Leitsatz

Der durch den Anruf bei einer Steuerberater-Hotline zustande kommende Beratungsvertrag wird im Zweifel mit dem den Anruf entgegennehmenden Steuerberater geschlossen und nicht mit dem Unternehmen, das den Beratungsdienst organisiert und bewirbt. Der Steuerberater, der sich an einer Steuerberater-Hotline beteiligt, verstößt damit nicht gegen berufsrechtliche Verbote. Insbesondere handelt er nicht entgegen § 13 Nr. 2 StBGebV, wenn der Steuerberater, der von einem ihm nicht näher bekannten Mandanten um telefonische Beratung gebeten wird, hierfür eine im Minutentakt berechnete Zeitgebühr vereinbart.

 

Sachverhalt

Die Beklagte unterhält und bewirbt einen Telefonanschluss, über den Interessenten gegen Entgelt eine steuerliche Beratung erhalten können. Zur Durchführung der Beratung leitet die Beklagte die Anrufe, die über die beworbene 0190er-Telefonnummer bei ihr eingehen, unmittelbar an mit ihr vertraglich verbundene Steuerberater weiter. Die Deutsche Telekom stellt dem Anrufenden mit der Telefonrechnung den Minutenpreis von rund 1,90 EUR in Rechnung. Die Beklagte leitet die vereinnahmten Beträge je nach Gesprächsaufkommen an die beteiligten Steuerberater weiter, von denen sie eine pauschale monatliche Teilnahmegebühr sowie eine zeitabhängige Nutzungsgebühr erhält. Die Klägerin, eine Steuerberaterkammer, ist der Ansicht, die Telefonberatung verstoße gegen das StBerG und die StBGebV. Sie sieht im Verhalten der Beklagten überdies einen Wettbewerbsverstoß nach § 1 UWG a.F. Der BGH wies die Klage ab.

 

Entscheidung

Die Beklagte bietet keine verbotene Hilfeleistung in Steuersachen an. Sie handelt daher nicht wettbewerbswidrig i.S.d. § 1 UWG a.F. Bei verständiger Würdigung der Gesamtumstände will der Anrufer einen Beratungsvertrag nur mit dem jeweils sich meldenden Steuerberater zu den in der Werbung wiedergegebenen Bedingungen abschließen[1]. Andernfalls wäre die Vereinbarung von vornherein wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig[2]. Es ist daher nicht ersichtlich, dass die Beteiligten eine andere, damit rechtswidrige Gestaltung im Auge haben könnten.

Auch die Vereinbarung eines Minutenhonorars verstößt nicht gegen das StBerG bzw. die StBGebV. Bei den berufsrechtlichen Mindest- oder Höchstpreisvorschriften handelt es sich um Marktverhaltensregelungen[3]. Im Falle des Verstoßes gegen derartige Bestimmungen steht Mitbewerbern und Verbänden, die die gewerblichen Interessen von Mitbewerbern wahrnehmen, ein Unterlassungsanspruch[4] zu. Mit dem praktizierten Modell sind aber keine unzulässigen Gebührenunter- oder -überschreitungen verbunden.

Ein Steuerberater ist an die StBGebV gebunden[5]. Die Höhe der Gebühren darf den Rahmen des Angemessenen nicht übersteigen und hat sich nach Zeitaufwand, Wert des Objekts und Art der Aufgabe zu richten[6]. Die telefonische Beratung erfüllt regelmäßig den Tatbestand des § 21 Abs. 1 Satz 1 StBGebV. Danach erhält der Steuerberater für einen mündlichen Rat oder eine Auskunft, wenn die Beratung nicht mit einer anderen gebührenpflichtigen Tätigkeit zusammenhängt, eine Gebühr in Höhe von einem Zehntel bis zehn Zehnteln der vom Gegenstandswert abhängigen vollen Gebühr. Im Falle einer Erstberatung darf diese Gebühr jedoch 180 EUR nicht übersteigen[7]. Dieser Betrag wird angesichts des vereinbarten Minutenpreises nicht überschritten. Darüber hinaus sieht § 13 StBGebV ausdrücklich auch die Möglichkeit der Abrechnung nach einer Zeitgebühr vor. Diese Bestimmung ist hier anwendbar. Denn ein Steuerberater, der von einem ihm nicht näher bekannten Mandanten um eine telefonische Beratung gebeten wird, kann sich auf § 13 Satz 1 Nr. 2 StBGebV berufen. Vielfach werden von vornherein Anhaltspunkte für eine Schätzung des Gegenstandswerts fehlen. Aber auch in Fällen, in denen solche Anhaltspunkte an sich ermittelt werden könnten, wäre der Steuerberater vollständig auf die – zunächst nicht überprüfbaren – Angaben des ihm nicht näher bekannten Ratsuchenden angewiesen. Hinzu kommt, dass sich ein Anrufer durch seinen Anruf mit der Vereinbarung einer Zeitvergütung einverstanden erklärt. Mit der Zeitvergütung wählen die Parteien bewusst eine Berechnungsweise, die sich von der gegenstandswertabhängigen Berechnung vollständig löst. Dies ist für sich genommen nicht zu beanstanden[8].

Schließlich liegt keine unzulässige[9] Gebührenunterschreitung vor. Der von § 13 Satz 1 Nr. 2 StBGebV vorgegebene Rahmen von 19 bis 46 EUR je angefangene halbe Stunde wird im Streitfall angesichts des Minutenpreises allein dadurch unterschritten, dass für eine kürzere Inanspruchnahme des Steuerberaters auch nur eine anteilige Vergütung in Rechnung gestellt wird. Hierin liegt aber kein Unterschreiten der angemessenen Vergütung, sondern nur eine zulässige Abweichung im Modus der Gebührenberechnung.

 

Link zur Entscheidung

BGH-Urteil vom 30.9.2004, I ZR 89/02

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