RVG § 10
Leitsatz
Die von dem Rechtsanwalt unterzeichnete Kostenrechnung muss eine Unterschrift erkennen lassen, d.h. einen die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnenden Schriftzug, der individuelle und entsprechende charakteristische Merkmale aufweist, die die Nachahmung erschweren, sich als Wiedergabe eines Namens darstellt und die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung erkennen lässt (hier bejaht).
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.4.2012 – I-24 U 166/11 (rk)
Sachverhalt
Die klagende Anwaltssozietät hatte gegen die Bekl. vor dem LG D für die Tätigkeit in einer Nachlassangelegenheit einen Honoraranspruch i.H. v. 4.537,11 EUR geltend gemacht. Die diesbezügliche Kostenberechnung v. 6.6.2007 war von dem die Sache bearbeitenden Rechtsanwalt G. unterzeichnet. Das LG hat der Klage stattgegeben. Die hiergegen eingelegte Berufung der Bekl. hat das OLG Düsseldorf zurückgewiesen.
2 Aus den Gründen:
“ … I. Mit der Berufung wendet sich die Bekl. allein dagegen, dass es an einer unterschriebenen Kostenrechnung fehle und die eingeklagte Vergütung deshalb nicht einforderbar sei. Davon, dass die der Bekl. von der Kl. vorprozessual übermittelte Kostennote v. 6.6.2007 den Anforderungen des § 10 Abs. 1 RVG entspricht, ist das LG jedoch mit Recht ausgegangen.
1. Nach § 10 Abs. 1 S. 1 RVG kann der Rechtsanwalt die Vergütung nur aufgrund einer von ihm unterzeichneten und dem Auftraggeber mitgeteilten Berechnung einfordern. Aus dem Erfordernis, dass die Berechnung von Rechtsanwalt unterzeichnet worden sein muss, folgt zum einen, dass die Berechnung schriftlich (§ 126 BGB) erfolgen muss, und zum anderen, dass der Anwalt die Berechnung unterzeichnen muss (Mayer/Kroiß, RVG, 5. Aufl., § 10 Rn 10; Gerold/Schmidt/Madert, RVG, 19. Aufl., § 10 Rn 5 und 7). Durch die Unterzeichnung der Berechnung soll der Rechtsanwalt die rechtliche Verantwortung für die Richtigkeit der Berechnung übernehmen (vgl. BGH NJW-RR 2004, 1144; Gerold/Schmidt/Madert, a.a.O., § 10 Rn 7). Grds. ist eine eigenhändige handschriftliche Unterschrift erforderlich (Mayer/Kroiß, a.a.O., § 10 Rn 10), wobei bei einer Sozietät die Unterschrift eines Sozius ausreicht (Mayer/Kroiß, a.a.O., § 10 Rn 10; Gerold/Schmidt/Madert, a.a.O., § 10 Rn 7 m.w.N.).
§ 126 BGB verlangt nicht, dass die Unterschrift lesbar sein muss. Jedoch darf es sich nicht um eine bloße Paraphe, Handzeichen oder sonstige Abkürzung des Familiennamens handeln. Insofern kann die Rspr. zu den Anforderungen an eine Unterschrift bei prozessbestimmenden Schriftsätzen (§§ 129, 130 Nr. 6 ZPO) herangezogen werden (Staudinger/Hertel, BGB, Neubearbeitung 2004, § 126 Rn 143; vgl. a. Palandt/Ellenberger, BGB, 70. Aufl., § 126 Rn 10). Erforderlich, aber auch genügend, ist danach das Vorliegen eines die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnenden Schriftzugs, der individuelle und entsprechende charakteristische Merkmale aufweist, die die Nachahmung erschweren, sich als Wiedergabe eines Namens darstellt und die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung erkennen lässt (st. Rspr.; vgl. BGH NJW 1994, 55; NJW 1996, 997; NJW 1997, 3380, 3381; NJW 2005, 3775; NJW-RR 2007, 351; MüKo-BGB/Einsele, 5. Aufl. § 126 Rn 17), selbst wenn er nur flüchtig niedergelegt ist und von einem starken Abschleifungsprozess gekennzeichnet ist (BGH NJW-RR 1997, 760; FamRZ 1997, 737; NJW 2005, 3775). Unter diesen Voraussetzungen ist selbst ein vereinfachter und nicht lesbarer Namenszug als Unterschrift anzuerkennen, wobei insb. von Bedeutung ist, ob der Unterzeichner auch sonst in gleicher oder ähnlicher Weise unterschreibt (so BGH NJW 1994, 55; NJW-RR 1997, 760; FamRZ 1997, 737; NJW 2005, 3775). Ein Schriftzug, der als bewusste und gewollte Namensabkürzung erscheint (Handzeichen, Paraphe), stellt demgegenüber keine formgültige Unterschrift dar (vgl. BGH NJW 1967, 2310; NJW 1985, 1227; NJW 1987, 1333, 1334; NJW 1994, 55; NJW 1996, 3164; NJW 1997, 3380, 3381 m.w.N.; NJW-RR 2007, 351; MüKo-BGB/Einsele, a.a.O., § 126 Rn 17; Staudinger/Hertel, a.a.O., § 126 Rn 143; Palandt/Ellenberger, a.a.O., § 126 Rn 10). Ob ein Schriftzug eine Unterschrift oder lediglich eine Abkürzung (Handzeichen, Paraphe) darstellt, beurteilt sich nach dem äußeren Erscheinungsbild (BGH NJW 1994, 55; NJW 1996, 3164; NJW 1997, 3380, 3381; NJW 2001, 316; NJW-RR 2007, 351; BAG NZA 2008, 521; Staudinger/Hertel, a.a.O., § 126 Rn 143). Bei der Prüfung, ob eine Unterschrift vorliegt, kann eine dem Schriftzug beigefügte Namenswiedergabe in Maschinenschrift zur Deutung vergleichend herangezogen werden (BGH NJW 1992, 243; NJW-RR 1997, 760; vgl. a. BGH NJW 1997, 3380, 3381). In Anbetracht der Variationsbreite, die selbst Unterschriften ein und derselben Person aufweisen, ist insoweit ein großzügiger Maßstab anzulegen, wenn die Autorenschaft gesichert ist (BGH NJW 1987, 1333, 1334; NJW-RR 1997, 760; NJW 1997, 3380, 3381; NJW 2005, 3775; NJW-RR 2007, 351; Staudinger/Hertel, a.a.O., § 126 Rn 143; Palandt/Ellenberger, a.a.O., § 126 Rn 10). So hat die Rspr. (BGH NJW 1997, 3380, 3381) z.B. in einem “K’ mit weiter...