In der Praxis kommt es häufig vor, dass Gerichte in der Hektik des Alltags eine Entscheidung über einen Teil des ihnen unterbreiteten Sachverhalts vergessen. Dies kann einen Teil der Hauptsache, aber auch eine Nebenentscheidung betreffen, etwa Zinsen oder Kosten. Besonders gern wird eine Entscheidung über die Kosten des Streithelfers vergessen. Auch der BGH ist – wie der Beschl. des VIII. ZS. des BGH zeigt – vor derartigen Fehlern nicht gefeit. Häufig vergessen die Instanzgerichte auch Kostenentscheidungen in besonderen Verfahrenssituationen, wie etwa die Mehrkosten bei Verweisung (§ 281 Abs. 3 S. 2 ZPO), die dem Kl. aufzuerlegen sind, oder die Kosten der Säumnis, die der säumigen Partei nach § 344 ZPO aufzuerlegen sind.
Die Prozessbevollmächtigten der Parteien sind in solchen Fällen verpflichtet, die ihrem Mandanten durch unterbliebene Kostenentscheidungen drohenden Nachteile abzuwenden, indem sie bei Gericht den richtigen Antrag stellen, damit die unterbliebene (Kosten-)Entscheidung nachgeholt werden kann.
Häufig stellen die Rechtsanwälte in der Praxis lediglich einen Berichtigungsantrag gem. § 319 ZPO, der an sich nicht erforderlich ist, weil eine Berichtigung gem. § 319 Abs. 1 ZPO auch von Amts wegen erfolgen kann. Der BGH hat hier die Voraussetzungen für eine solche Berichtigung herausgearbeitet und insb. klargestellt, dass die versehentliche Abweichung des von dem Gericht Erklärten von dem Gewollten "offenbar" sein muss. Ob diese Voraussetzung vorliegt, ist in der Praxis aber nicht immer eindeutig festzustellen. Zwar sind die Instanzgerichte häufig bereit, dies etwas großzügiger zu behandeln, da sie den von ihnen nachträglich erkannten Fehler nicht durch Ablehnung der Berichtigung perpetuieren wollen. Jedoch kann die Gegenpartei gegen den Berichtigungsbeschluss gem. § 319 Abs. 3 Hs. 2 ZPO sofortige Beschwerde einlegen, so dass das Beschwerdegericht prüft, ob tatsächlich die Voraussetzungen der Berichtigung vorgelegen haben. Beurteilt das Beschwerdegericht dies anders als das die Berichtigung aussprechende Gericht, wird der Berichtigungsbeschluss dann nachträglich aufgehoben, was etwa im Fall des BGH RVGreport 2014, 447 (Hansens) geschehen war. Dort hatte zwar der Prozessbevollmächtigte der Streithelferin das Fehlen der Kostenentscheidung bemerkt. Er hatte jedoch lediglich die Berichtigung beantragt und mit seinem Antrag die für die Ergänzung des Beschl. erforderliche Zweiwochenfrist des § 321 Abs. 2 ZPO nicht gewahrt. Somit konnte der Berichtigungsantrag auch nicht vom Prozessgericht als Ergänzungsantrag ausgelegt werden. Dieser typische Anwaltsfehler führt dann – jedenfalls dem Grunde nach – zum Schadensersatzanspruch des Mandanten.
In einem solchen Fall muss sich der betreffende Prozessbevollmächtigte dann die Frage stellen lassen, ob er nicht neben dem Berichtigungsantrag auch einen Ergänzungsantrag gem. oder (bei Beschlüssen) entsprechend § 321 Abs. 1 ZPO hätte stellen sollen. Der BGH-Anwalt hat dies im vorliegenden Fall beachtet und nach dem Grundsatz des sichersten Weges sowohl einen Ergänzungs- als auch einen Berichtigungsantrag gestellt.
In der Praxis wird allerdings nicht immer beachtet, dass der Ergänzungsantrag gem. § 321 Abs. 2 ZPO innerhalb einer zweiwöchigen Frist zu stellen ist, die mit der Zustellung des Urt. oder Beschl. zu laufen beginnt. Zur Wahrung dieser Frist sollte der Prozessbevollmächtigte nach Zustellung jeder gerichtlichen Entscheidung vorsorglich die Zweiwochenfrist mit Vorfrist notieren lassen, um ggf. einen Ergänzungsantrag rechtzeitig stellen zu können. Hätte hier der BGH-Anwalt diese Frist nicht eingehalten, hätte er sich gegenüber seiner Mandantin, der Streithelferin, schadensersatzpflichtig gemacht und hätte dann deren Kosten selbst übernehmen müssen, die an sich der Kl. aufzuerlegen und von dieser zu tragen waren. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der bei Nachholung der zunächst unterbliebenen Kostenentscheidung bestehende prozessuale Kostenerstattungsanspruch gegen die Kl. – tatsächlich und wirtschaftlich – hätte durchgesetzt werden können.
VorsRiLG a.D. Heinz Hansens
zfs 9/2016, S. 523 - 525