Leitsatz
Die Parteien stritten um den Zugewinnausgleich. Sie hatten am 27.2.1998 geheiratet und waren seit dem 25.4.2005 rechtskräftig geschieden.
Der Kläger hatte der Beklagten mit notariellem Übergabevertrag vom 14.10.1998 "im Wege der vorweggenommenen Erbfolge" sein bisher in seinem Alleineigentum stehendes Hausgrundstück in X. sowie einen hälftigen Miteigentumsanteil an einem benachbarten Flurstück übertragen. Im Gegenzug hatte die Beklagte ihm ein durch die Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit abgesichertes Wohnrecht an der Wohnung im Obergeschoss des Hauses eingeräumt und sich u.a. zur häuslichen Versorgung des Klägers in alten und kranken Tagen verpflichtet.
Die Parteien haben in erster Instanz wechselseitig - der Kläger im Wege der Stufenklage, die Beklagte im Wege der Widerklage - Auskunft über das Endvermögen des jeweils anderen Ehegatten begehrt. Nach Auskunftserteilung hat der Kläger seinen Zugewinnausgleichsanspruch auf 60.991,00 EUR beziffert. Das AG hat zu seinen Gunsten einen Anspruch i.H.v. 35.991,22 EUR ermittelt und die Beklagte entsprechend zur Zahlung verurteilt.
Hiergegen wandte sich die Beklagte mit ihrer Berufung und begehrte auch weiterhin Abweisung der Klage insgesamt.
Ihr Rechtsmittel erwies sich als unbegründet.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG kam zu dem Ergebnis, dem Kläger stehe gemäß § 1378 Abs. 1 BGB mindestens ein Anspruch in der erstinstanzlich ausgeurteilten Höhe zu. Er selbst habe während der Ehe Zugewinn nicht erzielt.
Bei Eingehung der Ehe am 27.2.1998 sei er Alleineigentümer des Wohn- und Geschäftshauses in X. gewesen. Nach den Feststellungen der Sachverständigen im Gutachten vom 20.10.2006 habe dieses Grundstück zu diesem Stichtag einen Verkehrswert von 315.000,00 EUR gehabt.
Das Endvermögen des Klägers zum Stichtag am 26.4.2004 habe unstreitig aus Aktiva von 261,67 EUR sowie Passiva von 22.253,88 EUR bestanden.
Die Beklagte hingegen habe während der Ehe einen Zugewinn von 89.024,61 EUR erzielt. Diese errechne sich unter Zugrundelegung eines Anfangsvermögens zum 27.2.1998 von 0,00 EUR.
Zurechnungen zum Anfangsvermögen gemäß § 1374 Abs. 2 BGB seien aufgrund des notariellen Übertragungsvertrages vom 14.10.1998 unabhängig davon, ob die Grundstücksübertragung rechtlich als Schenkung oder als vorweggenommene Erbfolge zu werten sei, nicht vorzunehmen.
Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung seien Schenkungen unter Ehegatten nicht dem Anfangsvermögen des Beschenkten nach § 1374 Abs. 2 BGB zuzurechnen (vgl. BGH FamRZ 1987, 791, 793; FamRZ 1988, 373, 375).
Wesentlicher Grund für die von dem gesetzlichen Regelfall abweichende Regelung sei, dass die in § 1374 Abs. 2 BGB genannten Erwerbsvorgänge auf besonderen persönlichen Beziehungen des erwerbenden Ehegatten oder auf ähnlichen Umständen beruhten. Bei einer Schenkung unter Ehegatten sprächen jedoch diese Umstände für eine Einbeziehung in den Zugewinnausgleich, so dass nach § 1374 Abs. 2 BGB nur Schenkungen von dritter Seite zu berücksichtigen seien.
Das OLG wies darauf hin, dass eine höchstrichterliche Entscheidung zur Behandlung einer unter Ehegatten im Wege der vorweggenommenen Erbfolge vorgenommenen Übertragung von Vermögensgegenständen noch nicht ergangen sei. Jedoch sei auch hier die Zurechnungsvorschrift des § 1374 Abs. 2 BGB im genannten Sinne einschränkend auszulegen, weil auch in diesem Fall nur eine Vermögensverschiebung unter den Ehegatten, nicht jedoch eine echte Vermögensvermehrung stattfinde.
Dabei sei unerheblich, dass nach Wegfall des gesetzlichen Ehegattenerbrechts aufgrund der zwischenzeitlichen Scheidung der Parteien die Grundlage für die Übertragung entfallen sei, nachdem bislang keine der Parteien eine Anpassung des Vertrages nach § 313 BGB verlangt habe. Auch sei dem Verzicht auf das Pflichtteilsrecht nach dessen Wegfall auf Grund der Scheidung kein Wert mehr beizumessen.
Die von der Beklagten nach dem Übertragungsvertrag übernommenen Verpflichtungen seien in ihrem Endvermögen als Verbindlichkeiten zu berücksichtigen. Hierzu gehörten neben der nach II. Nr. 2 übernommenen Pflegeverpflichtung die nach II. Nr. 3 übernommenen Ausgleichszahlungen sowie die Übernahme der Grabpflege- und Bestattungskosten.
Insoweit handele es sich um betagte Forderungen, deren Wert nach § 1376 Abs. 2 und 3 BGB zu ermitteln sei und die auf den Stichtag der Vermögensübernahme am 14.10.1998 abzuzinsen seien (vgl. BGH, NJW 1990, 1217, 1219). Das OLG errechnete einen von der Beklagten während der Ehe erwirtschafteten Zugewinn von 89.024,61 EUR. Zugunsten des Klägers ergebe sich danach ein Ausgleichsanspruch i.H.v. 44.512,31 EUR, der wegen des im Berufungsverfahrens geltenden Verschlechterungsverbot auf den erstinstanzlich ausgeurteilten Betrag von 35.991,22 EUR zu begrenzen sei.
Link zur Entscheidung
OLG Stuttgart, Urteil vom 18.03.2009, 15 UF 241/08