Besteht nach dem Versicherungsvertrag für ein Schadenereignis keine Deckung, kann ein VN sich gelegentlich "Quasi-Deckung" durch einen Schadensersatzanspruch nach § 6 Abs. 4 VVG oder § 63 VVG verschaffen. Das setzt die Verletzung einer Beratungspflicht bei Abschluss (§ 6 Abs. 1 VVG) oder auch einmal während der Dauer eines Versicherungsvertrags voraus. Während den VR in beiden Phasen des Versicherungsverhältnisses anlassbezogene Beratungspflichten treffen, gilt das für den Versicherungsvertreter nur bei Vertragsabschluss; allerdings werden auch dessen etwaige spätere Sorglosigkeiten dem VR nach § 278 BGB zugerechnet.
Anlass zur Prüfung sind häufig Deckungslücken. Elementarschadenfälle sind dabei ein – vermutlich zunehmendes – Problem. Allerdings gilt: Grds. ist der VN verpflichtet, seinen Absicherungsbedarf selbst zu definieren und bei Unklarheiten Fragen zu stellen. Der VR und sein Vertreter sind nicht gehalten, über die dem VN überlassenen Verbraucherinformationen hinaus den Umfang der Deckung noch einmal beratend darzustellen. Das ist dann anders, wenn die Angaben des VN zu dem abzusichernden Risiko oder Inhalte der Verhandlungen oder Besichtigungen des versicherten Objekts für den geschäftserfahrenen VR erkennbar machen, dass den ausdrücklichen oder konkludenten Absicherungswünschen des VN mit dem angebotenen Produkt (noch) nicht entsprochen ist. Über die fehlende Deckung von separat absicherbaren Elementarschäden ist also grds., vor allem nicht bei einer lediglich den Versicherungsort betreffenden Vertragsumstellung, nicht aufzuklären, solange der VN danach nicht fragt oder das Elementarrisiko für den VR auf der Hand liegt.
Welche Bedeutung allerdings Äußerungen eines Versicherungsvertreters ("alle wahrscheinlichen Gefahren mit Ausnahme eines Kometeneinschlags") haben, ist damit nicht beantwortet. Wäre eine solche Äußerung bewiesen, würden traditionelle Versicherungsjuristen möglicherweise eine Erfüllungshaftung annehmen, die den VR für ausdrückliche oder konkludente Zusagen seiner Vertreter einzustehen verpflichtet: Der Deckungsumfang würde folglich alle terrestrischen Risiken umfassen. Rechtlich zutreffend handelt es sich aber um eine Fehlberatung: Der VN wird in Sicherheit gewogen, sein Hausrat sei, von Kometeneinschlägen abgesehen, umfassend abgesichert. Das würde dann auch für Elementarschäden gelten. Und dafür müsste der VR gem. § 278 BGB einstehen. Gegen die abgedruckte Entscheidung bestehen folglich schwerwiegende Bedenken.
PräsOLG Prof. Dr. Roland Rixecker
zfs 9/2016, S. 515 - 516