1. § 28 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 FeV ist insoweit mit Unionsrecht unvereinbar, als die Anwendung der Regelung nicht voraussetzt, dass kumulativ ein Wohnsitzverstoß vorliegt (Aufgabe der bisherigen Senatsrechtsprechung im Anschluss an EuGH, Urt. v. 26.4.2012 – Rs. C-419/10 – Hofmann [zfs 2012, 351]).

2. a) Die Eintragung eines Wohnsitzes im Ausstellerstaat in einem EU-Führerschein begründet keine unwiderlegliche Vermutung dafür, dass das Wohnsitzerfordernis i.S.d. 2. und 3. Führerscheinrichtlinie (Art. 7 Abs. 1 Buchst. b i.V.m. Art. 9 RL 91/439/EWG/Art. 7 Nr. 1 Buchst. e i.V.m. Art. 12 RL 2006/126/EG) erfüllt ist.

b) Die Behörden und Gerichte des Aufnahmemitgliedstaats sind befugt, vom Ausstellermitgliedstaat herrührende Informationen unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Falls daraufhin zu prüfen und zu bewerten, ob sie belegen, dass der Fahrerlaubnisinhaber tatsächlich seinen ordentlichen Wohnsitz i.S.d. 2. und 3. Führerscheinrichtlinie im Ausstellerstaat hatte.

3. Bei noch offenem Ausgang der Wohnsitzprüfung ist im Eilverfahren vorrangig eine das konkrete Gefährdungspotential berücksichtigende Interessenabwägung angezeigt.

VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 21.6.2012 – 10 S 968/12

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