Herausgegriffen werden prototypische Konstellationen, selbstverständlich ohne Anspruch auf Vollständigkeit. An neuralgischen Punkten sollen besondere Problemfelder identifiziert und Lösungsvorschläge formuliert werden:
I. Heilungskosten
Den Reparaturkosten beim beschädigten Fahrzeug entsprechen die Heilungskosten beim verletzten Menschen. Es geht um die Wiederherstellung der Substanz. Beim Personenschaden ist man sich – in Deutschland und Österreich – einig, dass diese nicht fiktiv, sondern nur konkret verlangt werden können. Endgültigen Ersatz bekommt der Geschädigte somit nicht schon dann, wenn er legitimerweise ein Gebrechen auf Kosten des Schädigers beseitigen könnte, sondern nur dann, wenn das auch erfolgt. Probleme stellen sich selten bei funktionellen Störungen, häufig dagegen bei äußerlichen Beeinträchtigungen, insbesondere Entstellungen und Narben, bei denen kosmetische Eingriffe in Betracht kommen.
Auch im Rahmen der Heilungskosten muss der Geschädigte nicht mit eigenem Kapital in Vorlage treten, sondern kann einen Vorschuss verlangen, über dessen widmungsgemäße Verwendung er freilich abrechnen muss. Der OGH hat in einer jüngeren Entscheidung – zutreffend – ausgesprochen, dass bei einem Feststellungsurteil der Geschädigte einen solchen Geldbetrag aber nur dann verlangen kann, wenn der Eingriff zeitnah bevorsteht, nicht aber schon dann, wenn er bloß in abstracto in Zukunft in Betracht kommt. In concreto ging es um einen Zahnersatz für möglicherweise unfallbedingt absterbende Zähne, ein Eingriff, der bei der minderjährigen Verletzten aber erst mit dem 17. oder 18. Lebensjahr möglich sein werde.
II. Vermehrte Bedürfnisse
Nachdenklich stimmen muss, dass bei Pflege durch Angehörige die Ersatzleitungen in Österreich und der Schweiz beim Zwei- bis Dreifachen der deutschen Werte liegen. Der überaus maßvolle Stundenlohn dürfte dafür eine Hauptursache sein. Bezugspunkt dürfte eher das faktische Lohnniveau von Billigkräften aus Osteuropa sein; sachgerecht wäre hingegen eine Orientierung am Lohn einer ausgebildeten und in Deutschland angemessen zu entlohnenden Pflegekraft. Beim Zukunftsschaden möge bedacht werden, dass abgesehen davon, dass das Lohnniveau von – häufig nicht ausgebildeten und der deutschen Sprache nur unzureichend kundigen – Billigkräften aus Osteuropa an sich verfehlt ist, die kommenden Jahre und Jahrzehnte aber zudem – voraussichtlich – zu einer Verringerung der Unterschiede führen werden.
Kritisch sei an dieser Stelle auch angemerkt, dass der BGH namentlich beim Haushaltsführungsschaden, aber auch den Pflegeleistungen verlangt, dass sich eine fiktive Ersatzkraft stundenmäßig dem sich infolge stationärer Krankenhausaufenthalte und dem Heilungsverlauf wandelnden Bedarf anpasst, dafür aber – häufig nicht einmal – der tarifliche Lohn in Ansatz gebracht wird. Ansonsten ist es eine ökonomische Binsenweisheit, dass eine zeitlich unterschiedliche Inanspruchnahme solcher Dienstleistungen am Markt mit einer Erhöhung des Stundenlohns einhergeht gegenüber der kontinuierlichen Beschäftigung über einen längeren Zeitraum. Möglicherweise wäre in solchen Fällen das Entgelt von derartige Dienstleistungen anbietenden Agenturen der passendere Ausgangspunkt der richterlichen Schadensschätzung, bereinigt um deren Selbstkosten für die Verwaltung und deren Gewinn. Tendenziell würde das zu höheren Ansätzen führen.
III. Erwerbsschaden
1. Student
Ein Studierender fällt infolge einer vom Ersatzpflichtigen zu verantwortenden Verletzung zwei Semester aus, kann aber dann das Studium wie ohne Verletzung zu Ende führen. Bei Küppersbusch/Höher findet sich der Hinweis, dass der Ersatz sämtliche vermögensrechtlich relevanten Nachteile infolge der Verzögerung der Ausbildung umfasse, wobei namentlich erwähnt wird, dass während eines bestimmten Zeitraums der Wehrsold und der Wert der Bundeswehrverpflegung entgeht. Aus der Perspektive des Ersatzpflichtigen mag dieses Detail bedeutsam sein, namentlich wenn der Anspruchsteller verletzungsbedingt die Wehrpflicht nicht leisten kann, was typischerweise im Rahmen des Vorteilsausgleichs zu berücksichtigen ist. Aus der Sicht des Geschädigten sind andere Dinge maßgeblich, ganz abgesehen davon, dass die Wehrpflicht in Deutschland im Jahr 2011 abgeschafft wurde und ungewiss ist, ob sie wieder eingeführt wird, dieser...