"… II. Die Berufung der Kl. hat keinen Erfolg. Die Bekl. schuldet die vereinbarten Versicherungsprämien (…) nicht. Die Bekl., die darlegungs- und beweisbelastet dafür war, dass sie der Kl. den prämienreduzierenden Umstand der verringerten Jahresbruttomiete im April 2013 mitgeteilt hat, hat diesen Beweis geführt."
(1.) Zu Recht geht das LG vom Grundprinzip der Beweislastverteilung aus, nach dem jede Partei die Voraussetzungen einer ihr günstigen Norm zu behaupten und zu beweisen hat. Das führt dazu, dass auf der ersten Ebene der Anspruchsteller für die rechtserzeugenden Tatsachen seines Anspruchs beweispflichtig ist. Auf einer zweiten Ebene trägt derjenige, welcher sich auf Nichteintritt, Hemmung oder Untergang des an sich bestehenden Anspruchs beruft, die Beweislast für die rechtshindernden, rechtshemmenden oder rechtsvernichtenden Tatsachen. Auch den rechtsvernichtenden Tatsachen können vernichtungshindernde (rechtserhaltende) Tatsachen gegenübertreten, die wiederum zu einer auf der Gegenseite liegenden Beweislast führen. (…)
Damit ist allerdings keine Lösung für den vorliegenden Fall zu finden, denn die entscheidende Frage ist, ob der Eintritt der Verringerung der Jahresbruttomiete bereits die rechtsvernichtende Tatsache ist und die verspätete Anzeige die teilweise vernichtungshindernde Tatsache ist – wie es das LG angenommen hat – oder ob zu der rechtsvernichtenden Tatsache, für die der VN beweisbelastet ist, nicht nur die Verringerung der Jahresbruttomiete gehört, sondern auch die Mitteilung dieses Umstandes gegenüber dem VR.
Diese Frage ist durch Auslegung zu ermitteln. (…)
Die Auslegung darf nicht bei der ersten Überlegung enden, dass nach § 11 A (2) S. 1 ARB 2011 die Beitragsminderung lediglich an den Eintritt des entsprechenden Umstandes geknüpft und nachfolgend in S. 2 bestimmt ist, dass die Minderung erst vom Eingang der Anzeige an stattfindet, wenn die Anzeige später als zwei Monate nach dem Eintritt des Umstandes erfolgt. Ein solches Verständnis, welches S. 2 als vom VR zu beweisende Ausnahme von S. 1 ansieht, berücksichtigt nicht den Umstand, dass der VN zur Anzeige verpflichtet und der VR auf diese angewiesen ist (auch wenn § 11 ARB 2011 lediglich in Abs. 3 von einer Pflicht spricht). Dieser Umstand ist dem durchschnittlichen VN bei verständiger Würdigung klar, denn ohne Anzeige von veränderten Umständen erhält der VR im Falle der Prämienerhöhung zu Unrecht eine zu geringe Prämie (und ist dem Insolvenzrisiko des VN ausgesetzt) und im Falle der Prämienherabsetzung wäre der VR nicht vorhersehbaren Rückzahlungsansprüchen ausgesetzt. (…) Es ist deshalb bei einem verständigen Leser davon auszugehen, dass er erkennt, dass S. 2 dem VN nur den Vorteil einer rückwirkenden Beitragsminderung bei einer verspäteten Anzeige bis zu zwei Monaten belässt (und dazu für diesen Zeitraum von maximal zwei Monaten von § 41 VVG abweicht), jedoch die spätere Anzeige als zwei Monate nach Eintritt des Umstandes nicht als Ausnahmefall bestimmt, den der VR beweisen müsste.
Es ist außerdem zu beachten, dass der Schuldner für die Erfüllung einer in einem positiven Tun bestehenden Vertragspflicht nach allgemeinen Grundsätzen beweisbelastet ist. Dies gilt insb. auch dann, wenn an die Nichterfüllung besondere Rechtsfolgen zugunsten des Gläubigers geknüpft sind. Auch in diesem Fall muss der Schuldner sich durch den Nachweis des geschuldeten positiven Tuns entlasten, und es kann nicht dem Gläubiger der negative Beweis der fehlenden Erfüllung auferlegt werden. (…)
Für die Anzeige, die der VN als Nebenpflicht schuldet, ist folglich er beweisbelastet. Da es bei einer Anzeige auch auf den Zugang beim Erklärungsgegner ankommt (§ 130 BGB), kommt außerdem der Grundsatz zur Anwendung, dass derjenige die Beweislast für den Zugang – und den Zeitpunkt – trägt, der sich auf die Anzeige beruft. (…)
(2.) Diesen Beweis hat die Bekl. geführt. Nachdem sie ihren Vortrag erster Instanz korrigiert hat, dass die Zeugin C eine Geschäftsstelle der Kl. bzw. deren Rechtsvorgängerin betrieben hat, ist die Kl. diesem Vortrag und auch dem Hinweis des Senats im Beschluss vom 27.7.2016 nicht mehr entgegengetreten. Folglich kam es nach § 164 Abs. 3 BGB i.V.m. den §§ 69,73 VVG lediglich auf den Nachweis an, dass das von der Bekl. behauptete Schreiben v. 5.4.2013 der Zeugin C zugegangen ist. Mit dem Zugang eines solchen Schreibens beim Vertreter ist dieses auch dem VR, also der Kl. zugegangen (§ 164 Abs. 3 BGB).
Nach der Vernehmung der Zeugin C ist der Senat davon überzeugt, dass die Behauptung der Bekl. zutreffend ist. (…)
Demgegenüber tritt auch der Umstand in den Hintergrund, dass die Bekl. nicht substantiiert behauptet hat, wie sie auf die drei Mahnungen durch die Kl. (…) reagiert hat. …
Die Bekl. hat in der zweiten Instanz das Schreiben v. 5.4.2013 vorgelegt, von welchem sie behauptet, es der Zeugin C übermittelt zu haben. Dafür dass dieses Schreiben im Nachhinein erstellt worden ist und die Zeugin C nicht wahrheitsgemäß bekundet hat, gibt es keine Anhaltspunkte. Ge...