BGB § 434, § 437
Leitsatz
Wird in einem schriftlichen Kaufvertrag von dem Verkäufer erklärt, dass das verkaufte Gebrauchtfahrzeug einen behobenen Frontschaden aufweist, und ergibt die Untersuchung des Kfz, dass noch Restunfallspuren vorhanden sind, die auf eine unvollständige Reparatur hinweisen, weist das Fahrzeug einen Mangel auf, der Gewährleistungsrechte des Käufers begründet.
(Leitsatz der Schriftleitung)
LG Lübeck, Urt. v. 22.3.2012 – 14 S 107/11
Sachverhalt
Der Kl. kaufte von dem Bekl., der in einem Autohaus arbeitet, ein Gebrauchtfahrzeug, das nach der im schriftlichen Kaufvertrag enthaltenen Regelung einen fachgerecht behobenen Frontschaden aufwies. Ein nach der Übergabe des Fahrzeuges von dem Kl. durchgeführtes selbstständiges Beweisverfahren ergab, dass das Fahrzeug nicht in vollem Umfang und fachgerecht hinsichtlich des Frontschadens repariert worden war. Der Kl. hat den Ersatz der erforderlichen Reparaturkosten, den Ersatz der Wertminderung und im Falle der vollständigen und fachgerechten Reparatur entsprechend den Feststellungen des Sachverständigen die Verpflichtung des Bekl. festgestellt, die entstehende Mehrwertsteuer zu ersetzen. Mit der Berufung hat sich der Bekl. gegen den Ausgangspunkt des angefochtenen, dem Antrag des Kl. weitgehend stattgebenden Urt. des AG gewandt, es sei zwischen den Parteien die Beschaffenheitsvereinbarung getroffen worden, dass der Frontschaden fachgerecht behoben sei. Vielmehr sei die Beschaffenheitsvereinbarung dahin zu verstehen gewesen, dass der Frontschaden "weitestgehend behoben" sei. Dem folgte das BG nicht und bestätigte das angefochtene Urt.
2 Aus den Gründen:
"In der Sache hat das AG richtigerweise die Wertung vorgenommen, dass im Kaufvertrag als Beschaffenheit i.S.d. § 434 Abs. 1 S. 1 BGB vereinbart wurde, dass der Frontschaden fachgerecht behoben worden war. Dieses ergibt bereits die Auslegung des Kaufvertrags gem. §§ 133, 157 BGB, denn wenn ein Mitarbeiter (Kfz-Techniker) desjenigen Autohauses, welches durch einen Kfz-Meister das Fahrzeug repariert hatte, gegenüber seinem Vertragspartner angibt, dass ein Frontschaden “behoben’ sei, dann ist dieses nur dahingehend zu verstehen, dass dieses fachgerecht in der Meisterwerkstatt erfolgt sei. Es ist für die Kammer nicht nachvollziehbar, warum das Wort “behoben’ unter diesen Umständen nur “weitestgehend behoben’ heißen soll. Das Wertverhältnis der vorgenommenen Reparatur zur die vorhandenen Mängel beseitigenden (weiterhin notwendigen) Reparatur spielt hierfür keine Rolle. Es ist allein entscheidend, ob sich Sachmängel am Fahrzeug befinden oder nicht. War die Reparatur – wie hier – nicht ordnungsgemäß durchgeführt, so stehen dem Käufer, der von einem fachgerecht behobenen Schaden ausgehen durfte, die entsprechenden Gewährleistungsrechte des Kaufrechts zu. Im Übrigen wäre es für den Verkäufer ein Leichtes gewesen, in den Kaufvertrag aufzunehmen, dass der Frontschaden nur “weitestgehend behoben’ sei. In einem solchen Fall hätte er sich möglicherweise jedoch weiterer Nachfragen versehen oder aber hätte dem Käufer mit dem Kaufpreis (weiter) entgegenkommen müssen."
Auch die Beweiswürdigung im erstinstanzlichen Urt. genügt nach Überzeugung der Kammer den Anforderungen, die von der Rspr. zu § 286 Abs. 1 ZPO entwickelt worden sind. Sie ist weder unvollständig noch in sich widersprüchlich. Ein Verstoß gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze ist ebenfalls nicht ersichtlich. Das erkennende Gericht hat sich auf der Grundlage der Ergebnisse der Beweisaufnahme schlicht davon überzeugen können, dass auch der bei Kaufvertragsschluss für den Bekl. handelnde Zeuge S davon ausging, dass das Fahrzeug von einem erfahrenen Kfz-Meister fachgerecht repariert worden sei und dass er dieses dem Kl. auch mitteilte. Dieses hat das AG nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, so dass zu einer anderen Würdigung des objektiven Beweis- und Erklärungswertes kein Anlass besteht. Eine erneute Beweisaufnahme ist deshalb in der zweiten Instanz nicht geboten. Der Zeuge hat die entsprechenden Angaben nach dem Protokoll der mündlichen Verhandlung tatsächlich wie in der angefochtenen Entscheidung aufgeführt gemacht.
Das AG hat in diesem Zusammenhang korrekterweise darauf hingewiesen, dass sich eine Partei die bei einer Beweisaufnahme zutage tretenden ihr günstigen Umstände regelmäßig zumindest hilfsweise zu Eigen macht (vgl. BGH VersR 1991, 467; NJW-RR 2010, 495), mithin hier der Kl. die Angaben des Zeugen S. Damit greift der Einwand des Bekl., nicht einmal der Kl. habe die Vereinbarung einer fachgerechten Reparatur vorgetragen, nicht durch.
Darüber hinaus hat die Zeugin P, die Ehefrau des Kl., die Angaben des Zeugen S bestätigt, indem sie ausgeführt hat, dass dieser seinerzeit gesagt habe, dass das Auto in der Toyota-Werkstatt repariert worden sei und keine Mängel habe. Dass der Zeuge S von den technischen Details der Reparatur des Frontschadens keine genauen Kenntnisse hatte, steht einer Vereinbarung einer erfolgten fachgerechten Reparatur nicht entgegen.
Eine solchermaßen vereinbarte Beschaffenh...