FinMin Schleswig-Holstein, Erlaß v. 16.2.2004, VI 313 - S 2252 - 280
Gehen festverzinsliche Wertpapiere, Sparbücher und ähnliche Kapitalforderungen während einer laufenden Zinsperiode im Weg der Gesamtrechtsnachfolge auf einen Erben über, sind die Zinsen aus diesen Kapitalforderungen in vollem Umfang dem Erwerber als Einnahmen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zuzurechnen (vgl. auch H 154 [Stückzinsen] Satz 4 Nr. 1, 2. Halbsatz EStH 2002). Eine rechnerische Aufteilung dieser Zinsen auf die Zeit bis zum Erbfall (Zurechnung beim Erblasser) und ab Erbfall (Zurechnung beim Erben) ist nicht vorzunehmen. Insoweit gelten für die ESt und ErbSt unterschiedliche Regelungen.
Die Zurechnung der gesamten Zinsen beim Erwerber folgt aus dem Zuflussprinzip des § 11 Abs. 1 EStG. Kapitalerträge sind erst bei Zufluss steuerlich zu erfassen. Zuflusszeitpunkt ist bei Kapitalerträgen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG regelmäßig der Fälligkeitstermin. Der Erbe tritt als Gesamtrechtsnachfolger hinsichtlich aller bis zum Erbfall entstandenen Zinsen für die laufende Zinsperiode in die Rechtsstellung des Erblasser ein. Demzufolge hat er bei Fälligkeit der Zinsforderung sämtliche Zinsen für die Zinsperiode in seiner Steuererklärung zu erfassen (BFH-Urteil vom 11.8.1971, BStBl 1972 II S. 55).
Für Kapitalerträge, die nach einem Erbfall zugeflossen sind, berechtigt eine auf den Namen des Erblassers ausgestellte NV-Bescheinigung nicht zur Erstattung der KapSt an die Erben (R 2131 Abs. 2 Satz 5 EStR). Der Erbe benötigt daher für das Erstattungsverfahren eine eigene NV-Bescheinigung bzw. einen eigenen Freistellungsauftrag. Die dem Erblasser erteilte NV-Bescheinigung bzw. der von ihm erteilte Freistellungsauftrag verliert mit dem Todestag ihre bzw. seine Gültigkeit. Entsprechendes gilt für das Verfahren der Abstandnahme vom Zinsabschlag bei den dem Erben zuzurechnenden Zinsen (§ 44a EStG). Wegen der Besonderheiten bei Ehegatten siehe ESt-Kartei § 43 Karte 1.1 Rdn. 25 und 26.
Soweit dem Kreditinstitut im Zeitpunkt des Zuflusses der Kapitalerträge die alleinige Gläubigerstellung des Erben noch nicht nachgewiesen wurde (und deshalb die Umschreibung des Kontos auf seinen Namen noch nicht vorgenommen worden ist), ist jedenfalls bei Kenntnis des Kreditinstituts vom Tod des Kontoinhabers Zinsabschlag einzubehalten. Die Erstattung des Zinsabschlags nach § 44b Abs. 5 EStG kommt in diesen Fällen auch dann nicht in Betracht, wenn der Erbe dem Kreditinstitut die alleinige Gläubigerstellung später nachweist und einen Freistellungsauftrag oder eine NV-Bescheinigung vorlegt.
Normenkette
EStG § 11 Abs. 1
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 7