VVG § 116 Abs. 2 S. 3; PfIVG § 3 Nr. 3 a.F.
Leitsatz
1. Eine positive Entscheidung des VR beendet die Verjährungshemmung i.S.v. § 115 Abs. 2 S. 3 VVG nur, wenn der Geschädigte aufgrund dieser Entscheidung sicher sein kann, dass auch künftige Forderungen aus dem Schadensfall freiwillig bezahlt werden, sofern er die entsprechenden Schadensposten der Höhe nach ausreichend belegt. Demgemäß muss die Erklärung zu den Ansprüchen erschöpfend, umfassend und endgültig sein (Anschluss an BGH BeckRS 2008, 15004; BeckRS 2017, 111508 Rn 10 m.w.N.).
2. Ein in der vorbehaltlosen Ersatzleistung auf einzelne Schadenspositionen liegendes, zu einem Neubeginn der Verjährung des Gesamtanspruchs führendes Anerkenntnis i.S.v. § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB ist einer die Verjährungshemmung des § 3 Nr. 3 S. 1 PfIVG a.F. beendenden Entscheidung nicht ohne Weiteres gleichzusetzen; Verjährungsneubeginn und Verjährungshemmung können in entsprechenden Fällen nebeneinander treten.
OLG Frankfurt, Urt. v. 3.11.2017 – 8 U 239/16
Sachverhalt
Der Kl. befuhr am 13.1.2005 gegen 20:30 Uhr die A-Straße in S 1 mit einem Kraftrad. Die VN der Bekl. fuhr mit einem Personenkraftwagen in Gegenrichtung. Für diesen Personenkraftwagen bestand damals bei der Bekl. eine Haftpflichtversicherung. Beim Abbiegen übersah die Bekl. den Kl. und kollidierte mit dessen Zweirad. Der Kl. stürzte und wurde verletzt.
Der Kl. beauftragte den damals in S 2 als Rechtsanwalt zugelassenen Streitverkündeten mit der Wahrnehmung seiner Interessen. Dieser meldete am 28.8.2007 unter Vorlage einer Vollmacht des Kl. für diesen Schadensersatzansprüche für verschiedene Sachschäden an.
Zugleich bezifferte der Streitverkündete das Schmerzensgeld auf vorläufig 7.000 EUR.
Mit Schreiben vom 20.12.2007 erläuterte die Bekl., dass eine Schmerzensgeldrente nicht in Betracht komme. Aufgrund der vorliegenden Unterlagen liege aus ihrer Sicht lediglich eine unfallbedingte Weber-C-Fraktur mit Luxation und Zerreißung des Innenbandes vor. Weiter heißt es in dem Schreiben:
"Ganz abgesehen davon, dass für uns der weitere Verlauf bisher nicht zu ersehen ist, da Sie uns bis heute keine entsprechende Schweigepflichtentbindungserklärung mit konkreter Benennung des erstbehandelnden Krankenhauses und der behandelnden Ärzte, trotz Aufforderung mit Schreiben vom 21.09.2007 u. 2.10.2007, übersandt haben, kommt bei einer selbst schweren Sprunggelenksverletzung mit Arthrose u. Dauerfolgen nach der Rspr. nicht die Zahlung einer Schmerzensgeldrente in Betracht.(…)"
Dies alles ist hier definitiv und glücklicherweise für Ihren Mandaten nicht der Fall. Um hier diese Angelegenheit doch noch einer vernünftigen außergerichtlichen, vergleichsweisen Regelung zuzuführen, ohne Ihrem Mandaten durch Klageerhebung bereits jetzt u. erst recht im Hinblick auf die Ihrerseits geäußerte, in keiner Weise haltbare Auffassung zur Schmerzensgeldrente, sinnlose Prozesskosten aufzubürden, schlagen wir vor, dass Sie nun zunächst die entsprechenden behandelnden Ärzte benennen, incl. Erstbehandlung u. die diesbezüglichen Schweigepflichtentbindungserklärungen übersenden. Wir werden sodann umgehend die entsprechenden ärztlichen Gutachten in Auftrag geben u. Ihnen nach Zugang Durchschriften übersenden.
In Hinblick auf die Haftungsfrage steht fest, dass Ihr Mandant zum Unfallzeitpunkt keinen Führerschein hatte. Hier müssen wir um Darlegung bitten, ob er grds. nicht im Besitz der erforderlichen Fahrerlaubnis war oder ob ihm diese entzogen wurde. (…)
Im Hinblick auf das Schmerzensgeld hat Ihr Mandant zum Unfallzeitpunkt (…) keine Motorradstiefel getragen. (…) Wir verweisen hierzu auf die Rspr., wonach bei nicht entsprechender Schutzkleidung ein angemessener Abschlag beim Schmerzensgeld zu berücksichtigen ist. Gegenwärtig wollen wir Ihnen zunächst einen weiteren durch uns frei verrechenbaren Vorschuss für Ihren Mandaten von 3.500 EUR übersenden, damit bestehen insgesamt in dieser Sache durch uns frei verrechenbare Vorschüsse von 5.000 EUR. (…)“
2 Aus den Gründen:
"… Auch eine vollständige Klageabweisung kommt auf der Grundlage der erstinstanzlichen Feststellungen nicht in Betracht. Das LG ist nämlich zu Recht davon ausgegangen, dass die von der Bekl. erhobene Einrede der Verjährung nicht durchgreift."
Die Verjährung war hier zunächst vom 29.8.2007 – dem Tag des Zugangs des Anspruchsschreibens des Streitverkündeten (…) – bis zum 26.1.2016 (dem Tag des Eingangs des Ablehnungsschreibens der Bekl.) gem. § 3 Nr. 3 S. 1 PfIVG a.F. gehemmt.
Nach § 3 Nr. 3 S. 1 PfIVG a.F. ist die Verjährung bis zum Eingang der schriftlichen Entscheidung des VR gehemmt, wenn der Anspruch des Dritten bei dem VR angemeldet worden ist.
Zwar kann nicht nur eine ablehnende, sondern auch eine anspruchsbejahende, für den Geschädigten positive Erklärung des VR eine Entscheidung i.S.d. § 3 Nr. 3 S. 1 PfIVG a.F. darstellen (vgl. etwa BGH BGHZ 114, 299, 301). Jedoch können nur solche positiven Bescheide als Entscheidung im Sinne dieser gesetzlichen Vorschrift gewertet werden, die eine klare und umfassende Erklärung des VR aufweisen. Dabei hängt d...