I. Antragstellung
Gegenstand des Adhäsionsverfahrens sind Ansprüche, die aus Vermögenswerten abgeleitet werden oder auf vermögenswerte Leistungen gerichtet sind, v.a. Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüche. Es ist nicht erforderlich, dass der Anwalt den Geschädigten bereits als Nebenkläger in dem Verfahren vertritt. Auch ein isoliertes Adhäsionsverfahren ist anerkannt.
II. Vorgehen der Prozessbeteiligten
Der Geschädigtenvertreter muss darauf achten, dass der Strafrichter zum einen nicht vermeintliche zivilrechtliche Hindernisse behauptet, andererseits seinen durch die ZPO vorgegebenen Pflichten nachkommt. Insbesondere ist die Wertgrenze für die sachliche Zuständigkeit nach §§ 23, 71 GVG nicht relevant und es besteht folgerichtig auch kein Anwalts-zwang. Das Gericht hat gem. § 139 ZPO analog eine Hinweispflicht bei unklarem oder unvollständigem Sachvortrag, ohne dabei allerdings die Antragstellung beeinflussen zu dürfen. Hier sind die Grenzen zur Befangenheit leicht zu überschreiten, so dass der Verteidiger besondere Aufmerksamkeit walten lassen muss. Aufgrund des Amtsermittlungsgrundsatzes muss der Geschädigte nicht wie im Zivilprozess alle Beweismittel benennen. Andererseits darf nur der mündlich vorgetragene und erörterte Prozessstoff dem Urteil zugrunde gelegt werden.
Der Geschädigtenvertreter muss, u.a. durch Akteneinsicht, sicherstellen, dass ein vor der Hauptverhandlung gestellter Antrag tatsächlich zugestellt wird, § 404 Abs. 1 S. 3 StPO. Eine Heilung nach §§ 37 StPO, 189 ZPO ist allerdings möglich.
Wird gem. § 405 StPO in der Hauptverhandlung ein Vergleich geschlossen, müssen Verteidiger und Geschädigtenvertreter auf genaue Protokollierung achten (v.u.g.!), des Weiteren die Besonderheit im Hinterkopf behalten, dass auch andere als vermögensrechtliche Ansprüche Gegenstand des Vergleichs sein können. Ggf. kann die Kostenentscheidung dem Gericht überlassen werden, das dann nach § 472a Abs. 2 StPO im Urteil darüber zu entscheiden hat. Ein Vorgehen nach § 278 Abs. 6 ZPO analog vor der Hauptverhandlung ist nicht zulässig. Ein Vergleich und ein ebenso mögliches Anerkenntnis wirken sich positiv auf die Strafzumessung aus.
Ein zivilrechtliches Anerkenntnis ist jedoch seitens des Verteidigers klar von einem Geständnis abzugrenzen, um denkbare Fehlschlüsse des Gerichts zu vermeiden. Zudem ergeben sich möglicherweise rechtliche Konflikte. Erkennt im Strafverfahren der Täter den zivilrechtlichen Anspruch an und entfällt – warum auch immer – die strafrechtliche Verurteilung, bleibt seine zivilrechtliche Einstandspflicht aufrechterhalten.
III. Entscheidung des Gerichts
Kommt es zum Strafurteil muss auch eine Adhäsionsentscheidung getroffen werden, auch wenn der Antragsteller weder persönlich in der Hauptverhandlung anwesend war, noch durch einen Rechtsanwalt vertreten wurde. Denn der vorab gestellte Adhäsionsantrag begründet keine Anwesenheitspflicht des Geschädigten. Umgekehrt kann bei Abwesenheit des Angeklagten kein Versäumnisurteil ergehen.
Das Gericht kann sich im Strafurteil auf ein Grund- oder Teilurteil über den Adhäsionsanspruch beschränken, auch ein Feststellungsurteil ist zulässig, sofern das Gericht nicht gem. § 406 StPO von einer Entscheidung über den Adhäsionsantrag ganz absieht. Bei Schmerzensgeldanträgen ist jedoch Letzteres nur unter engen Vorgaben möglich, § 406 Abs. 1 S. 6 StPO. Wird ein Grundurteil (auch über das Mitverschulden des Geschädigten) gefällt, muss vor dem Zivilgericht über die Höhe des Anspruchs gestritten werden, §§ 304 Abs. 2 ZPO, 406 Abs. 3 S. 4 StPO. Der Verteidiger muss bezüglich des Mitverschuldens sehr wachsam sein: Die Anwendung des § 254 BGB durch das Zivilgericht im späteren Betragsverfahren soll wegen § 406 Abs. 3 S. 1 StPO, § 318 ZPO selbst dann nicht mehr zulässig sein, wenn das Strafgericht im rechtskräftig abgeschlossenen Adhäsionsverfahren die Haftung dem Grunde nach bejaht hat und auf die Frage eines mitwirkenden Verschuldens überhaupt nicht eingegangen ist.
Eine Adhäsionsentscheidung hinsichtlich der künftig entstehenden materiellen und immateriellen Schäden ist durch das Gericht im Hinblick auf § 116 SGB X bzw. § 86 VVG unter den Vorbehalt zu stellen, dass eine Ersatzpflicht nur insoweit besteht, als die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder andere Versicherer übergegangen sind.
Derzeit gibt es zudem eine noch nicht endgültig geklär...