1) Die Skepsis, dass sich deliktische Ansprüche gegen den Hersteller im Zusammenhang mit dem Abgasskandal kaum durchsetzen lassen (Verf., Anm. zu LG Hildesheim zfs 2017, 323 [330]), beruhte darauf, dass voraussehbare Schwierigkeiten hinsichtlich des Nachweises der Kenntnis verfassungsmäßig berufener Vertreter hinsichtlich der Fehlerhaftigkeit der Abgasprüfung bestanden (vgl. Verf., Anm. zfs 2017, 323 [330]). Diese Bedenken haben kein so großes Gewicht, dass der taktische Ratschlag, vorerst eine Klage gegen den Hersteller zu unterlassen, noch entschieden aufrechterhalten werden könnte.
Der Hinweis in der Anmerkung auf Ermittlungstätigkeiten von Staatsanwaltschaften bietet einen ausreichenden Anhaltspunkt und eine Rechtfertigung für eine Klage auch gegen den Hersteller. Dass Einzelheiten der Ermittlungstätigkeit nicht bekannt sind, ein Risiko des Fehlschlagens der Klage gegen den Hersteller fortbesteht, ist hinnehmbar. Die deliktische Haftung des im Zusammenhang mit der Abgasprüfung arglistig täuschenden Herstellers kann so weit gehen, dass eine Rückabwicklung des Kaufvertrages mit dem Händler gefordert werden kann. Die vorsätzliche Vertragserschleichung durch einen vertragsfremden Dritten, den Hersteller, eröffnet nach § 826 BGB gegen diesen einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des manipulierten Kfz (vgl. MüKo-BGB, 7. Aufl. 2017, § 826 Rn 68; Staudinger/Oechsler, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Neubearbeitung 2014, § 826 Rn 149 und 153; Oechsler NJW 2017, 865 f. m.w.N.).
Für den erforderlichen Nachweis der Kenntnis und Einwilligung verfassungsmäßig berufener Vertreter der Hersteller in die Manipulation der Abgasmessung bestehen angesichts der Ermittlungstätigkeit der Staatsanwaltschaften gute Chancen.
2) Die für die Klage des Käufers gegen Hersteller und Händler sprechenden taktischen Erwägungen sind gravierend!
Aus der Sicht des Kl. wirkt es sich vorteilhaft aus, dass mehrfache Beweiserhebungen vermieden werden, die Beweisaufnahme erfolgt für alle Verfahren einheitlich (vgl. BGH NJW-RR 2003, 1002). Das Gebot sparsamer Prozessführung kann bei Einzelklagen mit der Folge der unterbliebenen Minderung des Kostenerstattungsanspruchs verletzt sein (vgl. BGH NJW 2006, 585).
Da Hersteller und Händler nur einfache Streitgenossenschaften sind – das Sachurteil für und gegen die Streitgenossen kann unterschiedlich ausfallen, da die Zusammenfassung der getrennt zu beurteilenden Verfahren gegen die Streitgenossen (§ 61 ZPO), sodass lediglich eine "nur äußerliche Verbindung mehrerer Prozesse" (BGHZ 8,78) vorliegt.
3) Die Zusammenfassung mehrerer Klagen gegen Streitgenossen in §§ 59, 60 ZPO regelt damit nicht die Zulässigkeit der Klage, sondern allein die der Prozessverbindung (vgl. BGHZ 8, 78).
Dieser begrenzte Regelungsgehalt hat zur Folge, dass Prüfungsmaßstab allein die Zweckmäßigkeit gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung ist (vgl. BGH NJW 1986, 3209).
Der BGH sieht in den gegenüber Hersteller und Händler verfolgten Ansprüchen im Wesentlichen gleichartige Rechte, die auf einer vergleichbaren Tatsachengrundlage beruhen. Zur Beurteilung heranzuziehen ist im Wesentlichen der gleiche Tatsachenstoff, die Vornahme der Manipulation und deren Auswirkungen (vgl. OLG Köln MDR 2018 25; OLG Celle OLGR 2005, 663). Dass zur Beurteilung der Ansprüche gegen die Streitgenossen unterschiedliche Normgruppen, kaufrechtliche und deliktische, heranzuziehen sind, ist angesichts der identischen Klageziele, sich von allen Verpflichtungen aus dem Vertrag zu lösen (vgl. OLG Köln MDR 2018, 25), unschädlich.
4) Hätte der BGH das Vorliegen einer passiven Streitgenossenschaft zwischen Hersteller und Händler abgelehnt, wäre nicht eine Klageabweisung die notwendige Folge gewesen. Die Voraussetzungen der §§ 59, 60 ZPO stellen keine Sachurteilsvoraussetzungen, sondern Voraussetzungen für die subjektive Klageverbindung dar. Fehlt diese, wird der nicht verbindungsfähige Rechtsstreit abgetrennt und gesondert fortgeführt (§ 145 ZPO; vgl. Schumann JuS 1974, 308).
5) Vor einer Bestimmung des gemeinsamen Gerichts für Streitgenossen ist zu prüfen, ob ein gemeinsamer Gerichtsstand für die Streitgenossen besteht (vgl. Vossler NJW 2006, 117 [119 f.]). Für Schadensersatzansprühe gegen Hersteller und Händler wird häufig der gemeinsame Gerichtsstand des § 32 ZPO gegeben sein, womit die Bestimmungsvoraussetzungen des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO entfallen (eingehend hierzu und zu den Ausnahmen hierzu vgl. Vossler NJW 2006, 117 [120]). Darauf beruhte die Entscheidung des OLG Düsseldorf (Rn 18–21). Da Gerichtsstand nach § 32 ZPO Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit des wegen behaupteten Betruges angefochtenen Kaufvertrages erhoben werden kann, ist der Entscheidung über den Bestimmungsantrag bezüglich des Gerichtsstandes eine Prüfung der Richtigkeit der rechtlichen Einordnung nicht vorzunehmen. Eine solche Vorwegnahme der Prüfung der Hauptsache wäre mit der Eilbedürftigkeit der Zuständigkeitsfrage unvereinbar. Maßgeblich ist vielmehr allein d...