VVG § 82 § 83 § 90; VGB 2006 § 2 Nr. 1, Nr. 4 § 4 Nr. 1d § 9 Nr. 1a § 30
Leitsatz
1. Von einer Überschwemmung eines Geländes kann nicht ausgegangen werden, wenn Wassermassen in ein Gebäude hineinfließen.
2. Der Anspruch auf Ersatz für Aufwendungen zur Vorsorge gegen einen Erdrutsch setzt voraus, dass die Aufwendungen tatsächlich entstanden sind. Ein Vorschussanspruch besteht nach dem Gesetz nicht.
3. Ein VN kann die Feststellung verlangen, dass der VR zur Leistung von Aufwendungen zur Abwendung eines unmittelbar drohenden Versicherungsfalls verpflichtet ist.
OLG Koblenz, Urt. v. 15.12.2017 – 10 U 811/16
Sachverhalt
Der Kl. nimmt die Bekl. aus einem Wohngebäude – und Elementargefahrenversicherungsvertrag für das versicherte Grundstück des Kl. in Anspruch.
Der Kl. zeigte am 21.5.2013 der Bekl. an, dass der Hang hinter seinem Haus abgerutscht sei und Wasser in das Haus ströme, wodurch die Tür aufgequollen sei und es Schäden am Putz der Hauswand gegeben habe. Zu diesem Zeitpunkt führte der Kl. Isolierarbeiten an der Außenfassade durch und hatte er hierzu ein Gerüst an die hintere Seite des Hauses gestellt.
Der Kl. hat vorgetragen, auf seinem Grundstück sei es in der Nacht zum Pfingstmontag im Jahre 2013 hinter dem Wohnhaus am Steilhang zu einem Erdrutsch infolge Unterspülung durch starke Regenfälle gekommen, bei dem mehrere Kubikmeter Gesteins- und Erdmassen abgerutscht seien. Die starken Regenfälle hätten auch dazu geführt, dass im Vorflur hinter der Haustür Wasser in das Gebäude eingedrungen sei, wodurch sich der Fußboden angehoben habe, eine Tür aufgequollen sei, und sich an der Tür Risse sowie am Mauerwerk und Putz des Eingangsbereichs hinter der Hauseingangstür Schäden gebildet hätten. Es habe sich hierbei um ein ausschließlich naturbedingtes Ereignis gehandelt. Die Nässeschäden am Gebäude beruhten auf einer Überschwemmung.
Er habe die bisherige Schadensbeseitigung mithilfe von Nachbarn und Freunden in Eigenleistung erbracht, Weiter müsse die Böschung hinter dem Haus gesichert werden, damit es nicht nochmals zu einem solchen Erdrutsch kommen könne. Dies gelte insb. für einen freigespülten größeren Felsbrocken.
2 Aus den Gründen:
"… Dem Kl. steht kein Anspruch auf Zahlung für Putzarbeiten an der Wand des Vorbaus des Anwesens des Kl. zu. Nach § 4 Nr. 1d) VGB 2006 ist das Versicherungsgrundstück gegen Zerstörung und Beschädigung u.a. infolge einer Überschwemmung versichert."
§ 9 Nr. 1a) VGB 2006 definiert unter weiteren Elementargefahren die Überschwemmung eines Grundstücks als eine Überflutung des Grund und Bodens, auf dem das versicherte Grundstück steht durch Ausuferung von oberirdischen, stehenden oder fließenden Gewässern oder nach § 9 Nr. 1b) durch Witterungsniederschläge. Als eine Überschwemmung ist nach dem Verständnis eines durchschnittlichen VN eine Überflutung von Grund und Boden zu verstehen, die voraussetzt, dass sich erhebliche Wassermengen auf der Geländefläche ansammeln (vgl. BGH zfs 2005, 447 ff.).
Auch wenn ein versicherter Überschwemmungsschaden nicht voraussetzt, dass das gesamte Grundstück überflutet wird, ist jedoch erforderlich, dass das Wasser in erheblichem Umfange meist mit schädlichen Wirkungen nicht auf normalen Weg abfließen kann und sich Wassermengen auf der Geländeoberfläche ansammeln (vgl. OLG Karlsruhe VersR 2012, 231 f.). Erforderlich ist die Darlegung, wo und auf welche Weise sich auf der Geländeoberfläche erhebliche Wassermengen angesammelt haben (LG Kiel r+s 2009, 25, juris Rn 1). Es genügt nicht, dass Wasser ohne eine solche Ansammlung außerhalb des Grundstücks in ein Gebäude hineingeflossen ist (OLG Oldenburg VersR 2012, 437; OLG Hamm zfs 2006, 103).
Der Kl. führt mit seiner Berufung ohne Erfolg an, dass diese Auslegung des Begriffs “Überschwemmung' nicht rechtens und unbillig sei, weil dann bei einer “Überflutung' wie hier alle gegen Elementargefahren Versicherte leer ausgingen. Es genügt entgegen der Auffassung des Kl. in seiner Berufung nicht, dass sich Regenwasser durch die Außenwand und durch den Estrich des Vorraums nach oben in den Vorfiur durchgedrückt habe. Die an einen Überschwemmungsschaden gestellten Voraussetzungen sind auch nicht deshalb “hilfsweise', so der Kl., erfüllt, weil zunächst der Flur als anderer Grundstücksteil überschwemmt worden sei, bevor dann infolge dieser “Überschwemmung' der Innenputz als eigenständiger Grundstücks-/Gebäudeteil beschädigt worden sei.
Die vom LG vorgenommene Auslegung des Begriffs “Überschwemmung', die voraussetzt, dass sich in erheblicher Menge Wasser auf der Geländefläche ansammelt, entspricht den Kriterien der höchstrichterlichen Rspr. Dass eingedrungenes Wasser i.H.v. 1 cm auf den Fliesen gestanden hat, reicht dafür nicht aus. (…)
2) Demgegenüber hat das LG mit Recht dem Kl. einen Anspruch auf Ersatz der Beseitigungskosten, allerdings nur zum Teil i.H.v. 1.080 EUR abzgl. des Selbstbehalts i.H.v. 500 EUR, mithin i.H.v. 580 EUR nebst Zinsen zugesprochen. Es hat zutreffend den Erstattungsanspruch des Kl. aus § 2 Nr. 4b) VGB 2006 abgeleitet. Danach sind Bewegungs- und Schutzko...