1) Ein Kfz besteht aus einem Ensemble von Bauteilen, die durch Gebrauch und auch durch Stehen auf Halde in ihrer Tauglichkeit bis hin zum Wegfall der Funktionstauglichkeit beeinträchtigt werden können und mit statistischer Wahrscheinlichkeit eine geringere Haltbarkeitsdauer als das Kfz haben. Technisch umschreibt DIN 50320 den Vorgang des Verschleißes als Abnutzungsprozess in der Form fortschreitenden Materialverlustes an der Oberfläche eines festen Körpers durch mechanische Einwirkung (vgl. Reinking/Eggert, Der Autokauf, 12. Aufl., Rn 2045; vgl. zu den Verschleißformen Eichmeyer, in: Meyers Handbuch über die Technik, S. 294).
Kritiker weisen darauf hin, dass sozusagen "eingebauter", allzu vorzeitiger Verschleiß vom Hersteller dazu genutzt wird, Ersatzanschaffungen mit dem Ziel einer Verstetigung der Nachfrage zu provozieren (vgl. zu den Formen des Produktverschleißes Wortmann/Schimikowski, ZIP 1985, 978 ff.).
2) Herzstück der Erörterung des Verschleißes im Zusammenhang mit dem Kauf von Gebrauchtfahrzeugen ist die Frage, ob dem Käufer bei dem Ausfall eines Bauteils infolge Verschleißes ein Anspruch auf Gewährleistung wegen eines von dem Verkäufer zu vertretenden Sachmangels zusteht. Misst man beim Gebrauchtwagenkauf normalen Verschleiß als üblich, liegt ein Sachmangel bei normalem Verschleiß im Allgemeinen nicht vor, es sei denn, besondere Umstände sind gegeben (vgl. BGH-NJW 2009, 1588 Tz. 13). Mit dieser Formel können Umstände aus der Fahrzeughistorie bei der Beurteilung der Belastung des Fahrzeugs, wie atypische Fahrzeugnutzung als Taxi und eine Vielzahl von Vorbenutzern, in die Wertung mit einbezogen werden (Reinking/Eggert, a.a.O. Rn 3003).
Während der Kreis der Verschleißteile weitgehend nicht im Streit ist, weil hierfür gesicherte technische Überzeugungen zur Verfügung stehen, ist die Abgrenzung des normalen Verschleißes von dem vorzeitigen oder übermäßigen Verschleiß noch nicht vollständig gefunden. Typische Verschleißteile sind Reifen, Bremsbeläge, Kupplungen, Zahnriemen, Dichtungen, Lichtmaschinen, die Batterie, Katalysatoren und die Auspuffanlage (vgl. die Darstellung von Reinking/Eggert, a.a.O., Rn 2945 m.w.N.). All diese Bauteile haben nach statistischer Wahrscheinlichkeit eine geringere Haltbarkeitsdauer als die übrigen verbleibenden Bauteile des Kfz.
Bei vorzeitigem, damit übermäßigem Verschleiß liegt bei unüblichem und damit erwartungswidrigem Zustand ein Sachmangel i.S.d. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB vor (vgl. BGH NJW 2009, 659). So einfach dieser Grundsatz formuliert ist, so schwer fällt die Bejahung eines vorzeitigen Verschleißes, wenn zwar bei Auftreten des Verschleißsymptoms der statistische Wert des erwartungsgemäßen Auftretens des Mangelbildes unterschritten war, die bisherige Nutzung (Fahr- und Bedienungsfehler bisheriger Nutzer, unzureichende Pflege, Wartung und Reparaturen) in der Vergangenheit aber die Grenze zwischen normalem Verschleiß und vorzeitigem Verschleiß verschoben hat (vgl. BGH WM 1981, 323; Reinking/Eggert, a.a.O., Rn 3027, 3033 f.).
3) Der Verkehrsgerichtstag 2004 (42. VGT) hat die Entwicklung einer statistischen Erhebung zur Entwicklung einer Vergleichsstatistik angeregt, die bisher aussteht. Der ADAC hat eine Liste entwickelt, die unter www.ADAC.de als PDF-Datei zum Download zur Verfügung steht (vgl. auch Schattenkirchner/Heimgärtner, DAR 2012, 552; dies., DAR 2008, 488).
RiOLG a.D. Heinz Diehl
zfs 8/2016, S. 445 - 446