VVG § 14; BGB § 199
Leitsatz
1. Die Gesamtansprüche (sog. Stammrecht) aus einem dem VR vom VN mitgeteilten Versicherungsfall der Berufsunfähigkeit sind mit konkreter Anzeige beim VR erhoben und verjähren innerhalb der regelmäßigen Verjährung gem. §§ 195, 199 BGB mit der Entstehung des Anspruchs.
2. Die Entstehung eines Anspruchs gem. § 199 Abs. 1 BGB, auch eines versicherungsrechtlichen Anspruchs, setzt seine Fälligkeit voraus (Anschluss: BGH VersR 1955, 97 f. zur Verjährung eines Berufsunfähigkeitsversicherungsanspruchs nach § 12 Abs. 1 VVG a.F.).
3. Die Fälligkeit eines versicherungsrechtlichen Anspruchs ist nach den Fälligkeitsvorschriften des § 14 Abs. 1 VVG n.F. (= § 11 Abs. 1 VVG a.F.) zu bestimmen.
OLG Stuttgart, Urt. v. 3.4.2014 – 7 U 228/13
Sachverhalt
Der Kl. begehrt im Wesentlichen aus zwei Versicherungsverträgen die Zahlung rückständiger Berufsunfähigkeitsrenten von Februar 2007 bis Januar 2014 sowie die Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente von Februar 2014 bis Dezember 2025, weil er aufgrund einer Bandscheibenerkrankung, motorischen Ausfällen im linken Bein und Bluthochdruck seinen Beruf als Kraftfahrer nicht fortführen könne. Seinen im Januar 2007 gestellten Leistungsantrag hatte die Bekl. zurückgewiesen; der Kl. hatte sein Begehren daraufhin nicht weiter verfolgt. Im November 2011 machte er erneut wegen dieser Erkrankungen Leistungen geltend und erhob nach erneuter Zurückweisung im Mai 2013 Klage, die er – auch – auf eine Falschberatung des Versicherungsvertreters wegen der Verweisungsmöglichkeiten der Bekl. stützte. Das LG wies die Klage wegen Verjährung insgesamt ab.
2 Aus den Gründen:
" … II. Die zulässige Berufung des Kl. ist unbegründet. Die behauptete 50 %-ige Berufsunfähigkeit wegen eines Bandscheibenvorfalls und der damit einhergehenden Folgen im linken Bein und der Bluthochdruck können, wie auch die Verweisung, dahinstehen. Sämtliche vertragliche Ansprüche auf BU-Rente und Beitragsbefreiung aufgrund der genannten Erkrankungen sind seit spätestens 1.1.2011 verjährt. Gleiches gilt für den vom Kl. in Form eines Schadensersatzanspruches geltend gemachten Sekundäranspruch i.H.v. 7.460,58 EUR. Mangels Hauptanspruchs, weil verjährt, stehen dem Kl. gegen die Bekl. auch keine Nebenforderungen in Form von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten gem. §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB und Rechtshängigkeitszinsen gem. §§ 291, 288 Abs. 1 BGB zu. Die Ansprüche aus den Nebenforderungen sind mit dem Hauptanspruch ebenfalls verjährt, § 217 BGB."
1. Vertragliche Ansprüche aus dem hier geltend gemachten Versicherungsfall zum Versicherungsvertrag Nummer xxx-798, der bereits mit Leistungsantrag v. 20.1.2007 identisch geltend gemacht wurde, sind verjährt, § 214 Abs. 1 BGB.
a) Die mit Anwaltsschreiben v. 22.11.2011 geltend gemachten Ansprüche aus dem bereits früher geltend gemachten Versicherungsfall verjähren gem. §§ 195, 199 Abs. 1 BGB (Art. 3 Abs. 3 S. 1 EGVVG).
aa) Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag verjähren gem. § 12 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 VVG a.F. bei Lebensversicherungen in 5 Jahren. Die Parteien haben den hier streitgegenständlichen Lebensversicherungsvertrag mit der Versicherungsvertragsnummer xxx-798 im Jahr 2000 geschlossen, weshalb Versicherungsvertragsrecht a.F. nach Maßgabe der Übergangsregelungen anwendbar ist.
Ansprüche aus einer – selbstständigen oder als Zusatzversicherung abgeschlossenen – Berufsunfähigkeitsversicherung verjähren in der für die Lebensversicherung geltenden Frist von 5 Jahren gem. § 12 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 VVG a.F. und nicht in 2 Jahren gem. § 12 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 VVG a.F. (BGH VersR 1988, 1233 ff.).
Art. 3 Abs. 1 EGVVG bestimmt, dass § 195 BGB, somit die Regelverjährung von 3 Jahren, auf Ansprüche anzuwenden ist, die am 1.1.2008 noch nicht verjährt waren. Art. 3 Abs. 3 S. 1 EGVVG unterwirft den konkreten Versicherungsfall der jeweiligen Verjährungsfrist, die kürzer ist, weshalb der Versicherungsfall aus dem Jahr 2007 nicht erst nach Ablauf der 5-jährigen Verjährungsfrist des § 12 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 VVG a.F. endet (31.12.2012), sondern bereits nach Ablauf der 3-jährigen Verjährungsfrist gem. §§ 195, 199 Abs. 1 BGB (31.12.2010).
Entgegen der Auffassung der Berufung gibt es keine Anhaltspunkte, dass Art. 3 Abs. 3 S. 1 EGVVG restriktiv auszulegen ist. Insbesondere sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass entgegen dem Wortlaut von Art. 3 Abs. 3 S. 1 EGVVG nicht die “kürzere‘, sondern die “längere‘ Verjährungsfrist anzuwenden ist. Die Ansprüche aus dem Versicherungsfall aus dem Jahr 2007 verjähren deshalb nicht in der längeren 5-Jahres-Frist des § 12 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 VVG a.F., sondern gesetzeswortlautkonform gem. Art. 3 Abs. 3 S. 1 EGVVG innerhalb der verkürzten Frist der §§ 195, 199 Abs. 1 BGB innerhalb der 3-jährigen Regelverjährung.
bb) Die Bekl. verhält sich nicht entgegen Treu und Glauben gem. § 242 BGB, wenn sie sich auf die Einrede der Verjährung beruft.
Entgegen der Auffassung der Berufung bestand keine Informationspflicht der Bekl., ihre VN und damit auch den Kl. von der Gesetzesänderung in Art. 3 Abs. 1 und Abs. 3 S. 1 EGVVG zu u...