" … Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig und begründet. Die Bekl., deren Haftung nach § 7 Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz i.V.m. § 115 Versicherungsvertragsgesetz dem Grunde nach unstreitig ist, hat der Kl. auch die Wertminderung zu ersetzen."
1. Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Erstgericht davon ausgegangen, dass der Geschädigte gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB den zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag beanspruchen kann. Für die Berechnung von Kfz-Schäden stehen dem Geschädigten im Allgemeinen zwei Wege der Naturalrestitution zur Verfügung stehen: Die Reparatur des Unfallfahrzeugs oder die Anschaffung eines (gleichwertigen) Ersatzfahrzeugs (vgl. BGH, Urt. v. 2.3.2010 – VI ZR 144/09, VersR 2010, 785 ff.; BGHZ 181, 242 ff.; 168, 43 ff.; 162, 161, 165; 154, 395, 397 f.). Verursacht allerdings bei mehreren zum Schadensausgleich führenden Möglichkeiten eine den geringeren Aufwand, ist der Geschädigte grds. auf diese beschränkt (vgl. BGH, Urt. v. 22.9.2009 – VI ZR 312/08, VersR 2009, 1554, 1555; BGHZ 169, 263 ff.; 168, 43-48; 154, 395 ff.). Übersteigen die voraussichtlichen Reparaturkosten einschließlich des merkantilen Minderwerts den Wiederbeschaffungswert zwar, halten sie sich aber innerhalb der sog. 130 %-Grenze, so ist das Kfz nach gefestigter höchstrichterlicher Rspr. dann als reparaturwürdig anzusehen, wenn das Fahrzeug fachgerecht und in einem Umfang repariert wird, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat und das Fahrzeug nach dem Unfall i.d.R. sechs Monate weiter genutzt wird (vgl. BGHZ 154, 395; BGH, Urt. v. 13.11.2007 – VI ZR 89/07, zfs 2008, 143; Urt. v. 27.11.2007 – VI ZR 56/07, VersR 2008, 134 f.). Diese Grundsätze werden von der Bekl. auch nicht in Zweifel gezogen.
2. Im Rahmen der danach gebotenen Vergleichsberechnung ist dem Wiederbeschaffungswert die Summe aus Instandsetzungskosten und Minderwert gegenüberzustellen (vgl. BGHZ 115, 364; BGH, Urt. v. 17.3.1992 – VI ZR 226/91, VersR 1992, 710). Dabei ist jedenfalls dann auf die Bruttoreparaturkosten abzustellen, wenn der Geschädigte – wie hier – nicht vorsteuerabzugsberechtigt ist (vgl. BGH, Urt. v. 3.3.2009 – VI ZR 100/08, NJW 2009, 1340; Urt. v. 23.11.2010 – VI ZR 35/10, VersR 2011, 282; Kammerurt. v. 19.3.2010 – 13 S 150/09). Von dieser Berechnungsweise geht auch die Bekl. aus.
3. Danach durfte die Kl. hier auf Reparaturkostenbasis abrechnen.
a) Die voraussichtlichen Reparaturkosten laut Sachverständigengutachten i.H.v. brutto 17.186,21 EUR zzgl. 1.000 EUR Wertminderung belaufen sich auf rund 125 % des Wiederbeschaffungswertes i.H.v. (differenzbesteuert) 14.550 EUR.
b) Das klägerische Fahrzeug wurde auch – wie die Bekl. zuletzt unstreitig gestellt hat – fach- und sachgerecht repariert.
c) Da das klägerische Fahrzeug ausweislich der mit Schriftsatz v. 9.12.2014 vorgelegten Bescheinigung seit dem 7.6.2010 ununterbrochen auf die Kl. zugelassen ist und für eine Überlassung des Fahrzeugs an Dritte keine konkreten Anhaltspunkte ersichtlich sind, hat die Kammer auch keinen vernünftigen Zweifel daran, dass die Kl. das Fahrzeug nach dem Unfall sechs Monate lang weiter genutzt hat.
4. Dass der Geschädigte unter diesen Umständen neben den Reparaturkosten auch die Wertminderung ersetzt verlangen kann, ist seit dem Urt. des BGH v. 15.10.1991 geklärt (vgl. BGH, Urt. v. 15.10.1991 – VI ZR 314/90, BGHZ 115, 364 ff., juris-Rn 8; OLG München NJW 2010, 1462). Die gegenteilige Auffassung des Erstgerichts vermag sich auch nicht auf das Zitat bei Jaeger (zfs 2009, 602 ff.) zu stützen, das sich offenkundig nicht auf die hier in Frage stehenden Fälle der Abrechnung des Reparaturaufwandes bis 130 % bezieht).
5. Unter diesen Umständen schuldet die Bekl. Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe nach §§ 286, 288 BGB. Verzug ist hinsichtlich der Hauptforderung auf der Grundlage des klägerischen Vortrags allerdings nicht vor der Regulierungsverweigerung mit Schreiben v. 5.6.2013 eingetreten.“
Mitgeteilt von dem Präsidenten des LG Saarbrücken, Hans-Peter Freymann
zfs 9/2015, S. 504 - 505