1. Notwendige Bedingung des Nacherfüllungsanspruchs, der in einen Rücktritt übergehen kann, ist neben dem Vorliegen eines in § 434 BGB umschriebenen Sachmangels der Ablauf einer angemessenen Frist (§ 323 Abs. 1 BGB), um dem Verkäufer eine zweite Andienung der geschuldeten Leistung zu ermöglichen. Der aus Art. 3 Abs. 5 VerbrGKRL entwickelte § 32 Abs. 1 BGB wird von der nahezu einhelligen Rspr. dahin verstanden, dass bei einem Verbrauchsgüterkauf grds. ein – freilich modifiziertes – Fristsetzungserfordernis gilt (vgl. BGH NJW 2006, 633; BGH NJW 2011, 3435). § 323 Abs. 1 BGB sah damit im Gegensatz zu der VerbrGKRL eine Fristsetzung vor. Allerdings geht die sog. Auflockerungsrechtsprechung des BGH davon aus, dass eine ausdrückliche Fristsetzung nicht erforderlich sei (vgl. hierzu Ls. 2 der Entscheidung des BGH v. 3.7.2016, NJW 2016, 3654: "Für eine Fristsetzung zur Nacherfüllung gem. § 323 Abs. 1, § 281 Abs. 1 BGB genügt es, wenn der Gläubiger durch das Verlangen nach sofortiger, unverzüglicher oder umgehender Leistung oder durch vergleichbare Formulierungen – hier ein Verlangen nach schneller Behebung gerügter Mängel – deutlich macht, dass dem Schuldner für die Erfüllung nur ein begrenzter (bestimmbarer) Zeitraum zur Verfügung steht. Der Angabe eines bestimmten Zeitraums oder eines bestimmten (End-)Termins bedarf es nicht (Fortführung von BGH NJW 2009, 3153; NJW 2015, 2564). Ergibt sich dabei aus den Gesamtumständen, dass ein ernsthaftes Nacherfüllungsverlangen vorliegt, schadet es nicht, dass dieses in höfliche Form einer "Bitte" gekleidet ist.")
Mit der Verneinung der Vorgabe eines bestimmten Zeitfensters für die Vornahme der Nacherfüllung (Schwab, JuS 2017, 617, 610) wird das Fristerfordernis des § 323 Abs. 1 BGB "aufgelockert"; ob damit auch eine Vereinbarkeit mit der VerbrGKRL hergestellt wird, ist umstritten (dazu Schwarze, in: Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Neubearbeitung 2015, § 323 Rn A 45; zweifelnd mit weiteren Nachweisen Reinking/Eggert, a.a.O., Rn 892). Nach Mitteilung von Reinking/Eggert (a.a.O.) liegt eine EuGH-Vorlage zu dieser Frage vor (LG Hannover – 17 O 43/15). Überwiegend wird in den Fällen der Abgasproblematik ein Verbrauchsgüterkauf vorliegen. Vorgeschlagen wird in dem an sich wenigstens zweifelhaften Fall der Richtlinienkonformität des § 323 BGB (dazu Mayer/Schürnbrand, JZ 2004, 545, 551; Faust, JZ 2010, 202; Riehm, NJW 2014, 2005, 2066), diesen durch eine richtlinienkonforme Auslegung zu entschärfen (vgl. MüKo-BGB/Ernst, 7. Aufl., § 323 Rn 51 m.w.N.). Unter Heranziehung des § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB soll das Erfordernis der Fristsetzung entfallen.
2. Über die in § 323 BGB aufgeführten Fälle der Entbehrlichkeit der Fristsetzung hinaus und damit für den entschiedenen Fall des sofortigen Rücktritts ohne Frist kann die Fristsetzung – sofern sie europarechtlich zulässig ist – auch dann entbehrlich sein, wenn der Verkäufer die Nacherfüllung zu Recht verweigert (§ 439 Abs. 3 BGB), die Nachbesserung fehlgeschlagen ist (§ 440 S. 1 und 2 BGB) und die Nacherfüllung unmöglich ist, da sie einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert (vgl. § 323 Abs. 5 BGB).
a) Die ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung des Verkäufers eines vom Abgasskandal betroffenen Kfz wird nur selten angenommen werden können. Nicht nur die hohen Anforderungen, die an diesen Ausschlusstatbestand für die Fristsetzung gestellt werden (§ 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB; vgl. auch BGH NJW-RR 1998, 534; MüKo-BGB/Ernst, 7. Aufl., § 323 Rn 101, 102 m.w.N.), sondern auch der Umstand, dass die Nachbesserung des von dem Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs durch die Rückrufaktion dem Händler weitgehend aus der Hand genommen worden ist, wenn sich die Händler auf diese Aktion einlassen, stehen der Annahme einer endgültigen und ernsthaften Erfüllungsverweigerung entgegen. Die häufig gleichwohl im Rechtsstreit von dem Anwalt des Händlers angekündigte Verteidigung gegen die Gewährleistungsklage auf der ersten Stufe, Vorbringen zur behaupteten Fehlerfreiheit der Messmethode und Angriffe gegen die sonstigen Voraussetzungen der Gewährleistung sprechen nicht für eine das Fristerfordernis ausschließende Erfüllungsverweigerung. Das Bestreiten dieser Anspruchsvoraussetzungen etwa im Rechtsstreit wird als prozessuales Recht gesehen, das jedenfalls keinen Schluss darauf zulässt, dass der Händler als Schuldner damit das letzte Wort einer Verweigerung gesprochen hat und sich auch nicht durch das Prozessergebnis umstimmen lassen wird (vgl. BGH NJW-RR 2009, 67).
b) Ein arglistiges Verschweigen eines Mangels durch den Händler wird sich nicht nachweisen lassen. Eigene Kenntnisse von dem Abgasskandal hat der in den Produktionsprozess nicht eingegliederte Händler nicht. Eine Zurechnung des arglistigen Verhaltens der Herstellerin zulasten des Händlers findet nicht statt (vgl. die Ausführungen in der Anmerkung zu OLG Hamm, Beschl. v. 5.1.2017, zfs 2017, 435 [in diesem Heft]).
c) Da der Händler aufgrund der Rückrufaktion die Nachbesserung wegen Unverhältn...