Die Kl. ist wohl nicht – wie in den Gründen festgehalten – als Zeugin vernommen, was unzulässig gewesen wäre (zur Verwertbarkeit der Aussage vgl. aber BGH LM Nr. 3 zu § 373 ZPO), sondern nach § 287 Abs. 1 S. 3 ZPO angehört worden. Ob ein gesetzlich krankenversicherter Geschädigter die Mehrkosten einer privatärztlichen Behandlung ersetzt verlangen kann oder auf die Inanspruchnahme der gesetzlichen Krankenversicherung zu verweisen ist, beantwortet die Rspr. durch das Abstellen eines von dem gesetzlich krankenversicherten als "verständigen Geschädigten" zu erwartendem Verhalten (vgl. BGH VersR 2005, 1559; BGH VersR 1970, 129). Grundsätzlich löst der verständige Geschädigte keine Mehrkosten bei der Heilbehandlung durch die Inanspruchnahme einer privatärztlichen Behandlung, stationär und ambulant, aus. Immerhin wird dem verständigen Geschädigten zugestanden, dass er die privatärztliche Behandlung wählen darf, wenn damit von ihm befürchtete Risiken ausgeschlossen oder vermindert werden oder der Heilungsverlauf gefördert wird. Solche Erwartungen wird der Geschädigte in seiner besonderen Lage, die von Pessimismus geprägt ist, oft hegen (vgl. BGH VersR 1970, 129; LG Koblenz NJW-RR 1986, 702; LG Augsburg zfs 1990, 45). Entbehrlich ist diese Prüfung dann, wenn der Geschädigte über Versicherungsschutz verfügt, der privatärztliche Behandlung umfasst oder bei dem Zuschnitt seines Lebens er in der Vergangenheit trotz fehlenden Versicherungsschutzes privatärztliche Behandlungen in Anspruch genommen hatte (vgl. Jäger, in: Halm/Himmelreich, Handbuch des Fachanwalts Verkehrsrecht, 5. Aufl., Kapitel 13 Rn 10). Maßgeblich ist damit die von dem Geschädigten praktizierte Lebensgestaltung (vgl. die Schlossherrenentscheidung des BGH VersR 2005, 1559; Ch. Huber, NZV 2005, 620, 622).
Brisant sind die Fälle, in denen der Geschädigte eine sehr aufwändige privatärztliche Behandlung mit der Begründung überragender, in Deutschland nicht erreichter Sachkunde des ausländischen Mediziners in Anspruch genommen hat (vgl. BGH VersR 1959, 1040). Der BGH hebt als Grundsatz für die Prüfung der Angemessenheit dieser Mehrkosten hervor, dass grds. zur Behandlung dieser Verletzungen auf am Ort vorhandene "tüchtige und erfahrene Ärzte" (VersR 1969, 1042) zurückzugreifen sei, lässt allerdings im entschiedenen Fall eine Liquidation der Mehrkosten der ausländischen Ärzte zu. In die Angemessenheitsprüfung flossen die Überlegungen ein, dass die Geschädigte in Deutschland keine entscheidende Besserung ihres Zustandes erfahren hatte. Den Ausschlag für die Bejahung der Angemessenheit dürfte der Umstand gegeben haben, dass der in Deutschland befragte Chefarzt bei der Unterbreitung der beabsichtigten Operation in den USA die Größe hatte, sich mit einer plastischen Operation seitens des berühmten Handchirurgen in den USA einverstanden zu erklären.
RiOLG a.D. Heinz Diehl
zfs 9/2015, S. 503 - 504