ZPO § 286; AKB 2.3.3
Leitsatz
Der vom VN zu führende Vollbeweis eines Vandalismusschadens scheitert, wenn aus der Art der Beschädigungen zu schließen ist, dass sie nicht durch eine mut- oder böswillige Handlung verursacht worden sein können.
(Leitsatz der Schriftleitung)
OLG Frankfurt, Urt. v. 8.8.2017 – 7 U 24/17
Sachverhalt
Der Kl. war Eigentümer und Halter des Fahrzeugs Marke M und unterhielt bei der Bekl. eine Vollkaskoversicherung mit Selbstbeteiligung. Nach Nr. A.2.3.3 AKB umfasste der Versicherungsschutz "mut- oder böswillige Handlungen von Personen, die in keiner Weise berechtigt sind, das Fahrzeug zu gebrauchen", wobei sich die Höhe der Ersatzleistung nach Nr. A.2.6.2 – wenn das Fahrzeug nicht repariert wird – auf die Reparaturkosten bis zur Höhe des um den Restwerts verminderten Wiederbeschaffungswert belief.
Am 5.3.2016 erstattete der Kl. Strafanzeige gegen unbekannt, weil sein in F. an diesem Tag ordnungsgemäß geparktes Fahrzeug in der Zeit von 16:30 bis 20:30 Uhr komplett zerkratzt worden sei. Der Kl. meldete den Schaden der Bekl. mit Schadensanzeige vom 19.3.2016. Dort gab er an, dass er das Fahrzeug am 28.10.2015 für einen Kaufpreis von 38.300 EUR erworben habe. Die Bekl. ließ den Schaden daraufhin durch einen ihrer Sachverständigen begutachten, der u.a. feststellte, dass das Fahrzeug rundherum mit einem spitzen Gegenstand verkratzt worden sei und Reparaturkosten von netto 11.385,40 EUR bzw. brutto 13.548,63 EUR ermittelte. Der Kl. hatte der Bekl. bereits im Oktober 2013 und im März 2015 Vandalismusschäden an seinen damaligen Fahrzeugen angezeigt, die von ihr jeweils reguliert wurden.
2 Aus den Gründen:
"… Dem Kl. stehen gegenüber der Bekl. keine Ansprüche aus der streitgegenständlichen Kaskoversicherung gem. Nr. A.2.6.2 i.V.m. Nr. A.2.3.3 AKB zu, da er nicht mit der für eine richterliche Überzeugungsbildung erforderlichen Gewissheit (§ 286 ZPO) den Nachweis für das Vorliegen eines bedingungsgemäßen Vandalismusschadens, also einer mut- oder böswilligen Beschädigung erbracht hat."
Nach der obergerichtlichen Rspr. werden dem VN in der Kfz-Kaskoversicherung für den durch die Vollkaskoversicherung abgedeckten Fall der Beschädigungen durch mut- oder böswillige Handlungen unberechtigter Personen (hier gem. Nr. A. 2.3.3 AKB) nicht die für den Diebstahlsfall anerkannten Beweiserleichterungen gewährt, sondern der VN muss den Vollbeweis für das Vorliegen derartiger Beschädigungen erbringen. Grund dafür ist, dass das Vorliegen von derartigen Schäden grundsätzlich anhand des Schadensbildes an dem für eine Beurteilung zur Verfügung stehenden Fahrzeug festgestellt werden kann. Ob nämlich ein Fahrzeug durch eine mut- oder böswillige Handlung Dritter beschädigt wird, entzieht sich nicht typischerweise der Wahrnehmung des VN und ist regelmäßig schon durch das Schadensbild nachweisbar, so dass es insoweit keiner aus dem Versicherungsversprechen abzuleitender Beweiserleichterungen bedarf. Im Gegenzug werden aber auch dem VR, wenn die Beschädigung durch solche Handlungen bewiesen ist, keine Beweiserleichterungen für seinen Einwand zuerkannt, dass die Schäden nicht durch betriebsfremde bzw. nicht berechtigte Personen verursacht worden sind (BGH NJW 1997, 3027 = r+s 1997, 446). Dieser Rspr. schließt sich der Senat an.
Von diesen Beweisanforderungen ausgehend kann vorliegend nicht festgestellt werden, dass bereits die streitgegenständlichen Schäden am klägerischen Fahrzeug von ihrer Art und ihrem Erscheinungsbild den Nachweis für einen Versicherungsfall erbringen und als bedingungsgemäßer Vandalismusschäden zu werten sind.
Nach obergerichtlicher Rspr. kann der für den VN zu führende Nachweis einer bedingungsgemäßen Beschädigung bereits schon am Schadensbild scheitern, wenn aus der Art der Schäden zu schließen ist, dass die Beschädigungen nicht durch eine mut- oder böswillige Handlung verursacht worden sind. Dies hat das OLG Köln in einem Fall angenommen, bei dem der Täter gezielt – und nicht wahllos – durch Anbringen von Löchern in der Karosserie des Fahrzeugs an bestimmten planmäßig ausgewählten Stellen einen Schaden herbeigeführt hatte, der erkennbar den Sinn hatte, eine möglichst hohe Reparaturkostenkalkulation nach Gutachten zu erreichen, wobei der tatsächliche Reparaturaufwand gering war (vgl. OLG Köln NZV 2012, 240 m.w.N.). In einem anderen Fall, in dem das Fahrzeug vielfältige, oberflächliche Kratzer an zahlreichen Karosserieteilen aufgewiesen hatte, entschied das OLG Köln (vgl. r+s 2014, 65), dass die Schäden nach ihrer Art und ihrem Erscheinungsbild – aufgrund der Diskrepanz zwischen optischem und fachgerechtem Instandsetzungsaufwand – jedenfalls keinen positiven Aufschluss für einen Vandalismusschaden gäben, so dass der Nachweis einer bedingungsgemäßen Fahrzeugbeschädigung jedenfalls nicht schon anhand des Schadensbildes als durch den VN geführt angesehen werden könne.
So verhält es sich hier, da nach Ansicht des Senats das Erscheinungsbild und die Art der Beschädigung für einen Vandalismusschaden untypisch erscheint und der Kl. daher allein mit dem äuße...