Die Mehrzahl der Verfahren betreffend § 26 StVO zeichnet sich durch eine für alle Beteiligten unzufriedenstellende Beweislage aus. Neben dem Betroffenen ist meist nur der feststellende Polizeibeamte (ggf. auch mehrere) existent, der in der Hauptverhandlung einen Verstoß bekundet, der "Massengeschäft" ist und über den meist aber keine weiteren detaillierten Aufzeichnungen gemacht werden. Erinnerungen der Zeugen sind daher genau zu prüfen und mit anderen Zeugenaussagen oder anderen Beweismitteln abzugleichen. Günstig ist natürlich, wenn die Feststellung des Verstoßes mittels einer Videoaufzeichnung und der anschließenden Inaugenscheinnahme im Rahmen der Hauptverhandlung erfolgen kann. Dies dürfte jedoch allenfalls dort stattfinden, wo im Rahmen von regelmäßig stattfindenden Schulwegsicherungen systematische Verstöße der Kraftfahrer festgestellt werden. Eine Vernehmung des querungswilligen Fußgängers ist leider (nahezu) nie möglich, da dessen Personalien durch die eingesetzte Polizei i.d.R. nicht festgestellt werden. Aus Sicht der Verfolgungsbehörden ist hier das Hauptproblem zu sehen, das spiegelbildlich beste Verteidigungschancen eröffnet. Kann etwa der Fußgänger selbst oder ein anderer vor Ort anwesender Fußgänger Angaben bestätigen, die der Betroffene zu seiner Entlastung gemacht hat, so wird eine Verurteilung meist kaum noch wahrscheinlich sein. Es ist also in jedem Falle zu prüfen, ob einer der aus der Akte ersichtlichen Zeugen nähere Angaben zur Person des Fußgängers machen kann, damit dieser notfalls namhaft gemacht und als Zeuge benannt werden kann.
Einer Feststellung und Befragung des Fußgängers über seine Absicht durch den den Vorgang beobachtenden Polizeibeamten bedarf es aber nicht zwingend, da – wie bereits dargestellt – sein objektiv feststellbares Gesamtverhalten maßgeblich sein soll.
Aussagen von Entlastungszeugen, die dem Betroffenen nahestehen, sind naturgemäß vorsichtig zu würdigen. So kann insbesondere bei nahezu wörtlicher Übereinstimmung der Zeugenaussage mit der Einlassung des Betroffenen rechtsfehlerfrei von dem Tatrichter einer einzelnen entgegenstehenden polizeilichen Aussage geglaubt und gem. § 26 StVO verurteilt werden.
Beruft sich der Betroffene auf eine herabgesetzte Erkennbarkeit des Zebrastreifens, so sollte er (bzw. sein Verteidiger) die Situation der Anfahrt näher darlegen und glaubhaft machen. Hierzu zählen sicher Lichtbilder des Zebrastreifens, vor allem aus der Richtung des Fahrers, dem der Vorwurf ordnungswidrigen Verhaltens gemacht wird. Der Verteidiger sollte derartige Lichtbilder vorlegen und notfalls deren Inaugenscheinnahme beantragen, um die Möglichkeit der späteren Rechtsbeschwerdeeinlegung nicht zu verschenken. Als Richter ist daran zu denken, dass im Falle einer Inaugenscheinnahme eines derartigen Fotos dieses zur Akte zu nehmen ist, damit das Gericht von der vereinfachten Einbeziehung des Lichtbildes in die Urteilsgründe durch Verweisung nach § 267 Abs. 1 S. 3 StPO Gebrauch machen kann.
Zunehmende Zeitdauer wird die Erinnerung der Zeugen beeinträchtigen, so dass genau zu prüfen ist, an was sich der Zeuge noch im Einzelnen erinnert. Für den Richter/Mitarbeiter der Verwaltungsbehörde kann es hier sinnvoll sein, frühzeitig von Zeugen schriftliche Zeugenaussagen/dienstliche Stellungnahmen anzufordern, damit sich diese noch einmal mit ihrer Erinnerung auseinandersetzen und später im Verfahren diese "alten" Aufzeichnungen vorgehalten werden können. Aus Sicht des Verteidigers sollten aus demselben Grund eine zu frühe Anregung in diese Richtung unterbleiben. Eine zeitnah vor der Hauptverhandlung angeregte Einholung einer Zeugenaussage kann dagegen dazu führen, Erinnerungslücken zu offenbaren und ohne Hauptverhandlung zu einer Einstellung des Verfahrens zu gelangen. Diese gegenläufigen Gesichtspunkte sind natürlich stets einzelfallabhängig zu prüfen und gegeneinander abzuwägen.
Die Belästigung/Beeinträchtigung des Fußgängers durch die Überquerung des Kraftfahrzeugs kann nur durch Zeugenbeweis stattfinden. Grundsätzlich ist eine äußerlich sichtbare Reaktion auf die Fahrweise des Kraftfahrers erforderlich. Sind aber Feststellungen über die äußerliche Reaktion des Fußgängers nicht getroffen worden und versteht sich eine Beeinflussung nicht von selbst (s.o.), dann kann der Nachweis einer Beeinflussung des Fußgängers nur durch seine Anhörung geführt werden.