I. Konkretisierung der allgemeinen Verpflichtung, einen Luftreinhalteplan zu ändern
Der BayVGH ist bei seiner Entscheidung zunächst davon ausgegangen, dass die allgemeine Verpflichtung im Urteil des VG München vom 9.10.2012, das dem beklagten Freistaat Bayern nur vorschrieb, den für München geltenden Luftreinhalteplan so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung der einschlägigen Grenzwerte enthält, konkret hinsichtlich eines einzelnen zu diesem Zweck zu ergreifenden Mittels – nämlich der Aufnahme von Fahrverboten für Dieselfahrzeuge in eine künftige Fortschreibung des Luftreinhalteplans – vollstreckbar sei, weil eine Auslegung des Urteils ergebe, dass die Aufnahme eines solchen Fahrverbotes unumgänglich sei. Dabei schulde der Beklagte nur die Aufnahme solcher Maßnahmen in den Luftreinhalteplan, zu deren Durchführung er tatsächlich und rechtlich in der Lage ist.
II. Tatsächliche (ausschließliche) Eignung eines Dieselfahrverbots für die Einhaltung der einschlägigen Grenzwerte
Wenn Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge so ausgestaltet würden, dass sie auch während derjenigen Zeitabschnitte im Tageslauf gelten, während der Grenzwertüberschreitungen stattfinden, sei zu erwarten, dass die Grenzwerte zukünftig eingehalten werden. Aus der Rechtsprechung des EuGH ergebe sich, dass ein Gericht das planerische Ermessen der Exekutive auf eine bestimmte Maßnahme beschränken dürfe, wenn nur diese eine baldige Einhaltung der Grenzwerte erwarten lässt. Es sei klar, dass auch die Einführung der sog. Euro-6-Fahrzeugklasse nicht zu einem relevanten Rückgang der NO2-Belastung führen werde. Deshalb habe der Beklagte keine andere Möglichkeit, als die Zahl der Dieselfahrzeuge, die in den von den Grenzwertüberschreitungen betroffenen Verkehrsabschnitten fahren, deutlich zu reduzieren. Insbesondere stünden ihm keine rechtlichen Möglichkeiten zu, auf den Schadstoffausstoß von Dieselfahrzeugen Einfluss zu nehmen. Auch eine Erweiterung der im Gebiet der Landeshauptstadt München bereits bestehenden Umweltzone sei nicht geeignet, die im zu vollstreckenden Urteil enthaltene Verpflichtung umzusetzen, weil sogar Dieselfahrzeuge, die den Anforderungen der Euro-4-Norm oder der Euro-3-Norm, wenn sie mit einem Partikelfilter ausgerüstet sind, entsprechen, ungeachtet ihres hohen NO2-Ausstoßes eine grüne Plakette erhalten.
III. Materielle Rechtmäßigkeit und Vollziehbarkeit von Dieselfahrverboten
Dieselfahrverbote seien nicht von vornherein unverhältnismäßig, weil auch erhebliche Beschränkungen grundrechtlich verbürgter Freiheiten von Verkehrsteilnehmern in Relation zu der Gefährdung des Lebens und der Gesundheit der betroffenen Anwohner gesetzt werden müssten und die insoweit betroffenen Grundrechte der Anwohner in der Abwägung überwiegen würden. Auch könne keine Rede davon sein, dass diese Fahrverbote nicht effektiv überwachbar wären. Eine Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne setze aber voraus, dass die notwendigen Ausnahmen von diesen Fahrverboten gestattet werden könnten. Ob § 1 Abs. 2 der 35. BImSchV insoweit ausreichend sei, sei fraglich. Gleiches gelte für die Anwendung der Ausnahmevorschrift des § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 StVO im Bereich von auf § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG gestützten Verkehrsverboten. Verkehrsverbote müssten zwingend durch Verkehrszeichen bekannt gegeben werden. Es sei nicht klar, ob für die Bekanntgabe von Dieselfahrverboten und den gebotenen Ausnahmen hierzu nach geltendem Recht die notwendigen Verkehrszeichen vorgesehen seien. Nachdem aber die Bundesrepublik Deutschland unionsrechtlich und grundgesetzlich verpflichtet sei, die Einhaltung der einschlägigen Grenzwerte sicherzustellen, sei damit zu rechnen, dass insoweit bestehende Defizite baldmöglichst gesetzgeberisch ausgeräumt würden.
IV. Notwendigkeit einer Öffentlichkeitsbeteiligung
§ 47 Abs. 5 Satz 2, Abs. 5a Satz 1 bis 3 BImSchG sehe für eine Fortschreibung eines Luftreinhalteplans in Bezug auf die Aufnahme von Verkehrsabschnitten, für die zukünftig Dieselfahrverbote in Abhängigkeit von Grenzwertüberschreitungen verhängt würden, zwingend eine Öffentlichkeitsbeteiligung vor, so dass der Beklagte zunächst nur unter Zwangsgeldandrohung zu verpflichten sei, eine entsprechende Öffentlichkeitsbeteiligung binnen angemessener Frist durchzuführen, anstatt gleich verpflichtet zu werden, die Verhängung von Fahrverboten selbst in den Luftreinhalteplan aufzunehmen.