Leitsatz

Das FamG hatte durch Verbundurteil die Ehe der Parteien geschieden, den Versorgungsausgleich geregelt, den Antrag der Ehefrau auf Zahlung von nachehelichem Unterhalt zurückgewiesen und den Ehemann verurteilt, an sie Zugewinnausgleich zu zahlen. Bei der Unterhaltsberechnung wurde eheliche Verbindlichkeiten im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Ehemannes berücksichtigt. Es stellte sich die Frage, ob und inwieweit bei der Zugewinnausgleichsberechnung der Schuldsaldo auf den Stichtag in die Zugewinnausgleichsbilanz einzustellen ist.

Gegen das erstinstanzliche Urteil legte der Ehemann Berufung ein. Sein Rechtsmittel hatte Erfolg.

 

Sachverhalt

siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Nach Auffassung des OLG stand der Ehefrau kein Anspruch auf Zugewinnausgleich nach § 1378 BGB zu, da das Endvermögen des Ehemannes nicht höher sei als sein Anfangsvermögen. Zugewinn sei von ihm während der Ehezeit daher nicht erwirtschaftet worden.

Unstreitig habe der Ehemann am Stichtag für das Endvermögen Schulden i.H.v. 68.612,92 EUR gehabt. Unter Abzug dieser Schulden von dem positiven Vermögen errechnet sich kein Zugewinn.

Das erstinstanzliche Gericht habe es zu Unrecht abgelehnt, diese Schulden beim Endvermögen zu berücksichtigen, da sie bereits bei der Berechnung des nachehelichen Unterhalts berücksichtigt worden seien. Dies mit der Begründung, eine nochmalige Berücksichtigung der Schulden auch beim Zugewinnausgleich widerspreche dem Verbot der Doppelverwertung.

Das OLG vertrat die Auffassung, beim Vermögensausgleich nach § 1378 BGB seien Schulden am Tag der Beendigung des Güterstandes auch dann zu berücksichtigen, wenn sie die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit reduziert hätten. Das Zugewinnausgleichsverfahren sei streng formalisiert und auf den Stichtag bezogen ausgestaltet. Außer im Falle des § 1381 BGB bestehe kein Raum für Wertungen. Sogar ein Kontoguthaben unterliege dem Vermögensausgleich, selbst wenn dies dazu diene, einen nur wenige Tage später fällig werdenden Unterhaltsanspruch zu befriedigen. Entscheidend sei vor allem, dass sich die exakte Höhe der Auswirkung nicht zuverlässig errechnen lasse. Der Unterhaltsanspruch könne sich mit jedem Monat des Entstehens ändern. Von daher sei ungewiss, inwieweit Schulden tatsächlich zu einer Verringerung des Unterhaltsanspruchs führten. Insbesondere in Fällen, bei denen der Berechtigte kurze Zeit nach der Scheidung erneut heirate, falle der Unterhaltsanspruch fort. Der Zugewinnausgleich sei dann zu Unrecht wegen des vermeintlichen Verbots der Doppelverwertung aberkannt worden.

 

Hinweis

Das Problem des Verbots der Doppelverwertung bei Schulden und Abfindungen wird im Familienrecht sehr heftig und kontrovers diskutiert. Eine grundlegende Entscheidung des BGH zu diesem Problem steht noch aus. Zum Meinungsstand in Literatur und Rechtsprechung vgl. hierzu Schulz, FamRZ 2006, 1238; Hoppenz, FamRZ 2006, 1242; Münch, FamRZ 2006, 1164; Gerhart/Schulz, FamRZ 2005, 317; dies., FamRZ 2005, 1523; Niepmann, FF 2005, 131; Kogel, FamRZ 2004, 1614 sowie OLG München v. 22.6.2004 - 16 UF 887/04, OLGReport München 2004, 393 = FamRZ 2005, 459 = FamRB 2004, 388; v. 26.11.2004 - 16 UF 1631/04, OLGReport München 2005, 74 = FamRZ 2005, 713 = FamRB 2005, 101 = FamRB 2005, 100; OLG Saarbrücken v. 21.6.2006 - 9 UF 47/05, OLGReport Saarbrücken 2006, 494 = FamRZ 2006, 1038 = FamRB 2006, 166).

 

Link zur Entscheidung

OLG Koblenz, Urteil vom 30.05.2007, 9 UF 45/07

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?