Als Paradefall wird sogar in Lehrbüchern die Konstellation benannt, dass ein die Geschwindigkeit überschreitender Polizeibeamter (privat) gemessen wird und nun das Bußgeld oder sogar das Fahrverbot dadurch umgehen möchte, dass er eine Sonderrechtskonstellation i.S.d. § 35 StVO behauptet. Zwar entfällt für einen Polizeibeamten das Vorrecht des § 35 StVO nicht nur deshalb, weil er sich gerade nicht im Dienst befindet. Die Polizei handelt im Einsatz bzw. hoheitlich auch dann, wenn sie in zivil agiert oder keinen besonderen Einsatzbefehl hat. Die Geschwindigkeitsüberschreitung eines Polizeibeamten im privaten Pkw zum Zwecke der Verfolgung eines verdächtigen Straftäters ist etwa gerechtfertigt, wenn unter Berücksichtigung der Gesamtumstände die sofortige Diensterfüllung wichtiger erscheint als die Beachtung der Verkehrsregeln. Auch für zulässig erachtet wird in engen Grenzen eine eigene Geschwindigkeitsüberschreitung zum Zweck der Kontrolle der Geschwindigkeit.
Der Betroffene muss deshalb vor der Behörde bzw. vor Gericht dartun, dass er sich in einer Situation befand, in der er – trotz privater Fahrt – Hoheitsrechte in Anspruch nehmen musste und dabei zulässigerweise gegen Verkehrsregeln verstoßen hat. Hierbei sind mehrere Umstände nachprüfbar, so dass der Verteidiger auf eine unangreifbare Darstellung achten sollte. Zum einen ist es bereits verdächtig, wenn ein solcher "Einsatz" auf einer Urlaubsfahrt oder weit außerhalb des eigenen Reviers stattgefunden hat. Die Beschreibung des angeblich zu verfolgenden Sachverhalts und/oder Täters und/oder Fahrzeugs sollte hinreichend genau ausfallen, insbesondere Fahrzeugtyp, Kennzeichen, Anhaltevorgang etc. sollten wie bei einer Akte im regulären Dienst notiert worden sein, um das Indiz des vorgeschobenen Einsatzes zu entkräften. Natürlich muss auch die Konsequenz eines solchen Einsatzes notiert und begründet werden, also welche Ahndung auf welcher Grundlage erfolgte, ob "nur" eine Verwarnung und wenn ja, warum nur mündlich ausgesprochen wurde. Dazu sollte unverzüglich beim Einsatz oder direkt danach die eigentlich örtlich zuständige Stelle informiert worden sein, um den Vorgang zu den Akten zu bringen bzw. um mögliche Folgemaßnahmen zu initiieren. Insbesondere muss sich der betroffene Beamte darüber im Klaren sein, dass die Behörde oder das Gericht Nachforschungen bei der Heimatdienststelle anstellen werden, um das Fachgebiet des Betroffenen und z.B. dessen Einsatzhäufigkeit bei Verfolgungsfahrten in den letzten Jahren zu erfragen, um die Glaubwürdigkeit zu verifizieren. Dass die Ladung des Personalverantwortlichen oder des Dienststellenleiters als Zeuge ebenfalls in Betracht kommt, muss der Verteidiger dem Betroffenen klar verdeutlichen.