Als Teil des Interessenausgleichs für eine sachgerechte Nutzung benachbarter Grundstücke setzt ein solcher Anspruch auf Seiten des Anspruchstellers stets eine Störung seines Eigentums oder Besitzes an einem Grundstück voraus. Der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch erfasst Folgeschäden nur dann, wenn und soweit diese sich aus der Beeinträchtigung der Substanz oder Nutzung des betroffenen Grundstücks entwickelten.
§ 906 Abs. 2 S. 2 BGB setzt voraus, dass die Einwirkung von einem anderen Grundstück ausgeht. Deshalb findet er unmittelbar keine Anwendung auf den Fall, dass durch eine Wohneinheit eine andere geschädigt wird, die sich auf demselben Grundstück befindet.
I. Ansprüche der Mietparteien untereinander
§ 906 Abs. 2 S. 2 BGB analog steht den Mietern von Wohnungen auf demselben Grundstück wegen beeinträchtigender Immissionen (z.B. Zuleitungsschlauch zu einem Waschbecken platzt in der Nacht) nicht zu.
Hier beeinträchtigt die Immission nicht ein anderes Grundstück, wie es der Wortlaut des § 906 Abs. 2 S. 2 BGB fordert, sondern lediglich einen Teil desselben Grundstücks. Zur Begründung führt der BGH an, dass § 906 BGB Teil des bürgerlich-rechtlichen Nachbarrechts der §§ 905 ff. BGB sei und in diesem rein grundstückbezogenen Regelungszusammenhang Normen, die das Verhältnis von Mietern untereinander regeln, nicht zu erwarten seien. Sie müsse man im Mietrecht suchen, wo es aber an entsprechenden Bestimmungen fehle. Diese Regelungslücke könne dem Gesetzgeber auch nicht verborgen geblieben sein. Schließlich sei auch die Interessenlage u.a. deshalb nicht vergleichbar, weil das Verhältnis von Mietern untereinander keine rechtliche Ausgestaltung erfahren habe und es deshalb an einer näheren – strukturell dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis gleichenden – Bindung fehle. Zudem bedürfe es einer solchen spezifischen Regelung überhaupt nicht. Denn der Mieter könne vom Vermieter, eine von Dritten, insbesondere von Mitmietern, ungestörte Gebrauchsgewährung verlangen.
Fazit: Die Rechtsprechung zieht die Notbremse, um die Anwendung des § 906 Abs. 2 S. 2 BGB nicht ausufern zu lassen und verneint eine weitere Analogie. Es wird nicht darauf verzichtet, dass die Störung – wie es dem unmittelbaren Anwendungsbereich des § 906 BGB entspricht – von einem anderen Grundstück ausgeht.
Schwer nachvollziehbar ist zwar, dass der Mieter einen Anspruch gem. § 906 Abs. 2 S. 2 BGB erhält, wenn der Wasserschaden vom Nachbarhaus ausgeht, nicht aber, wenn die Schadenursache in der Wohnung über ihm liegt. Die Zahlungspflicht hängt damit oft nur vom Zufall ab, ob auslaufendes Wasser aufgrund baulicher Besonderheiten eher zur Seite ins Nachbarhaus oder der Schwerkraft folgend durch die Decke nach unten abläuft. Das Ergebnis der Rechtsprechung scheint trotzdem nicht unbillig, da man sich gegen Schäden durch Wasser hinreichend versichern kann.
II. Beeinträchtigung innerhalb von Wohnungseigentümergemeinschaften
Der BGH hat in seiner Entscheidung allein für das Verhältnis von Mietern untereinander eine Analogie des § 906 Abs. 2 S. 2 BGB verneint.
1. Sondereigentümer gegen Sondereigentümer
Hinsichtlich des Ausgleichsanspruchs eines Sondereigentümers bei der von einem anderen Sondereigentum ausgehenden Beeinträchtigung ist eine BGH-Entscheidung noch nicht ergangen. Da der BGH aber auf das Erfordernis der Grundstückmehrheit abstellt, müsste er konsequenterweise im Ergebnis genauso entscheiden wie für das Verhältnis von Mietern untereinander.
Führt man sich aber vor Augen, dass dem Gesetzgeber, bei Schaffung des § 906 BGB, Mehrfamilienhäuser und Hochhäuser unbekannt waren, könnte bei diesem Personenkreis eine Analogie durchaus angenommen werden. Da die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft engen rechtlichen Bindungen unterliegen, wäre es gerechtfertigt, diese wie "echte" Nachbarn zu behandeln.
So hat das LG Bochum und das OLG Stuttgart den § 906 Abs. 2 S. 2 BGB im Verhältnis von Wohnungseigentümern entsprechend angewandt.
Das OLG Stuttgart führt dabei zur Begründung heran, dass zwar keine Grundstückseigentümer betroffen sind, die Norm jedoch auf Wohnungseigentümer entsprechend anzuwenden sei. Die Fälle sind – im Gegensatz zu Mietern – strukturell gleich gelagert. Zwischen Wohnungseigentümern bestehe – wie §§ 14 Nr. 1 und 15 Abs. 3 WEG zeigen – ein gesetzliches Schuldverhältnis, in dem das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme ebenso gilt wie im Nachbarverhältnis von Grundstückseigentümern. Da dieses Rücksichtnahmegebot in § 906 BGB eine Ausprägung erfahren habe, die auch auf Wohnungseigentümer übertragbar sei und von dem objektiven Regelungsplan des Gesetzes her bei Erkennen der Lücke auch übertragen worden wäre, ist die Vorschrift einschließlich des § 906 Abs. 2 S. 2 BGB auf das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander entsprechend anwendbar. Dass daneben auch noch eine Verschuldenshaftung in Betracht komme, sei für die Frage der Gesetzesanalogie ohne Bedeutung.
In der Entscheidung des LG Bochum wu...