Alexander C. Blankenstein
Zusammenfassung
Beschlüsse können an formellen oder materiellen Mängeln leiden und wären daher grundsätzlich anfechtbar. Mangels Erhebung einer Anfechtungsklage können sie aber bestandskräftig werden und binden dann sämtliche Wohnungseigentümer und deren Sondernachfolger. In derartigen Fällen heißt es dann einen Monat "zittern", denn so lange läuft nach § 45 Satz 1 WEG die Frist zur Erhebung der Klage. Fehlt den Wohnungseigentümern die Beschlusskompetenz, sind etwa gefasste Beschlüsse per se nichtig.
1 Abweichungen vom Gesetz oder der Gemeinschaftsordnung
Grundsätzlich können die Wohnungseigentümer nach § 10 Abs. 1 Satz 2 WEG von den Bestimmungen des WEG abweichende Vereinbarungen treffen, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist. Abweichungen von den gesetzlichen Bestimmungen bedürfen demnach der Zustimmung aller Wohnungseigentümer. Ergänzend sieht § 10 Abs. 3 Satz 1 WEG vor, dass derartige abweichende Vereinbarungen gegenüber Sondernachfolgern der Wohnungseigentümer nur gelten, wenn sie als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen sind. Diese Publizität soll neu eintretende Wohnungseigentümer schützen. Entsprechendes gilt auch für Beschlüsse, die auf Grundlage vereinbarter Öffnungsklauseln gefasst wurden.
Das Wohnungseigentumsgesetz sieht jedoch in vielen Bereichen die Möglichkeit von Mehrheitsentscheidungen vor. Eine Mehrheitsentscheidung bedarf, da sie die Interessen des Einzelnen oder einer Minderheit beeinträchtigen kann, stets einer besonderen Legitimation durch Kompetenzzuweisung. Dementsprechend bestimmt § 23 Abs. 1 Satz 1 WEG wörtlich:
Beschlussfassung
"Angelegenheiten, über die nach diesem Gesetz oder nach einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer die Wohnungseigentümer durch Beschluss entscheiden können, werden durch Beschlussfassung in einer Versammlung der Wohnungseigentümer geordnet".
Das Gesetz macht damit deutlich, dass überhaupt die Möglichkeit einer Beschlussfassung über den jeweiligen Regelungsgegenstand eröffnet sein muss. Diese Möglichkeit kann sich aus dem Gesetz oder aus der Gemeinschaftsordnung ergeben. Das Wohnungseigentumsgesetz räumt den Wohnungseigentümern in folgenden Bestimmungen Beschlusskompetenz ein:
- § 9b Abs. 2 WEG: Bestellung eines Vertreters der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegenüber dem Verwalter;
Neben diesen Beschlusskompetenzen, die den Wohnungseigentümern bereits durch Gesetz eröffnet sind, kann eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer diesen weitere Beschlusskompetenzen zur Änderung abdingbarer Bereiche des Gesetzes oder zur Änderung von Vereinbarungen einräumen. Derartige Öffnungsklauseln finden sich in vielen Fällen bereits in der Gemeinschaftsordnung, können aber auch gesondert vereinbart werden.
"Dürfen" und "Können" im Rahmen der Beschlussfassung
Soweit das Gesetz den Wohnungseigentümern Beschlusskompetenzen innerhalb bestimmter Grenzen einräumt, verdeutlicht es bereits selbst die Reichweite dieser Kompetenz. Werden die Grenzen der eingeräumten Beschlusskompetenz eingehalten, ist ein auf Grundlage der entsprechenden gesetzlichen Norm gefasster Beschluss grundsätzlich nur anfechtbar (so freilich der Beschluss nicht an Nichtigkeitsgründen leidet, die nichts mit der Frage der Beschlusskompetenz zu tun haben, wie beispielsweise die bewusste Nichteinladung von Wohnungseigentümern, ein unbestimmter Beschlussinhalt oder ein in sich widersprüchlicher Beschlusswortlaut). Bezüglich der Reichweite der jeweiligen Beschlusskompetenz sind die Wörter "dürfen" und "können" zu unterscheiden.
"Dürfen"
Die Bestimmung des § 20 Abs. 4 WEG sieht auszugsweise Folgendes vor: ...