erlass eines Anerkenntnisurteils kein Raum sei. Die Kl. stellte ihren Klageantrag nicht um. Daraufhin wies das AG die Klage ab. Mit der Berufung wendet sich die Kl. gegen die Klageabweisung und meint, das AG habe ein Anerkenntnisurteil erlassen müssen. Da die Bekl. ein Anerkenntnis durch die Anzeige der Erfüllung abgegeben habe, sei dem AG eine Prüfung des Erfüllungseinwandes versagt gewesen. Aufgrund der fehlenden angezeigten Verteidigungsabsicht der Bekl. und der Säumnis der Bekl. hätte ein Anerkenntnisurteil als Versäumnisurteil ergehen müssen. Die Bekl. führt zur Verteidigung des Urteils des AG aus, die Kl. hätte nach der Zahlung, die am 22.5.2015 erfolgt sei, den Rechtsstreit für erledigt erklären können.
Die Berufung der Kl. hatte keinen Erfolg.
2 Aus den Gründen:
" … Zu Recht hat das AG den Erlass eines Anerkenntnisurteils abgelehnt und die Klage im Ergebnis abgewiesen."
Der Erlass eines Anerkenntnisurteils kommt nur dann in Betracht, wenn es eine eindeutige Erklärung im Sinne eines prozessualen Anerkenntnisses gibt. Die Erklärung der Bekl. vom 25.5.2015 ist in nicht ausreichend eindeutig, um von einem prozessualen Anerkenntnis auszugehen. Allein die vorbehaltlose Erfüllung stellt mangels entsprechender Erklärung kein Anerkenntnis dar (Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl. 2016, vor §§ 306, 307 Rn 3). Auch wenn eine Erklärung abgegeben wird, ist erforderlich, dass diese eindeutig als Anerkenntnis auszulegen ist. Wenn die erfüllende Partei zugleich beantragt, dem Gegner die Kosten aufzuerlegen, ist diese Erklärung nicht eindeutig (vgl. Zöller/Vollkommer, § 306 Rn 1). Die Erklärung der Bekl. vom 25.6.2015 ist nach diesen Grundsätzen nicht eindeutig, denn sie enthält zwar die Formulierung “die Klage wurde anerkannt’, zugleich verweist sie jedoch auf die Klagerücknahme, was grds. die Auferlegung der Kosten des Rechtsstreits auf die Kl. bedeutet hätte. Dieser Zusatz nimmt der Erklärung der Bekl. die Eindeutigkeit, denn hätte die Bekl. ein Anerkenntnis prozessualer Art zur Beendigung des Rechtsstreits abgeben wollen, hätte es eines Hinweises auf eine Klagerücknahme durch die Kl. nicht bedurft.
Entgegen der Ansicht der Kl. führt das Unterbleiben eines Anerkenntnisurteils vorliegend nicht zu einem unbilligen Ergebnis. Der Kl. stand gem. § 91a ZPO eine ausreichende prozessuale Möglichkeit zur Verfügung, um auf die Erfüllung der Klageforderung zu reagieren. Die Zahlung der Bekl. ist am 22.5.2015 eingegangen, somit nach Rechtshängigkeit. Hierauf hätte die Kl. mit einer Erledigungserklärung gem. § 91a ZPO angemessen reagieren können. Die Aufrechterhaltung der ursprünglichen Anträge war demgemäß unrichtig, weil diese gerade nicht mehr begründet waren. Das Argument der Kl., die Bekl. bezahle Kleinstsummen regelmäßig nicht um die Eintreibung dieser Summen für Rechtsanwälte wirtschaftlich uninteressant zu machen und damit die Geltendmachung dieser Kleinstsummen zu verhindern, greift nicht durch. Unabhängig von der Gebührenlage steht der Klägerseite bei Erfüllung nach Rechtshängigkeit mit der Erledigu...