"… [5] II. 1. Gemäß § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO sind Reisekosten eines Rechtsanwalts der obsiegenden Partei, der nicht im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, nur insoweit zu erstatten, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Bei der Prüfung der Notwendigkeit einer bestimmten Maßnahme ist eine typisierende Betrachtungsweise geboten. Denn der Gerechtigkeitsgewinn, der bei einer übermäßig differenzierenden Betrachtung im Einzelfall zu erzielen ist, steht in keinem Verhältnis zu den sich einstellenden Nachteilen, wenn in nahezu jedem Einzelfall darüber gestritten werden kann, ob die Kosten einer bestimmten Rechtsverfolgungs- oder Rechtsverteidigungsmaßnahme zu erstatten sind oder nicht (BGH, Beschl. v. 12.9.2013 – I ZB 40/13, juris Rn 5 m.w.N.; BGH RVGreport 2018, 221 [Hansens] = NJW 2018, 1693)."
[6] Um notwendige Kosten einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung handelt es sich im Allgemeinen, wenn eine vor einem auswärtigen Gericht klagende oder verklagte Partei einen an ihrem Wohn- oder Geschäftsort ansässigen Rechtsanwalt mit ihrer Vertretung beauftragt. Eine Ausnahme besteht indessen, wenn schon im Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwalts feststeht, dass ein eingehendes Mandantengespräch für die Prozessführung nicht erforderlich sein wird (BGH RVGreport 2009, 76 [Hansens] = AGS 2009, 304). Das ist u.a. regelmäßig dann der Fall, wenn es sich bei der fraglichen Partei – wie hier – um einen rechtsfähigen Verband zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen (§ 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG) handelt (BGH a.a.O.).
[7] Mit Recht hat das Beschwerdegericht danach in seinem auf die sofortige Beschwerde der Bekl. ergangenen Beschluss angenommen, dass es für den Kl. nicht notwendig war, mit der Verfolgung eines Wettbewerbsverstoßes (§ 3 UWG) eine Rechtsanwältin zu beauftragen, die nicht im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist. Ihre tatsächlichen Reisekosten zu den Prozessgerichten sind deshalb keine notwendigen Kosten einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung (vgl. BGH RVGreport 2005, 475 [Hansens] = AGS 2006, 148 m. Anm. Madert; BGH RVGreport 2009, 76 [ders.] = AGS 2009, 304; BGH RVGreport 2013, 67 [ders.]). Dementsprechend verfolgt der Kl. mit seiner Rechtsbeschwerde nur noch seinen Hilfsantrag aus dem Kostenfestsetzungsverfahren weiter und begehrt die Erstattung fiktiver Reisekosten einer im Bezirk der Prozessgerichte niedergelassenen Rechtsanwältin.
[8] 2. Ob die Reisekosten zumindest in Höhe der fiktiven Reisekosten eines Bevollmächtigten mit Niederlassung am weitest entfernt gelegenen Ort innerhalb des Gerichtsbezirks erstattungsfähig sind, ist in Rspr. und Literatur umstritten.
[9] a) Bereits höchstrichterlich geklärt ist die Frage, in welcher Höhe die Reisekosten eines Rechtsanwalts erstattet werden können, dessen Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war und der eine Partei vertritt, die bei einem auswärtigen Gericht klagt oder verklagt wird, und der selbst weder am Gerichtsort noch am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässig ist (“Rechtsanwalt am dritten Ort'). Als notwendig und damit erstattungsfähig anzusehen sind Reisekosten in diesen Fällen regelmäßig bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts (vgl. BGH RVGreport 2007, 349 [Hansens]). Denn darf bei einem Streitfall eine vernünftige und kostenbewusste Partei den für sie einfacheren und naheliegenden Weg wählen, einen an ihrem Wohn- oder Geschäftsort ansässigen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten zu beauftragen, ist sie, soweit dessen Reisekosten nicht überschritten werden, nicht daran gehindert, zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung einen an einem dritten Ort ansässigen Rechtsanwalt ihres Vertrauens zu beauftragen (BGH RVGreport 2004, 155 [ders.] = JurBüro 2004, 431; BGH RVGreport 2012, 114 [ders.] = JurBüro 2012, 201).
[10] b) Zur Frage der Erstattung von Reisekosten eines nicht im Gerichtsbezirk niedergelassenen Rechtsanwalts, dessen Hinzuziehung nicht gem. § 91 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 ZPO notwendig war, vertritt das Beschwerdegericht die Ansicht, die Regelung in § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO diene allein der Gleichbehandlung aller in einem Gerichtsbezirk niedergelassenen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte. Deren Beauftragung solle ungeachtet der Entfernung vom Gericht ohne Nachteile im Rahmen der Kostenerstattung erfolgen können. Nach der Gesetzesbegründung trage die Regelung der “Ortsbezogenheit' Rechnung (BT-Drucks. 16/3837, S. 27). Dieser Zweck rechtfertige auch bei ähnlicher oder gar geringerer Entfernung die – vom Gesetzeswortlaut klar vorgenommene – Unterscheidung zwischen den innerhalb des Bezirks und den außerhalb des Bezirks niedergelassenen Rechtsanwälten. Entsprechend dem Wortlaut der Vorschrift seien Reisekosten des auswärtigen Rechtsanwalts deshalb nur erstattungsfähig, wenn dessen Hinzuziehung ...