Der berühmte Deliktsrechtler und begnadete Rhetoriker Hein Kötz hat bei einem seiner Vorträge darauf hingewiesen, dass zum Ende eines Vortrags am besten eine Arie in Gestalt eines Ohrwurms geträllert werden sollte, mit dem die Menschen nach Hause gehen. Da ich nicht singen kann, anders als bei einem vorausgehenden Spiegel-Preisträger meine Kinder andere als musischen Begabungen haben, steht wie bei Hein Kötz, der vorgab, auch nicht singen zu können, als second best ein einprägsamen Zitat, am besten aus der Bibel, zu Gebote.
Eine Spiegel-Preisträgerin hat bei ihrer Dankesrede im Rahmen einer akademischen Feier ein Zitat von Sophokles verwendet, das lautete: "Alle Menschen sind Scheusale." Kontrapunktisch nehme ich für mich zwei Bibelzitate in Anspruch, nämlich "Meine Botschaft richtet sich an alle Menschen guten Willens" und "Man solle dem Kaiser geben, was des Kaisers, und Gott, was Gott ist."
Nach meiner Wahrnehmung sind die meisten Menschen nicht Scheusale, sondern solche guten Willens. Leistungen der Haftpflichtversicherer sind keine Almosen, sondern die Erfüllung gesetzlicher Ansprüche der Geschädigten gegen ihre Versicherungsnehmer; diese sind freilich auf Punkt und Komma zu erfüllen. Im französischen Recht erfolgt die Regulierung des Schadenersatzanspruchs des Geschädigten durch dessen eigenen Haftpflichtversicherer. Da es um Leistungen an den eigenen Versicherungsnehmer geht, besteht ein höherer Anreiz zu einer angemessenen Ersatzleistung. In Deutschland muss der Haftpflichtversicherer auch ohne solchen vom Gesetzgeber angeordneten Rückkopplungsmechanismus Augenmaß bei seinen Ersatzleistungen erreichen.
Die Geschädigtenanwälte sollten das fordern, was für einen angemessenen Ausgleich erforderlich ist, aber auch nicht ungebührlich mehr. Immerhin erwägenswert könnte sein, die Durchbrechung der Regelung des § 308 ZPO wie beim Schmerzensgeld auf sämtliche Zukunftsschäden auszudehnen, somit einen nach oben offenen Zuspruch bei einem Mindestbegehren.
Über den Grundsatz des angemessenen Ausgleichs wird man leicht Einigung erzielen können. Der Teufel steckt freilich stets im Detail. Einige solche Details habe ich heute dargestellt. Die Vorgabe von Meier-van Laak lautete: Ein kurzweiliger, pointierter und kritischer Vortrag. Das ist eine sehr hohe Latte zum Überspringen; ich wäre glücklich, wenn ich zumindest einer der drei Vorgaben genügt haben sollte.
Autor: Prof. Dr. Christian Huber , Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Wirtschaftsrecht und Arbeitsrecht an der RWTH Aachen
zfs 9/2018, S. 484 - 494