Leitsatz
In seinem Beschluss geht das OLG Brandenburg der Frage nach, ob für den Streit um Ansprüche auf Nutzungsentschädigung für das im gemeinsamen Eigentum der Parteien stehende Haus nach der Ehescheidung die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit oder der freiwilligen Gerichtsbarkeit und damit des FamG gegeben ist.
Sachverhalt
Die Parteien waren geschiedene Eheleute und als solche Miteigentümer eines Hauses, das seit der Trennung allein von der Beklagten bewohnt wurde. Der Kläger begehrte von der Beklagten Nutzungsentschädigung. Das von ihm angerufene LG Potsdam hat den Rechtsweg zur ordentlichen Gerichtsbarkeit für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das FamG verwiesen und sich hierbei auf die §§ 17a GVG, 621 Abs. 1 Nr. 5 ZPO gestützt. Zur Begründung hat es angeführt, die beanspruchte Nutzungsentschädigung werde von der unterhaltsrechtlichen Problematik überlagert. Der Vorteil des mietfreien Wohnens im eigenen Haus sei bei dem für die Bestimmung der ehelichen Lebensverhältnisse maßgebenden Einkommen zu berücksichtigen. Dies gelte unabhängig davon, ob eine rechtskräftige Entscheidung zum nachehelichen Unterhalt ergangen sei oder nicht. Aus diesem Grunde könne ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung nicht isoliert geltend gemacht werden.
Gegen den Beschluss des LG hat der Kläger sofortige Beschwerde eingelegt. Sein Rechtsmittel hatte Erfolg.
Entscheidung
Das OLG kam in seinem Beschluss zu dem Ergebnis, das LG habe den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten zu Unrecht für unzulässig erklärt.
Die ordentliche streitige Gerichtsbarkeit stelle ggü. dem bei dem AG als besondere Abteilung geführten FamG bereits keinen anderen Rechtsweg i.S.d. § 17a GVG dar. Vielmehr betreffe die Abgrenzung zwischen ordentlicher und streitiger Gerichtsbarkeit und FamG innerhalb desselben Gerichts die unmittelbar in § 621 ZPO geregelte gerichtsinterne Geschäftsverteilung (BGH MDR 2004, 698, 699).
Stehe wie hier eine Verweisung vom LG an das AG zur Debatte, gehe es ebenfalls nicht um eine Rechtswegfrage. § 13 GVG, der die Voraussetzungen für die Eröffnung des Rechtsweges zu den ordentlichen Gerichten zum Inhalt habe, diene der Abgrenzung der ordentlichen Gerichtsbarkeit von den übrigen selbständigen Gerichtszweigen und der Verwaltungsgerichtsbarkeit (Zöller/Gummer, ZPO, 26. Aufl. § 13 GVG Rz. 2).
Nach § 13 GVG gehörten vor die ordentlichen Gerichte alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und Strafsachen, für die nicht entweder die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden oder -gerichten begründet sei oder für die aufgrund von Vorschriften des Bundesrechts besondere Gerichte bestellt oder zugelassen seien. Das FamG als Abteilung des AG sei Teil der ordentlichen streitigen Gerichtsbarkeit. Diese werde gemäß § 12 GVG durch die Amts-, Land- und OLG sowie durch den BGH ausgeübt.
Auch eine analoge Anwendung der §§ 17 ff. GVG sei nicht veranlasst. Allerdings sei das Verfahren nach § 1361b Abs. 2 BGB, 18a HausratsVO betreffend Ansprüche auf eine Vergütung für die Benutzung der Ehewohnung während der Trennung Familiensache i.S.d. § 621 Abs. 1 Nr. 7 ZPO. Auf ein solches Verfahren fänden die Vorschriften der HausratsVO Anwendung, deren Verfahren wegen der rechtsgestaltenden Wirkung als Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit konzipiert sei (Palandt/Brudermüller, BGB, 67. Aufl., Anh. zu § 1361a, 1361b, Einführung, Rz. 7).
Ein dem Verfahren der HausratsVO unterliegender Fall liege hier jedoch nicht vor. Die Parteien seien geschieden, der Kläger begehre Nutzungsentschädigung ausschließlich für die Zeit seit der Scheidung, wobei er seinen Anspruch ausschließlich auf § 745 Abs. 2 BGB stütze. Die Qualifizierung eines Rechtsstreits als zivilprozessual oder dem FamG zugehörig richte sich nach der Begründung des geltend gemachten Anspruchs (BGH FamRZ 1980, 988; OLG Brandenburg NJW-RR 2006, 1302; KG NJW-RR 2007, 798).
Andere Rechtsgrundlagen als § 745 Abs. 2 BGB kämen für die beanspruchte Nutzungsengschädigung nicht in Betracht. Für die Zeit nach der Scheidung fehle eine dem § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB entsprechende Vorschrift. Eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs des § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB komme nicht in Betracht. Es fehle bereits an der für eine entsprechende Anwendung vorausgesetzten Regelungslücke. Die für die Nutzungsverhältnisse an Miteigentum einschlägige Regelung des § 745 Abs. 2 BGB werde nach der Scheidung der Ehe der Miteigentümer nicht mehr durch § 1361b Abs. 3 S. 2 BGB als lex specialis verdrängt. Die Miteigentümer seien nicht mehr Ehegatten, die Wohnung sei nicht mehr Ehewohnung i.S.d. §§ 1361a ff. BGB. Dementsprechend ende mit Auflösung der Ehe der Zulässigkeit eines selbständigen Verfahrens nach §§ 1361a, b BGB i.V.m. § 18a HausratsVO.
Link zur Entscheidung
Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 14.02.2008, 13 W 4/08