Neben der mancherorts als "bahnbrechend" betitelten, nahezu zeitgleichen Entscheidung des Saarl. VerfGH (NZV 2018, 275) hat nunmehr auch das KG Berlin die nach vernünftiger Auslegung der BGH-Entscheidungen einzig sinnvolle Interpretation der Rechte des Betr. im Hinblicke auf die Akteneinsicht bei standardisierten Messverfahren getroffen: Der Betr. muss vorgerichtlich in alle Unterlagen und Daten Einblick gewinnen können, um die Richtigkeit der Messung prüfen zu können, was ihm auch der BGH zugesteht. Diese Rechte des Betr. sind jedoch dem Grunde nach kein Resultat des Anspruchs auf rechtliches Gehör, sondern zunächst einmal Ausfluss des Prinzips des fairen Verfahrens. Wird letzteres konsequent und geradezu willkürlich negiert, kann daraus durchaus ein Gehörsverstoß resultieren, wie es auch bei der saarländischen Entscheidung herauslesbar ist. Eine Gleichsetzung der beiden Rechtspositionen ist jedoch weder geboten, noch erforderlich. Erst der Verfahrensverlauf kann zu einer Annäherung der Rechtsverletzungen führen. Hätte es sich vorliegend um eine zulassungsfreie Rechtsbeschwerde gehandelt, hätte für das KG Berlin eine gute Gelegenheit bestanden, die Thematik dem BGH vorzulegen. Doch auch so ist diese Entscheidung des KG Berlin ein echter (und dazu noch dogmatisch richtiger) Meilenstein im Kampf um das Akteneinsichtsrecht des Betr.

Es ist allerdings nicht zu erwarten, dass das OLG Bamberg seine strikte und mit gutem Grund vom Saarl. VerfGH als "nicht überzeugend" [Rn 35 der Entscheidung] gebrandmarkte Rspr. nunmehr aufgeben oder ändern wird (vgl. nur OLG Bamberg, Beschl. v. 13.6.2018 – 3 Ss OWi 626/18 als Replik auf die Entscheidung des Saarl. VerfGH): der Duktus der letztgenannten Entscheidung ähnelt schon dermaßen der aus den Medien bekannten bayerisch-solipsistischen Selbstüberzeugung, dass (rechtlich) sinnvolle Argumente kein Gehör mehr zu finden scheinen.

RiAG Dr. Benjamin Krenberger

zfs 8/2018, S. 472 - 474

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